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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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volle Wolluniform trug.
    Frauen und Kinder spähten durch die Lücken zwischen der Kompanie. Mary Bickerstaff war nicht dort. Hakeswill hatte nach ihr gesucht, wollte ihr Entsetzen genießen, doch Mary war nicht aufzufinden gewesen.
    Die Frauen, die gekommen waren, um bei dem Spektakel zuzuschauen, waren wie die Männer schweigsam und verdrossen. Sharpe war ein beliebter Mann, und Hakeswill wusste, dass er bei jedem Anwesenden verhasst war, weil er diese Auspeitschung organisierte, doch Obadiah Hakeswill hatte sich noch nie etwas aus solcher Feindschaft gemacht. Macht lag nicht darin, geliebt, sondern gefürchtet zu werden.
    Sharpe wurde zu dem Dreibein gebracht. Er war barhäuptig und bereits bis zur Hüfte nackt. Die Haut seines Oberkörpers war so weiß wie das mit Mehl gepuderte Haar und bildete einen seltsamen Kontrast zu seinem dunkel gebräunten Ge sicht. Er ging sicher, denn obwohl er viel Rum im Magen hatte, zeigte der Alkohol nicht die geringste Wirkung. Er blickte geradeaus und schaute weder zu Hakeswill noch zu Morris, als er zum Dreibein schritt.
    »Arme, hoch, Junge«, sagte der Sergeant Major mit ruhiger Stimme. »Stellen Sie sich vor das Dreibein. Die Füße auseinander. So ist’s gut, Junge.«
    Sharpe stieg gehorsam zu der Oberfläche des Dreibeins. Zwei Corporals knieten sich zu seinen Füßen hin und banden seine Knöchel an die Piken. Dann richteten sie sich auf und schoben seine Arme über die quer gebundene Pike. Sie zogen seine Hände herunter und banden sie an die aufrechten Piken, zwangen so seinen Rücken aufwärts. So konnte er nicht zwischen dem Dreibein zusammensacken und so hoffen, dass bei den Schlägen die Pikenschäfte nachgaben. Die Corporals befestigten die Knoten und traten zurück.
    Der Sergeant Major ging zu Rückseite des Dreibeins und nahm aus seiner Tasche ein Stück Leder, das tiefe Bissabdrücke enthielt.
    »Öffnen Sie den Mund, Junge«, sagte er leise. Er roch den Rum im Atem des Gefangenen und hoffte, er würde ihm helfen zu überleben, dann schob er das Lederstück zwischen Sharpes Zähne. Der Knebel diente einem doppelten Zweck. Er würde Schreie des Opfers dämpfen und verhindern, dass er sich die Zunge abbiss. »Sei tapfer, Junge«, sagte Bywaters ruhig. »Blamier nicht das Regiment.«
    Sharpe nickte.
    Bywaters trat schneidig zurück und stand still.
    »Gefangener für die Bestrafung bereit, Sir!«, meldete er Major Shee.
    Der Major blickte zum Bataillonschirurgen. »Ist der Gefangene für die Bestrafung tauglich, Mister Micklewhite?«
    Micklewhite hatte nicht mal einen Blick für Sharpe übrig. »Gesund und fit, Sir.«
    »Dann machen Sie weiter, Sergeant Major.«
    »Also, Jungs«, sagte der Sergeant Major, »tut eure Pflicht. Setzt die Peitsche hart ein, und haltet die Schläge hoch. Über seine Hosen. Trommler! Anfangen!«
    Ein dritter Trommlerjunge stand hinter den beiden Auspeitschern. Er hob seine Stöcke, verharrte kurz und ließ dann den ersten Trommelwirbel ertönen.
    Der Junge zur Rechten schlug seine Peitsche hart auf Sharpes Rücken hinab.
    »Eins!«, rief Bywaters.
    Die Peitsche hinterließ ein rotes Mal auf Sharpes Schulterblättern. Sharpe war zusammengezuckt, doch die Stricke der Fesselung beschränkten seine Bewegung, und nur diejenigen, die nahe beim Dreibein waren, sahen, dass seine Muskeln erzitterten. Er starrte zu Major Shee auf, der sich bemühte, dem hasserfüllten Blick auszuweichen.
    »Zwei!«, rief Bywaters, und der Trommler schlug wieder einen Trommelwirbel, als der zweite Junge eine Strieme quer zur ersten schlug.
    In Hakeswills Gesicht zuckte es krampfartig, doch er grinste. Denn der Trommelschlag des Todes hatte begonnen.
 
    Colonel McCandless stand allein in der Mitte des Hofes von Tippus innerem Plast in Seringapatam. Der Schotte war immer noch in seiner vollen Uniform: roter Rock, Tartanhosen und mit Feder geschmückte Mütze.
    Sechs Tiger waren an die Wände des Hofes gekettet, und diese Tiger versuchten manchmal, ihn zu erreichen, aber sie wurden immer von den schweren Ketten zurückgehalten, die erzitterten, wenn eines der muskulösen Raubtiere in Richtung Schotte sprang.
    McCandless rührte sich nicht, und die Tiger gaben sich nach ein paar nutzlosen Sprüngen damit zufrieden, ihn anzufauchen. Die Tigerwärter, große Männer mit langen Stöcken, beobachteten vom Eingang aus den Hof. Es waren diese Männer, welche die Befehle bekommen würden, die Tiger freizulassen. Und McCandless war entschlossen, ihnen ein ruhiges Gesicht zu

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