Sharpes Festung
die Konvois hatten allesamt Eskorten von Sepoys oder Söldnern zu Pferde. Er war versucht, die Stute in Trab zu versetzen, doch er verzichtete darauf. Er hatte Stokes versprochen, das Pferd zu schonen.
Die Gefahr wurde akuter, als er die niedrigeren Hügel erreicht hatte, denn Marathen-Reiter drangen immer wieder in den Umkreis des britischen Lagers ein, um die Posten zu testen, und wurden von Kavalleriepatrouillen verjagt. Zweimal sah Sharpe Reiter in der Ferne, doch keine Gruppe nahm Notiz von ihm. Er war bereit, Ahmed zu sich aufs Pferd zu ziehen und um ihr Leben zu reiten, wenn sie bedroht waren. Er entspannte sich erst, als er auf eine Patrouille von Madrassi-Kavalleristen unter dem Kommando eines Lieutenants der Company stieß, der sie sicher zum Lager eskortierte.
Deogaum war jetzt von vielen Zelten und behelfsmäßigen Buden umgeben, die Unterkünfte von Soldaten und Soldatenprostituierten waren. Ein Tanzbär erinnerte Sharpe an Major Stokes Worte über Amerika. Simone! Es war sein eigener verdammter Fehler. Er hätte der Frau niemals trauen sollen. Der Gedanke an seine eigene Dummheit stürzte ihn in ein Stimmungstief, das nicht besser wurde, als er zwei Privates mit roten Röcken auf einer Bank vor Torrances Quartier lümmeln sah. Keiner der Männer regte sich, als Sharpe vom Pferd glitt. Er gab Ahmed die Zügel und befahl dem Jungen, die graue Stute mit Stroh abzureiben und zu tränken.
Die beiden Rotröcke setzten sich gerader, wie um Sharpes Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen, doch keiner von ihnen stand auf. Er kannte sie beide. Es war noch nicht lange her, als er mit diesen Männern marschiert war, deren Röcke den roten Besatz des 33. Regiments hatten. Kendrick und Lowry hießen sie, zwei schlimme Typen und Busenfreunde von Hakeswill, die bei dem Trupp gewesen waren, den er nach Norden gebracht hatte, um Sharpe zu verhaften. »Auf die Füße!«, sagte Sharpe.
Kendrick blickte zu Lowry, der zu Kendrick zurückblickte, und die Gesichter der beiden zeigten Überraschung. Sie zögerten gerade lange genug, um ihre Unverschämtheit klarzumachen, aber nicht lange genug, um sich wegen Befehlsverweigerung strafbar zu machen, dann erhoben sie sich und standen still. »Ist das Ihr Pferd, Mister Sharpe?«, fragte Kendrick und dehnte höhnisch den »Mister«.
Sharpe ignorierte die Frage und ging ins Haus. Ein Schreiber saß hinter dem Tisch. Er war ein junger, gut aussehender Inder mit eingefettetem Haar. Er trug ein blütenweißes Gewand und eine Schürze, um es vor Tintenflecken zu schützen.
»Haben Sie hier geschäftlich zu tun, Sahib?«, fragte er schroff.
»Mit Captain Torrance.«
»Der Captain ist krank.« Der Inder, der sehr gut Englisch sprach, lächelte.
»Der ist verdammt immer krank«, sagte Sharpe, ging an dem protestierenden Schreiber vorbei und öffnete die innere Tür.
Torrance lag in seiner Hängematte und rauchte seine Wasserpfeife, und in einem indischen Gewand mit aufgestickten Drachen saß Sergeant Hakeswill an einem kleinen Tisch, auf dem Münzen aufgestapelt waren.
»Sharpe!« Torrance klang überrascht. Hakeswill, der ebenso überrascht wirkte, erhob sich langsam und stand still. »Ich hatte Sie erst am Abend erwartet«, sagte Torrance.
»Ich bin hier«, sagte Sharpe überflüssigerweise.
»Das ist offensichtlich. Es sei denn, Sie wären ein Gespenst.«
Sharpe hatte keine Lust für banale Plaudereien. »Sie haben ein Problem mit Lieferscheinen?«, fragte er abrupt.
»Unangenehm, nicht wahr?« Torrance fühlte sich sichtlich unbehaglich. »Sehr unangenehm. Sergeant, haben Sie irgendwo etwas zu tun?«
»Ich habe Pflichten, Sir!«, blaffte Hakeswill.
»Dann erfüllen Sie sie jetzt, lieber Freund.«
»Sir!« Hakeswill versteifte sich, machte eine Rechtswendung und marschierte aus dem Raum.
»Wie geht es Ihnen, Sharpe? Beschäftigt?« Torrance hatte sich aus der Hängematte geschwungen und füllte jetzt die Goldmünzen in einen Lederbeutel. »Ich hörte, dass Elliott gestorben ist?«
»Erschossen, Sir.«
Torrance erschauerte, als sei er persönlich betroffen. »Das ist so traurig.« Er seufzte, dann band er den Gürtel seines kunstvoll bestickten Morgenrocks zu. »Ich habe Ihnen nie gedankt, Sharpe, weil Sie mich bei Sir Arthur so unterstützt haben.«
Sharpe war nicht der Meinung, dass er ihn überhaupt unterstützt hätte. »Ich habe nur die Wahrheit gesagt, Sir.«
»Mein Vater wäre stolz auf Sie, und ich bin Ihnen zutiefst dankbar. Anscheinend hat Dilip mit Naig
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