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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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zeigen.
    Der Hof war mit Sand bedeckt, die unteren Wände waren aus behauenem Stein, doch über dem Stein des Palastes war der zweite Stock mit verziertem Teakholz verkleidet, das rot, weiß, grün und gelb angestrichen war. Dieser verzierte zweite Stock bestand aus dem Holz maurischer Brücken, und McCandless konnte genug Arabisch, um über jedem Bogen eine Sure aus dem Koran zu entziffern.
    Es gab zwei Eingänge zu dem Hof. Der eine hinter McCandless, durch den er eingetreten war und wo jetzt die Tigerwärter standen, war ein Tor mit zwei Flügeln, das zu einem Gewirr von Stallungen und Lagerräumen hinter dem Palast führte, während sich vor ihm eine kurze marmorne Treppe zu einer breiten Tür aus schwarzem Holz mit Mustern aus eingelegtem Elfenbein erstreckte, die offenbar zu den Privaträumen des Palastes führte.
    Über dieser prachtvollen Tür befand sich ein Balkon, der aus drei der mit Stuck verzierten Fensterbogen vorragte. Ein Schirm von kunstvoll mit Schnitzereien verziertem Holz verbarg den Balkon, doch McCandless konnte sehen, dass hinter dem Schirm Männer standen. Er nahm an, dass Tippu und vielleicht der Franzose, der ihn zuerst verhört hatte, dort waren.
    Colonel Gudin war ihm als ehrbarer Mann vorgekommen, und jetzt, so hoffte McCandless, bat Gudin den Sultan, den Gefangenen am Leben zu lassen. McCandless hatte sorgfältig darauf geachtet, dem Franzosen seinen wahren Namen zu verheimlichen. Er befürchtete, dass Tippu ihn erkennen und ihm klar werden würde, welchen Fang seine Kavallerie gemacht hatte, und so hatte der Schotte seinen Namen als Ross angegeben.
    McCandless hatte recht. Colonel Gudin und Tippu starrten durch den Schirm hinab.
    »Dieser Colonel Ross«, fragte Tippu, »hat er gesagt, dass er auf der Suche nach Furage ist?«
    »Jawohl, Hoheit«, antwortete Gudin durch den Dolmetscher.
    »Sie glauben ihm?« Aus dem Tonfall Tippus war zu schließen, dass er Zweifel hatte.
    Gudin zuckte mit den Schultern. »Ihre Pferde sind mager.«
    Tippu stieß einen Grunzlaut aus. Er hatte sein Bestes getan, um dem vorrückenden Feind jede Nahrung zu entziehen, doch die Briten hatten begonnen, plötzliche Märsche nördlich oder südlich ihres Vorrückens zu unternehmen, wo seine Reiter noch nicht die Vorräte der Dorfbewohner vernichtet hatten. Und nicht nur das, die Engländer hatten eine große Menge Lebensmittel mitgebracht.
    Dennoch berichteten Tippus Spione, dass der Feind hungrig wurde. Ihre Pferde und Ochsen wurden besonders schlecht gefüttert, und so war es nicht unwahrscheinlich, dass dieser britische Offizier nach Furage gesucht hatte. Aber warum würde man einen Voll-Colonel auf solch einen Botengang schicken?
    Der Sultan konnte keine Antwort auf diese Frage finden, und das nährte seinen Argwohn. »Könnte er spioniert haben?«
    »Erkundet, vielleicht«, sagte Gudin, »aber nicht spioniert. Spione reiten nicht in Uniform, Hoheit.«
    Tippu grunzte abermals, als die Antwort ins Persische übersetzt wurde. Er war von Natur aus ein misstrauischer Mann, wie es jeder Herrscher sein sollte, doch er tröstete sich mit der Erkenntnis, dass gescheitert sein musste, was auch immer dieser Brite getan hatte. Tippu drehte sich nach seinem Gefolgsmann um und sah den großen, dunkelhäutigen Appah Rao an.
    »Glauben Sie, dass dieser Colonel Ross nach Furage gesucht hat, General?«
    Appah Rao wusste genau, wer Colonel Ross in Wahrheit war und wonach McCandless gesucht hatte, und – schlimmer noch – Rao wusste jetzt, dass sein eigener Verrat in Gefahr war, entdeckt zu werden, was bedeutete, dass dies nicht der Zeitpunkt war, vor Tippu schwach auszusehen. Aber Appah Rao war nicht bereit, McCandless zu verraten. Teils wegen seiner alten Freundschaft mit ihm, teils weil Appah Rao annahm, er könnte eine bessere Zukunft haben, wenn er mit den Briten verbündet war.
    »Wir wissen, dass sie knapp an Lebensmitteln sind«, sagte er. »Und dieser Mann sieht mager genug aus.«
    »Sie halten ihn also nicht für einen Spion?«
    »Spion oder nicht«, sagte Appah Rao kalt, »er ist unser Feind.«
    Der Sultan zuckte bei der ausweichenden Antwort mit den Schultern. Sein Gefühl sagte ihm, dass der Gefangene kein Spion war, denn dann hätte er keine Uniform getragen. Aber selbst wenn er einer war, besorgte das Tippu nicht sonderlich. Er rechnete damit, dass Seringapatam voller Spione war, genauso wie er zwei Dutzend seiner eigenen Männer mit den Briten marschieren ließ, doch die meisten Spione waren nach seiner

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