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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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während sie in den Staaten lebte, wurde ihre halbe Familie von den Guerillas umgelegt. Derselbe Tod, ohne Entschädigung. Die, die überlebten, wurden gefoltert, ihre Häuser niedergebrannt. Wir haben ihnen Papiere besorgt, dass sie einwandern konnten, wir haben sie hierhergebracht, ihnen ein Geschäft gegeben, Land gegeben. Verglichen mit dem Leben selbst zugegeben ein schwacher Ersatz, aber es ist das Beste, was ich anbieten kann. Oder haben Sie weitere Vorschläge?«
    »Gerechtigkeit wäre besser.«
    »Irgendwelche Vorschläge, wie die Gerechtigkeit verbessert werden kann in diesem Fall?«
    Ich hatte nichts zu sagen.
    »Nun, denn«, sagte er. »Kann ich noch irgendetwas für Sie tun?«
    »In der Tat, einen kleinen Gefallen. Ein kleines Arrangement könnten Sie treffen.«
    Als ich ihm sagte, was es war, und ihm genau erklärte, wie es ausgeführt werden sollte, lachte er so sehr, dass er einen Hustenanfall bekam, bei dem er sich zusammenkrümmte. Er zog ein Taschentuch heraus und wischte sich den Mund, spie aus, lachte noch etwas. Als er das Taschentuch wegzog, war das Leinen mit etwas Dunklem befleckt.
    Er versuchte zu sprechen. Nichts kam heraus. Die Männer in Schwarz sahen einander an.
    Er fand schließlich seine Stimme wieder.
    »Ausgezeichnet, Doktor«, sagte er. »Große Geister bewegen sich in derselben Richtung. Nun, dann kümmern wir uns mal um den Mann.«

37
    Sie setzten mich auf dem Campus ab. Nachdem ich die Augenbinde abgenommen hatte, lief ich zu Fuß nach Hause. Kaum war ich in meinen vier Wänden, als ich feststellte, dass ich es dort nicht aushielt, warf ein paar Sachen in eine Reisetasche und rief den Auftragsdienst an, um mitzuteilen, dass ich für ein paar Tage wegfuhr und dass sie meine Anrufe aufzeichnen sollten.
    »Irgendeine Nummer, unter der Sie zu erreichen sind, Doktor?«
    Derzeit keine Patienten, keine Notfälle. Ich sagte: »Nein, ich spanne aus.«
    »Ein richtiger Urlaub, wie?«
    »So etwas in der Art. Gute Nacht.«
    »Möchten Sie nicht die Nachrichten hören, die ich für Sie habe?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Okay, aber da ist dieser Typ, der mich schon verrückt gemacht hat. Hat dreimal angerufen und ist grob geworden, als ich ihm nicht Ihre Privatnummer geben konnte.«
    »Wie heißt er?«
    »Sanford Moretti. Klingt wie ein Anwalt - sagt, er möchte, dass Sie für ihn an einem Fall arbeiten oder so etwas. Hat mir in den Ohren gelegen, Sie würden unbedingt von ihm hören wollen.«
    Meine Antwort brachte sie zum Lachen. » Doktor Delaware. Ich wusste nicht, dass Sie solche Ausdrücke benutzen.«
    Ich stieg ins Auto, fuhr los und fand mich unterwegs in Richtung Westen, endete an der Ocean Avenue, nahe Pico. Nicht weit vom Santa-Monica-Pier, der zur Nacht geschlossen war und mit seinem Buckel von Dächern über einem Bündel von krummen Pfählen im Dunkeln lag. Nicht weit davon der Pazifik, aber kein Blick aufs Meer von diesem Block. Die Seebrise hatte Abschied genommen; das Meer roch wie Müll. In der Straße gab es Bars mit polynesischen Namen für Bier-mit-Schuss und Motels mit dem Schild »Tag-Woche-Monat«, um die der Autoklub einen weiten Bogen machte.
    Ich quartierte mich in einem Etablissement namens Blue Dreams ein - zwölf braune, salzfleckige Türen um einen Parkplatz herum, der dringend einer Reparatur bedurfte, die Neonröhren der Reklameschrift VACANCY, Zimmer frei, zerbrochen und das Gas ausgeströmt. Ein käsebleicher Möchtegernbiker mit einem baumelnden Kruzifixohrring saß am Empfangstisch und tat mir den Gefallen, mein Geld anzunehmen, während er verliebt an einem gebratenen Stück Wels knabberte und sich im Fernsehen eine Werbesendung über kalifornische Rosinen ansah. Im handtuchbreiten Korridor hingen Schokoladen- und Kondomautomaten nebeneinander, zusammen mit einem Taschenkammspender und den Betrachtungen des kalifornischen Strafgesetzes über Diebstahl und das Betrügen eines Gastwirts.
    Ich nahm mir ein Zimmer auf der Südseite, zahlte für eine Woche im Voraus. Drei Meter mal drei Meter, Insektizidgestank - keine Schnaken hier -, ein einziges schmales, von einem Grauschleier bedecktes Fenster mit Aussicht auf ein Stück Ziegelsteinmauer, malvenfarben von dem reflektierten Straßenlicht, schlecht zusammenpassende unlackierte Holzmöbel, mickriges Bett unter einer Decke, die zu einem spülwasserfarbenen Fusselzeug ausgewaschen war, am Boden ein festmontierter Münzfernseher. Ein Vierteldollar in den Schlitz ergab eine Stunde zischelnden Ton und

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