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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Erfahrung nutzlos. Sie gaben Gerüchte weiter, blähten Vermutungen auf, und sie brachten weitaus mehr durcheinander, als sie jemals richtige Informationen weitergaben.
    »Tötet ihn«, schlug einer von Tippus moslemischen Generälen vor.
    »Ich werde darüber nachdenken«, sagte Tippu und ging vom Balkon durch den inneren Bogengang in einen prächtigen Raum mit Marmorsäulen und bemalten Wänden.
    Der Raum wurde von seinem Thron beherrscht, der auf einer überdachten Plattform von acht Fuß Breite, fünf Fuß Tiefe und vier Fuß Höhe über dem gefliesten Boden stand. Die Mitte der Plattform wurde von der Nachbildung eines Zähne fletschenden Tigers gestützt, der auf jeder Seite von vier geschnitzten Tigerbeinen flankiert wurde. Zwei versilberte Leitern gaben Zugang zu der Plattform mit dem Thron, der aus Ebenholz bestand, auf dem eine Schicht Gold, dick wie eine Gebetsmatte, mit silbernen Nägeln befestigt war.
    Die Ränder der Plattform zeigten geschnitzte Zitate aus dem Koran, die arabischen Buchstaben waren mit Gold abgesetzt, während über jedem der acht Beine des Throns eine Kreuzblume in Form eines Tigerkopfes war. Die Tigerköpfe waren von der Größe einer Ananas, aus solidem Gold und besetzt mit Rubinen, Smaragden und Diamanten. Der mittlere Tiger, dessen langer, geneigter Körper die Mitte des Throns stützte, war aus Holz mit einer Goldschicht gefertigt, während sein Kopf aus purem Gold bestand. In der geöffneten Schnauze des Tigers waren Zähne aus Felskristall zu sehen, zwischen denen eine goldene Zunge mit Scharnieren versehen war, sodass sie auf und ab bewegt werden konnte.
    Das Dach über der goldenen Plattform wurde von einem gekrümmten Pfahl gestützt, der wie das Dach mit einer Goldschicht bedeckt war. Der Besatz des Daches bestand aus Perlenschnüren, und an der höchsten Stelle war eine Nachbildung des Fabeltiers hummah , des königlichen Vogels, der sich aus dem Feuer erhob. Der hummah war wie die Tiger-Kreuzblumen mit Juwelen besetzt, auf seinem Rücken befand sich ein prächtiger Smaragd, und sein pfauenähnlicher Schwanz war ein blendender Glanz von kostbaren Steinen, die so dicht angeordnet waren, dass die darunter liegende Goldschicht kaum sichtbar war.
    Der Sultan schenkte dem prächtigen Thron keinen Blick. Er hatte die Herstellung des Throns befohlen, doch dann hatte er einen Eid geschworen, dass er niemals die silbernen Stufen zur goldenen Plattform hinaufsteigen und sich auf die Kissen setzen würde, bevor die Briten aus dem südlichen Indien vertrieben sein würden. Erst dann würde er seinen königlichen Platz unter dem mit Perlen behängten Dach einnehmen, und bis zu diesem glorreichen Tag würde der Tigerthron leer bleiben.
    Tippu hatte seinen Eid geleistet, und dieser Eid lautete, dass er entweder auf dem Tigerthron sitzen oder sterben würde, und seine Träume hatten ihm keine Vorahnung des Todes gegeben. Stattdessen erwartete er, Maisurs Grenzen auszudehnen und die ungläubigen Briten ins Meer zu treiben, wo sie hingehörten, denn sie hatten hier nichts zu suchen. Sie hatten ihr eigenes Land, und wenn dieses ferne Land nicht gut genug für sie war, dann sollten sie alle ersaufen.
    Die Briten mussten also verschwinden, und wenn für ihre Vernichtung ein Bündnis mit den Franzosen nötig war, dann war es ein kleiner Preis für die Erfüllung der Ambitionen Tippus.
    Er stellte sich vor, wie sich sein Reich im südlichen Indien ausbreitete, dann nordwärts in die Maharashtra-Territorien, die alle von schwachen Königen oder Kinderkönigen beherrscht wurden. An ihrer Stelle würde Tippu anbieten, was seine Dynastie bereits Maisur gegeben hatte: eine feste und tolerante Regierung.
    Tippu war ein Moslem, und ein frommer, aber er wusste, dass der sicherste Weg, seinen Thron zu verlieren, darin bestand, die Hindus gegen sich aufzubringen, und so achtete er darauf, ihren Tempeln seine Ehrerbietung zu zeigen. Er traute der Hindu-Aristokratie nicht ganz, und er hatte getan, was er konnte, um diese Elite im Laufe der Jahre zu schwächen, doch er wünschte nur, dass seine anderen Hindu-Projekte gediehen, denn dann würde es ihnen nichts ausmachen, welcher Gott in der neuen Moschee verehrt wurde, den Tippu in der Stadt hatte erbauen lassen. Bald, so betete er, würde jeder in Maisur vor Allah knien, doch bis zu diesem glücklichen Tag würde er dafür sorgen, dass die Hindus keine Rebellion anzettelten. Er brauchte sie. Er brauchte sie, um für ihn gegen die ungläubigen Briten zu

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