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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Fleisch, und der Rotrock schrie laut.
 
    Sharpe hatte nicht aufschreien wollen. Bevor die Bestrafung begonnen hatte, war er entschlossen gewesen, keine Schwäche zu zeigen, und er ärgerte sich über sich selbst, als er beim ersten Peitschenhieb zusammenzuckte. Doch der plötzliche Schmerz war so stark gewesen, dass er unwillkürlich erzittert war. Von da an hatte er die Augen geschlossen und auf das Leder gebissen, und in seinem Kopf hatte ein stummer Schrei gehallt, als ein Peitschenhieb nach dem anderen seinen nackten Rücken traf.
    »Einhundertdreiundzwanzig!«, rief Bywaters heiser.
    Die Arme der peitschenden Trommlerjungen ermüdeten, doch sie wussten, dass es besser war, in ihrem Einsatz nicht nachzulassen, denn Sergeant Hakeswill beobachtete sie und genoss jeden Schlag.
    »Einhundertvierundzwanzig«, rief Bywaters, und in diesem Augenblick hörte Sharpe durch den stummen Schrei in seinem Kopf ein Wimmern. Dann ein weiteres, und er erkannte, dass er es war, der das Geräusch verursachte, und so knurrte er stattdessen, öffnete die Augen und starrte voller Abscheu auf die gemeinen Offiziere, die ein paar Schritte entfernt auf ihren Pferden saßen. Er starrte sie an, als könne er die entsetzlichen Schmerzen von seinem Rücken auf ihre Gesichter übertragen, doch keiner setzte sich seinen Blicken aus. Sie starrten zum Himmel, blickten zu Boden, versuchten alle, den Anblick eines Mannes zu ignorieren, der vor ihnen zu Tode gepeitscht wurde.
    »Einhundertsechsunddreißig«, rief Bywaters, und der Trommlerjunge holte wieder zum Schlag aus.
    Blut lief Sharpes Rücken hinab und tränkte seine weiße Hose bis zu den Knien. Weiteres Blut hatte sein gefettetes und gepudertes Haar besudelt, und immer noch pfiffen die Peitschenschnüre auf ihn hinab, und jeder Hieb klatschte in die blutigen Striemen und ließ Blut spritzen.
    »Einhundertvierzig. Haltet hoch, Jungs, haltet hoch! Nicht auf die Nieren«, blaffte Bywaters. Und der Sergeant Major blickte zum Bataillonschirurg und sah, dass Micklewhite jetzt vage über das Dreibein hinwegblickte. Sein feistes Gesicht war entspannt, als vertrödele er nur einen Sommertag.
    »Wollen Sie ihn sich ansehen, Mister Micklewhite, Sir?«, fragte der Sergeant Major, doch Micklewhite schüttelte nur den Kopf. »Macht weiter, Jungs«, sagt der Sergeant Major zu den Trommlerjungen, und er bemühte sich nicht, die Missbilligung aus seiner Stimme herauszuhalten.
    Das Auspeitschen ging weiter. Hakeswill beobachtete es mit Freude, doch die meisten der Männer starrten zum Himmel und beteten, dass Sharpe nicht laut schreien würde. Das würde sein Sieg sein, selbst wenn er starb.
    Einige indische Soldaten hatten sich um das Karree versammelt und sahen zu. Solche Bestrafungen waren in der East India Company nicht erlaubt, und für die meisten Sepoys war es unerklärlich, dass die Briten solche Strafen bei sich vollstreckten.
    »Einhundertneunundsechzig!«, rief Bywaters, und dann sah er einen Schimmer von Weiß unter einem Peitschenhieb. Das Schimmern war sofort von Blut bedeckt. »Ich kann eine Rippe sehen, Sir!«, rief der Sergeant zum Bataillonschirurg.
    Micklewhite verscheuchte eine Fliege von seinem Gesicht und blickte zu einer kleinen Wolke empor, die nordwärts zog. Da oben muss es windig sein, dachte er, ein Jammer, dass hier unten nichts die Hitze mildert. Ein Blutströpfchen spritzte auf seinen blauen Rock, und er wich hastig weiter zurück.
    »Einhundertvierundsiebzig«, rief Bywaters und versuchte die Zahl mit missbilligendem Tonfall zu erfüllen.
    Sharpe war jetzt halb bewusstlos. Der Schmerz war unerträglich. Es war, als verbrenne er lebend und gleichzeitig werde auf ihn eingestochen. Er wimmerte bei jedem Schlag, doch das Geräusch war kaum hörbar für die beiden schwitzenden Jungen, deren schmerzende Arme immer wieder die Peitsche hoben und niedersausen ließen.
    Sharpe hielt die Augen geschlossen. Der Atem zischte an dem Knebel vorbei, und Schweiß und Speichel sickerten auf sein Kinn hinab und tropften auf den Boden, wo sein Blut dunkle Flecken im Staub gebildet hatte.
    »Zweihunderteins!«, rief Bywaters und überlegte, ob er einen Schluck Wasser aus seiner Feldflasche nehmen konnte. Seine Stimme war heiser geworden.
    »Stopp!«, rief jemand.
    »Zweihundertzwei.«
    »Stopp!«, rief die Stimme erneut, und diesmal war es, als sei das ganze Bataillon plötzlich aus dem Schlaf gerissen worden. Der Trommelwirbel verstummte mit einem letzten zögernden Schlag, als Sergeant

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