Sharpes Feuerprobe
sein Palast und sein Serail mit den sechshundert Frauen. Doch das Desaster hieß nicht, dass die Dynastie tot war. Es waren große Festungen in Maisurs nördlichen Hügeln, und wenn es ihm gelang, eine dieser Festungen zu erreichen, dann konnte er immer noch gegen diese Teufel in Rot kämpfen, die ihm seine Hauptstadt raubten.
Tippu zog sich schnell zurück, und seine Leibwächter gingen mit ihm. Sie verließen die anderen Männer, die den äußeren Wall verteidigten, und rannten an der Sultan-Batterie vorbei zur Rampe, die zum Wassertor hinunterführte.
Dort, am Fuß der Rampe, hielten die Kämmerer Seiner Hoheit den Palankin mit seinen Trägern bereit. Obwohl über ihm Kugeln durch die Luft zischten, verneigte sich einer der Kämmerer tief vor Tippu und lud Seine Hoheit ein, seinen Sitz auf den Seidenkissen unter dem tigergestreiften Baldachin der Sänfte einzunehmen.
Tippu wandte sich um und blickte zu den Wällen hinauf, um zu sehen, welchen Fortschritt die Angreifer machten.
Sie kämpften jetzt auf beiden Wällen, und die Stadt war offenkundig dem Untergang geweiht, doch die Verteidiger leisteten immer noch hartnäckigen Widerstand.
Tippu bedauerte zutiefst, sie zu verlassen, und er schwor, sie bald zu rächen. Er lehnte die Sänfte ab. Es war eine langsame Transportart, während er in der Stadt, gerade auf der anderen Seite des inneren Walls, Ställe voller prächtiger Pferde hatte. Er würde sein schnellstes Pferd auswählen, sich etwas Gold schnappen, um die Männer zu bezahlen, die loyal bei ihm geblieben waren, dann durch das unbedrohte Bangalore-Tor aus der Stadt fliehen und nordwärts zu den großen Festungen in den Hügeln reiten.
Oberhalb des Sultans zogen sich die letzten Verteidiger der Stadt allmählich zurück. Unter einer Rauchwolke fiel die Stadt an die Rotröcke, und es war Gottes Wille gewesen, doch Gott würde vielleicht Tippu erlauben, an einem anderen Tag zu kämpfen, und so ging er mit dem Gewehr in der Hand zum inneren Wassertor.
Der Palankin, die indische Sänfte, wurde von acht Mann getragen, zwei an jedem der vier langen vergoldeten Griffe auf jeder Seite. Als Sharpe sie zum ersten Mal sah, hatten zwei Kämmerer sie vom Palast tragen lassen und die Träger mit Stäben mit goldenen Tigerköpfen zur Eile angetrieben. Einen Augenblick hatte Sharpe gedacht, Tippu müsse in der Sänfte sein, doch dann sah er, dass die Vorhänge an den Seiten zurückgebunden und die Sitzkissen leer waren. Er folgte dem Palankin.
Er spürte jetzt Panik in der Stadt. Bis vor Minuten war es noch still gewesen, und die Stadt hatte sich geduckt wie ein Tier, das nicht bemerkt werden wollte, doch jetzt spürte sie anscheinend, dass der Untergang bevorstand. Bettler drängten sich Schutz suchend zusammen, eine Frau weinte in einem Haus, dessen Fensterläden verschlossen waren, und die streunenden Hunde kläfften jämmerlich. Kleine Gruppen von Soldaten Tippus flüchteten in die Straßen, und ihre nackten Füße trommelten über den getrockneten Schlamm, als sie zum Bangalore-Tor liefen, wo kein Feind drohte. Der Lärm der Schlacht war noch groß, doch die Verteidigung erlahmte schnell.
Die Kämmerer ließen den Palankin zum Wassertor des inneren Walls tragen. Das Tor lag nahe beim stinkenden Abwassersee, der die Luft verpestete. Einiges Abwasser, das durch den hastig erbauten inneren Wall nicht richtig abgeleitet worden war, war in das Wassertor gesickert, das ein fünfzig Fuß langer Tunnel aus Ziegeln war, der den inneren Wall durchschnitt.
Ein Offizier stand auf Wache am inneren Tor. Als sich die Sänfte näherte, entriegelte er das dicke Tor aus Teakholz und zog es auf. Er rief etwas, als Sharpe der Sänfte in den niedrigen Tunnel folgte, doch Sharpe rief einfach den Namen Colonel Gudins zurück, und der Offizier war zu verwirrt, um ihn aufzuhalten, und schloss stattdessen das Tor, als die Sänfte und der europäische Soldat im Tunnel waren. Nervös blickte er zu der Rauchwolke, die den Fortschritt der Angreifer auf dem Wall über ihm verriet.
Sharpe verharrte im Tunnel, während der Palankin weitergetragen wurde. Der Boden des Tunnels war an einigen Stellen eingesunken, und das einsickernde Abwasser hatte sich in diesen Vertiefungen angesammelt. Im Tunnel stank es wie in einer ungeleerten Kasernenlatrine. Die Sänftenträger stolperten, als sie durch die Wasserpfützen platschten, und dann gelangte die Sänfte in den Sonnenschein dahinter.
Sharpe konnte dort Soldaten in der Lücke zwischen den
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