Sharon: die Frau, die zweimal starb

Malerei und Stuckaturen. Kann alles richten, wo kein Computer drin ist. Und wenn Sie irgendwelche Footballtickets haben, die Sie verkaufen wollen, würde ich sie Ihnen gern abnehmen.«
    Der Verkehr auf dem Sunset war zähflüssig. Als ich nach Bel Air kam, war die Steinschlucht mit Straßenarbeiten verbarrikadiert, was die Situation noch verschlimmerte. Die Sonne ging schon hinter den Palisaden unter, als ich Kruses Haus erreichte. Die gleiche Tageszeit wie bei meinem ersten Besuch, aber kein dunkelgraublauer Himmel; dieser war unschuldig babyblau und ging überm Pazifik in ein Wolkenweiß über.
    Nach dem, was Rodriguez mir erzählt hatte, erwartete ich eine leere Auffahrt. Aber zwei Wagen parkten vor dem Haus: der maßgeschneiderte weiße Mercedes mit dem Nummernschild PPK PHD, den ich bei der Party gesehen hatte, und ein alter bohnensuppenbrauner Toyota. Ich ging an ihnen vorbei, klopfte an die Haustür, wartete, klopfte wieder, lauter, drückte dann auf die Klingel.
    Ich konnte das Glockenspiel hören, jeder, der im Haus war, musste es auch hören. Aber niemand kam. Dann sah ich hinunter und bemerkte den Berg Post, der feucht und gewellt auf den Treppenstufen lag. Sah den schmiedeeisernen Briefkasten vollgestopft mit Zeitschriften und Korrespondenz.
    Ich läutete wieder, sah mich um. Zur einen Seite lag der halboffene Hofgarten, bepflanzt mit Immergrün und Bougainvilleen-Kletterpflanzen. Er endete an einem Gartentor mit rundem Oberteil aus verwitterten Planken.
    Ich ging zu dem Tor und stieß dagegen. Es ging auf. Ich schritt hindurch zur Rückseite des Besitzes, an der Südseite des Hauses lang, kam unter ein hölzernes Laubendach und fand mich in einem großen, nach hinten liegenden Garten - sanft gewellter Rasen, hohe, große Bäume, abwechslungsreich in freien Formen gestaltete Blumenbeete, aus Felsen geformtes Schwimmbecken mit Quelle und Badehäuschen, dahinter die glasige Fläche eines Wasserfalls.
    Ich hörte ein Klicken. Der Garten lag in ein sanftes farbiges Licht getaucht da, und das Schwimmbecken leuchtete saphirn. Lebenskünstler.
    Kein Licht kam aus dem Haus, aber eine in einer Birke aufgehängte rosige Glühbirne beleuchtete einen Innenhof mit einer Markise und einem Fußboden aus mexikanischen Fliesen. Mehrere Gruppen eleganter Teakmöbel. Auf einem Tisch Sonnenöl, zerknüllte Badetücher auf ein paar Stühlen, sahen aus, als lägen sie schon eine Weile da. Ich roch Schimmel. Dann etwas Stärkeres. Ein Windstoß unterbrach …
    Eine der Terrassentüren war offen. Weit genug, dass der Gestank herausströmen konnte. Breit genug, dass man hineinkonnte.
    Ich legte ein Taschentuch über Nase und Mund und steckte den Kopf weit genug hinein, dass ich ein rosafarbenes Horrorszenario sehen konnte. Mit dem Taschentuch in der Hand ertastete ich einen Lichtschalter.
    Zwei Leichen lagen auf einem Berberteppich, kaum noch als menschliche Wesen zu erkennen, wenn die Kleidung nicht gewesen wäre, die die Reste ihrer Körper bedeckten.
    Ich würgte, sah weg, sah nach oben, Balkendecke, überladene Möblierung. Geschmackvoll. Guter Dekorateur.
    Dann wieder hinunter auf den Horror …
    Ich starrte auf den Teppich. Versuchte, mich durch das verdammte Ding abzulenken. Soundso viel Knoten. Makellos. Bis auf die schwarz werdenden Flecke …
    Einer der Körper trug einen Badeanzug mit rosa Blumenmuster. Der andere ursprünglich weiße Speedo-Shorts und ein pfauenblaues, mit roten Orchideen gemustertes Hawaiihemd.
    Der leuchtende Stoff hob sich von dem klebrigen, bräunlich grünen Fleisch ab. Gesichter in Klumpen öligen, von Kratern gezeichneten Fleisches verwandelt. Von blondem Haar bedecktes Fleisch. Auf beiden. Das Haar an der mit Bikini bekleideten Leiche heller, viel länger. An den Rändern braun verkrustet.
    Ich würgte wieder, drückte mir das Taschentuch auf Mund und Nase, hielt den Atem an, fühlte, dass ich zu ersticken anfing, und trat von den Leichen zurück.
    Aber beim Hinausgehen, rückwärts, hatte ich durch die geöffnete Tür das Ende des Raums, eine Wendeltreppe mit gekachelten Stufen, erblickt.
    Hintertreppe. Eisengeländer.
    Auf der obersten Stufe lag noch ein faulender Haufen.
    Rosa Hauskleid. Etwas, was wie schwarzes Haar aussah. Noch mehr Verwesung, noch ein schwarzer Fleck, der die Treppe hinuntergeflossen war wie ein bösartiges Spielzeug.
    Ich drehte mich um und rannte los, am Schwimmbecken vorbei, über federndes Gras zu einem Beet mit in der Nacht erleuchteten Blumen, alle künstlich blau