Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
4302. Ich notierte mir seine Wohnanschrift - dasselbe Haus in den Pacific Palisades.
    Ich stürmte die vier Treppen hinauf, mir plötzlich der Tatsache bewusst, dass meine Kraft zurückgekehrt war, zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte ich mich von einem Ziel durchdrungen, rechthaberisch und voll Zorn.
    Nichts ist so gut wie ein Feind, um die Seele zu reinigen.
    Sein Sprechzimmer lag am Ende einer langen weißen Halle. Eine geschnitzte Mahagonidoppeltür hatte das sonst beim Fachbereich übliche Sperrholz ersetzt. Der Eingang war mit einem Tuch verhängt und der Fußboden von Sägemehl bedeckt. Aus dem Innern hörte man die Leute sägen und hämmern.
    Die Türen waren nicht verschlossen. Ich ging in das vordere Büro hinein und sah Arbeiter Parkett legen und eine Mahagonitäfelung anbringen, andere standen auf Leitern und malten die hohen Wände mit einem satten, leuchtenden Weinrot an.
    Man war dabei, an den Wänden Messingleuchter anzubringen, die die Neonröhren an der Decke ersetzen sollten, und ein in Plastikfolie eingepackter Ledersessel stand da. Die Luft roch nach angesengtem Holz, Klebstoff und Farbe. Auf dem Fußboden stand ein Transistorradio, aus dem Countrymusik plärrte.
    Einer der Arbeiter sah mich, schaltete seine Säge ab und kam die Trittleiter herunter. Er war Ende zwanzig, mittelgroß, aber stämmig, mit enormen Schultern. Ein buntes Tuch hing aus der hinteren Tasche seiner schmutzigen Jeans, und auf dem schwarzen Kraushaar trug er eine Baseballmütze mit hochgekipptem Schirm. Sein schwarzer Bart war weiß vor Staub, ebenso wie seine haarigen, muskulösen Popeye-Arme. An seinem Zimmermannsgürtel, der tief an seinen Hüften herabhing, klapperte allerhand Werkzeug, als er herbeistolziert kam.
    »Professor Kruse?«, fragte er mit einer hohen, jungenhaften Stimme.
    »Nein, ich suche ihn selbst.«
    »Verdammt, das tun wir alle hier. Sie wissen, wo Sie ihn erreichen können - sagen Sie ihm, er soll sofort herkommen, pronto. Hier sind ein paar Teile angekommen, deren Abmessungen nicht stimmen. Ich weiß nicht, ob sie es sich mal wieder anders überlegt haben oder was, aber wir kommen bald nicht mehr weiter, wenn nicht jemand antanzt und es aufklärt, und der Boss ist auch nicht im Büro, gerade hinter’m andern Auftrag her.«
    »Wann haben Sie Kruse zuletzt gesehen?«, fragte ich ihn.
    Er zog das bunte Tuch aus der Tasche und wischte sich das Gesicht ab.
    »Letzte Woche, als wir die Pläne ausgelegt und die groben Arbeiten und die Waschräume gemacht haben. Wir sind erst seit gestern wieder hier, weil das Material nicht früher geliefert wurde. Alle haben sich wer-weiß-wie angestrengt, weil alles ungeheuer schnell gehen sollte. Und jetzt gibt’s wieder andere Probleme. Die lassen sich dauernd was Neues einfallen.«
    »Wer sind die ?«
    »Kruse und seine Frau. Sie wollten vor’ner Stunde hiersein und alles mit uns durchgehen, aber sie sind nicht gekommen. Keiner geht ans Telefon. Wenn der Boss aus Palm Springs zurückkommt, wird er eine Heidenwut haben, aber ich weiß nicht, was wir tun sollen, wenn der Kunde sich nicht blicken lässt.«
    »Sie arbeiten nicht für die Universität?«
    »Wir? Teufel, nein. Chalmers Innenarchitektur, Pasadena. Das ist alles Maßarbeit hier, neue Kacheln für die Waschräume, Kassettendecke im großen Büro, eine Menge Holz, antike Möbel, Perserteppiche, falscher Kamin mit Marmoreinfassung.« Er rieb den Zeigefinger am Daumen. »Das kostet.«
    »Wer bezahlt das?«
    »Sie - die Kruses. Alle Kosten. Man sollte denken, die kämen mal her.«
    »Sollte man eigentlich denken.«
    Er stopfte das Tuch in die Hosentasche zurück. »Leicht verdientes Geld wohl, hm? Ich wusste gar nicht, dass Professoren so dickes Geld verdienen. Sie sind auch einer?«
    »Ja, aber nicht hier. Auf der anderen Seite der Stadt.«
    »Besseres Footballteam auf der anderen Seite«, sagte er. Er nahm die Mütze ab, kratzte sich am Kopf und lächelte breit. »Sie spionieren hier für die andere Seite?«
    Ich lächelte zurück. »Suche nur Dr. Kruse.«
    »Ja, wenn Sie ihn sehen, sagen Sie ihm bitte, er soll sich hier melden, oder wir sind morgen woanders. Haben nur noch einen halben Tag zu tun mit zwei Leuten. Der Boss macht das nicht mit.«
    »Ich werde das tun, Mr. …«
    »Rodriguez. Gil Rodriguez.« Er hob ein Stückchen Abfallholz vom Boden auf und benutzte einen stumpfen Bleistift, um seinen Namen und die Telefonnummer daraufzukratzen. »Ich bin nebenbei auch Freiberufler - Wände, trockenlegen,

Weitere Kostenlose Bücher