Sharpes Festung
Sharpe dachte, dass das Feuer ausgegangen sein musste, doch dann ertönte eine heftige Detonation, und der kleine Hügel flog auseinander. Dreck und Felsstücke wirbelten in einer Rauchwolke in die Luft. Die Sepoys stießen Freudenrufe aus. Die Explosion wirkte für Sharpe zu schwach, doch als sich die Rauch-und Staubschwaden lichteten, konnte er erkennen, dass der Hügel jetzt einen tiefen Einschnitt hatte, durch den die Straße zum nächsten Hochtal führen konnte.
Die Pioniere machten sich daran, das gelockerte Erdreich wegzuschaufeln, und Sharpe setzte sich wieder. Ahmed hockte sich neben ihn.
»Was werde ich mit dir anfangen?«, fragte Sharpe den Jungen, der inzwischen schon eine ganze Menge englischer Wörter gelernt hatte und das meiste verstand, was Sharpe ihm sagte.
»Ich gehe nach England«, sagte Ahmed.
»Das wird dir nicht gefallen. Da ist es scheißkalt.«
»Kalt?«
»Eisig kalt.« Sharpe tat, als erschauere er, doch das bedeutete anscheinend nichts für den Araberjungen.
»Ich gehe nach England«, wiederholte Ahmed.
Eine halbe Stunde später tauchte der neue Ingenieur neben Sharpe auf. Er trug einen breitkrempigen Strohhut, ritt einen Falben und hatte drei Diener im Gefolge, die Mulis führten, die mit Gepäck beladen waren. Sharpe sah ein Dreibein, das Nivellierinstrument eines Landvermessers und ein Lederetui, in dem er ein Fernrohr vermutete. Der Pionier nahm den Hut ab und fächerte sich Luft zu, als er um die letzte Biegung bog. »Ach, du meine Güte«, sagte er heiter. »Gott sei Dank musste das Pferd klettern und nicht ich.«
Pinckney war zurückgekommen, um den Ingenieur zu begrüßen, und streckte dem blau berockten Major die Hand hin, als er absaß. »Captain Pinckney, Sir«, stellte er sich vor.
»Pinckney, habe ich das richtig verstanden?«, sagte der weißhaarige Pionier heiter. »Ich kenne einen Pinckney in Hertfordshire. Er macht Pflugscharen und verdammt gute.«
»Das ist mein Onkel Hugh, Sir.«
»Sie sind Hughs Neffe, ja? Es ist mir eine Ehre!« Er schüttelte Pinckney überschwänglich die Hand. »Major John Stokes, zu Ihren Diensten, obwohl ich annehme, dass Sie mich nicht brauchen, oder? Sie müssen mehr Straßen gebaut haben, als das jemals bei mir der Fall gewesen ist.« Major Stokes blickte zu Sharpe, der aufgestanden war und jetzt lächelte. »Guter Gott im Himmel«, sagte Stokes, »das kann nicht wahr sein! Aber es ist. Mein lieber Sharpe! Mein lieber Mister Sharpe. Ich habe alles über Ihr Offizierspatent gehört! Hätte mich nicht mehr freuen können, mein lieber Sharpe. Endlich Offizier, wie?«
Sharpe lächelte breit. »Nur Ensign, Sir.«
»Jede Leiter hat eine erste Sprosse, Sharpe«, sagte Stokes in leichtem Tadel wegen Sharpes Bescheidenheit, dann streckte er ihm die Hand hin. »Wir sitzen in einem Boot, wie man bei der Marine sagt. Nein, so was! Wir sind tatsächlich Offizierskollegen! Und auch mit Pinckney! Hugh Pinckney schmiedet Pflugscharen, Sharpe. Hab noch nie bessere gesehen.« Er nahm Sharpes Hand in beide Hände. »Man hat mich in Seringapatam aufgestöbert, Sharpe. Können Sie das glauben? Man sagte mir, all die anderen Pioniere hätten die Pocken oder die Syphilis, und man befahl mich hierher, und da erfahre ich, dass der arme Elliott tot ist. Ich nehme an, ich sollte mich nicht beklagen. Es ist gut für die Aussichten auf meine Beförderung!« Er ließ Sharpes Hand los. »Oh, übrigens bin ich mit einigen Ihrer alten Kameraden nach Norden gezogen. Mit Captain Charles Morris und seiner Kompanie. Nicht der charmanteste Typ, wie?«
»Keiner meiner liebsten Vorgesetzten, Sir«, gab Sharpe zu. Guter Gott! Morris war hier? Zuerst Hakeswill, dann Morris!
»Er wollte nicht mitkommen«, sagte Stokes, »aber höhere Mächte bestanden darauf, dass ich eine Infanterie-Eskorte bekomme.« Er wandte sich um, als auf dem Steilabbruch Schüsse fielen. »Du meine Güte! Ist das Musketenfeuer?«
»Postenkette, Sir«, erklärte Pinckney. »Der Feind stört uns, kommt aber nicht durch.«
»Zum Glück nicht! Ein Bataillon Plänkler könnte uns in diesen Hügeln einen Monat in Schach halten. Nun, ich kann es noch nicht fassen, Sharpe ein Ensign!« Der Major wandte sich wieder an Pinckney. »Sharpe und ich haben vier Jahre lang die Waffenkammer in Seringapatam geleitet.«
»Sie haben sie geleitet, Sir«, sagte Sharpe. »Ich war nur Ihr Sergeant.«
»Der beste Sergeant, den ich jemals gehabt habe«, sagte Stokes begeistert zu Pinckney. »Und ich heiße nicht Sir
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