Sharpes Feuerprobe
Der Stellvertreter starrte Appah Rao entgeistert an.
Der General hob die Stimme, damit so viele seiner Männer wie möglich ihn hören konnten.
»Der Sold ist überfällig, so wird heute Nachmittag zum Soldempfang im Lager angetreten. Männer sollten nicht ohne Sold kämpfen.«
Er schob demonstrativ seinen Säbel in die Scheide und stieg ruhig von der Brustwehr hinab. Hier, beim Maisur-Tor, gab es keinen Graben zwischen dem inneren und äußeren Wall, und Rao schritt unbekümmert durch das innere Tor.
Einen Augenblick beobachteten ihn seine Männer, dann setzte sich einer und noch einer in Bewegung, und schließlich, immer schneller, folgten ihm alle.
Von einem Augenblick zum anderen leerte sich der Wall, der gerade noch voller Männer gewesen war, sodass Baird, der gerade die letzten Posten auf dem westlichen Wall niedergekämpft hatte, plötzlich sah, dass die Stadt ihm gehörte.
Er stieß einen Siegesschrei aus. Sein Schlachterschwert war rot von Blut, sein rechter Ärmel getränkt davon. Ein Rotrock, der vielleicht vergaß, dass der Schotte General war, schlug ihm auf den Rücken, und Baird umarmte den Mann aus purer Freude.
Tippu kämpfte immer noch und glaubte noch, gewinnen zu können. Auf dem nördlichen Wall, nur zwanzig Yards jenseits der nordwestlichen Bastion, verband eine Querwand die innere und äußere Brustwehr. Diese Querwand diente als Stütze des alten äußeren Walls, und es war mal geplant gewesen, die stützende Querwand zu verdicken und dann den Platz, den sie bot, zu einer noch größeren Bastion zu machen, doch der Plan war nie umgesetzt worden, und jetzt bot die Querwand eine schmale Brücke für die Rotröcke und Sepoys, die noch von Tippus Feuer aufgehalten wurden. Wenn sie diese Brücke überqueren konnten, dann konnten sie den inneren Wall stürmen und die Verteidiger von der tödlichen Brustwehr fegen.
Ein Mann versuchte, die Brücke zu überqueren, und wurde erschossen. Er fiel schreiend in den Graben. Einen Augenblick später rannte ein zweiter Mann hinüber und schaffte die Hälfte des Wegs, doch dann durchschlug eine Musketenkugel sein Bein. Er ließ seine Muskete fallen und fiel auf die Mauerkrone, fluchend, als er versuchte, das Gleichgewicht zu bewahren, doch dann warf ihn eine zweite Kugel über den Rand. Für ein, zwei Sekunden schaffte er es, sich am Wall festzuklammern, zitternd vor Schmerzen, dann fiel er hinab.
Die Männer Tippus auf dem äußeren Wall jubelten und stürmten vorwärts, um den Feind von der Querwand zu vertreiben, doch ein Ansturm von Sepoys verhinderte das. Ein neues Musketenduell begann. Inder gegen Inder, ein Feuerhagel, bei dem Tippu überlebte, als sei er mit dem Teufel im Bunde. Die Sepoys feuerten Salve um Salve, kamen voran, starben, und weitere Männer nahmen ihre Plätze ein.
Die Leichte Kompanie vom 12. Regiment des Königs folgte den Sepoys, und Captain Goodall, ihr Chef, betrachtete die schmale Stützwand. Sie führte direkt zum inneren Wall, der voller Verteidiger war, aber sie war ebenfalls eine Brücke zum Sieg.
»Tod oder Ruhm!«, rief Goodall, dann trat er auf die schmale Mauerkappe und feuerte mit seiner Pistole in den Pulverrauch, der über dem fernen Ende des Walls hing. »Kommt schon!«, rief er, rannte über den Querwall und behielt wie durch ein Wunder den Halt. Er sprang auf die Brustwehr des inneren Walls und schlug mit seinem Säbel hinunter. Ein Mann feuerte zu ihm hinauf, doch Goodalls Sergeant, der dicht hinter ihm kam, schob seinen Captain grob zur Seite, und Goodall fiel auf den Schützenauftritt des inneren Walls, und die Kugel verfehlte ihn. Der Sergeant war als Nächster über den Wall, und danach folgte eine Reihe schreiender Männer Goodall, als er sich einen Weg ostwärts frei kämpfte.
Das Feuer vom inneren Wall, das den Angreifern so stark zugesetzt hatte, begann nachzulassen, und plötzlich gab es einen Ansturm von Rotröcken, die vor dem Musketenfeuer vom inneren Wall Schutz gesucht hatten. Sie rannten ostwärts zum äußeren Wall, auf Tippu zu. Andere überquerten die behelfsmäßige Brücke, um die Leichte Kompanie des 12. Regiments zu verstärken.
Tippu sah, dass der Feind wiederbelebt war. Er war wie ein Bär, der verwundet, jedoch nicht getötet war, und die Bestie hatte noch Leben in sich. Zu viel Leben, und Tippu erkannte, dass sich seine beunruhigenden Träume der Nacht bewahrheitet hatten. Der trübe Öltopf hatte die Wahrheit vorausgesagt. Heute würde die Stadt fallen und damit sein Thron und
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