Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sharpes Festung

Titel: Sharpes Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
einen seltsam verschleierten Blick, was ihrem Gesicht etwas Geheimnisvolles gab. »Welche Wahl habe ich denn?«, fragte sie und polierte weiter.
    Sharpe setzte sich neben sie, nahm den anderen Stiefel und rieb ihn mit Schuhcreme ein. »Also, was muss er tun, bevor Sie abhauen?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich schulde ihm Geld.«
    »Wie kann das sein?«
    »Er brachte meinen Mann und mich her«, sagte sie, »bezahlte unsere Passage von England. Wir verpflichteten uns, drei Jahre zu bleiben. Dann starb Charlie.« Sie hielt wieder inne, ihre Augen glänzten plötzlich, dann schniefte sie und polierte wie besessen den Stiefel weiter.
    Sharpe schaute sie an. Sie hatte schwarze Augen, lockiges schwarzes Haar und einen breiten Mund. Wenn sie nicht so müde wäre und sich nicht so elend fühlte, dachte er, wäre sie eine sehr hübsche Frau. »Wie alt sind Sie, meine Liebe?«
    Sie schaute ihn misstrauisch an. »Wer ist Ihre Frau in Seringapatam?«
    »Sie ist Französin«, sagte Sharpe. »Eine Witwe wie Sie.«
    »Offiziersfrau?«, fragte Clare.
    Sharpe nickte.
    »Und Sie werden sie heiraten?«
    »Das habe ich nicht vor«, sagte Sharpe.
    »Was dann?«
    »Ich weiß es ehrlich nicht.« Sharpe spuckte auf die Seite des Stiefels und rieb den Speichel in die Schuhcreme.
    »Aber Sie lieben sie?«, fragte Clare und wischte Schmutz von den Sporen des Stiefels. Die Frage hatte sie anscheinend verlegen gemacht, und sie arbeitete schnell weiter. »Ich bin neunzehn«, sagte sie, »fast zwanzig.«
    »Dann sind Sie alt genug, um einen Anwalt aufzusuchen«, sagte Sharpe. »Sie sind dem Captain nicht vertraglich verpflichtet. Man muss dazu Papiere unterschreiben, nicht wahr? So wurde es in dem Waisenhaus gemacht, als sie mich loswerden wollten. Sie wollten mich zum Schornsteinfeger machen! Verdammte Hölle! Aber wenn Sie keine Papiere unterschrieben haben, sollten Sie mit einem Anwalt reden.«
    Clare verharrte bei der Arbeit und starrte in die Mitte des Hofes, der in der Dürre verdorrte. »Ich wollte vor einem Jahr heiraten«, sagte sie leise. »Er hieß Tom, wissen Sie? Er war Kavallerist. Nur ein Bursche.«
    »Was ist geschehen?«
    »Fieber«, sagte sie düster. »Aber es hätte ohnehin nicht geklappt, weil Torrance mich nie hätte heiraten lassen.« Sie polierte den Stiefel weiter. »Er sagte, lieber würde er mich tot sehen.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber welchen Sinn hat es, einen Anwalt aufzusuchen? Meinen Sie, ein Anwalt würde mit mir reden? Sie lieben Geld, die Anwälte, und kennen Sie in Indien einen Anwalt, den die Company nicht in der Tasche hat? Wohlgemerkt ...«, sie blickte zum Haus und vergewisserte sich, dass es keine Lauscher gab, »... ist das nicht das einzige Geld, das Torrance bekommt. Er erhält eine Unterstützung von seinem Onkel und den Sold seiner Company und verspielt alles, aber er scheint immer mehr zu finden.« Sie legte eine Pause ein, bevor sie fortfuhr: »Und was sollte ich anfangen, wenn ich fort ginge?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin viele Meilen von meinem Zuhause fort. Ich wüsste nicht, was ich tun sollte. Er war zuerst gut zu mir. Ich mochte ihn! Da kannte ich ihn noch nicht, wissen Sie.« Sie lächelte verloren. »Komisch, nicht wahr? Man nimmt an, weil jemand ein Gentleman und der Sohn eines Geistlichen ist, dass er freundlich sein muss. Aber das ist ein Irrtum. Er ist es nicht.« Sie rieb heftig an der Quaste des Stiefels. »Und es ist schlimmer mit ihm geworden, seit er diesen Hakeswill kennengelernt hat. Ich hasse ihn.« Sie seufzte. »Ich muss nur noch vierzehn Monate durchhalten«, sagte sie müde, »dann werde ich die Schulden bezahlt haben.«
    »Hölle, nein«, sagte Sharpe. »Gehen Sie von dem Mistkerl weg.«
    Sie hob Torrances Hut auf und begann ihn zu bürsten. »Ich habe keine Verwandten«, sagte sie. »Wohin sollte ich denn gehen?«
    »Sie sind eine Waise?«
    Sie nickte. »Ich bekam eine Arbeitsstelle als Hausmädchen im Haus von Torrances Onkel. Dort habe ich Charlie kennengelernt. Er war Lakai. Dann sagte Mister Henry, das ist sein Onkel, wir sollten in den Haushalt des Captains gehen. Charlie wurde Captain Torrances Diener. Das war ein Schritt nach oben. Und der Lohn war besser, doch wir würden erst ausbezahlt werden, wenn wir in Madras wären. Dann sagte er, wir müssten die Passage bezahlen.«
    »Was, zum Teufel, tun Sie da, Sharpe?« Torrance war in den Hof gekommen. »Sie sollten keine Stiefel putzen! Sie sind ein Offizier!«
    Sharpe ließ den Stiefel sinken. »Das

Weitere Kostenlose Bücher