Sharpes Lösegeld
hinter Lucille. »Wie kommt es, dass Sie mit einem Engländer verheiratet sind?«, herrschte er sie an.
»Wir sind nicht verheiratet«, erwiderte Lucille und gab mit dem Löffel heißes Fett auf die Eier.
»Ein Franzose ist Ihnen wohl nicht gut genug, was?«
Lucille zuckte mit den Schultern und gab keine Antwort. Lorcet runzelte die Stirn. Er saß am Tisch und versuchte Sharpes Kontobücher zu entziffern. »Lassen Sie die Frau in Ruhe«, befahl er Challon.
Der große Mann ignorierte den Anwalt. »Was gefällt Ihnen denn nicht an Franzosen?«, wollte er von Lucille wissen.
»Der Engländer kam hierher«, erwiderte sie. »So einfach ist das.«
Challon legte ihr die Arme um die Hüften, und sie erstarrte. »Ich finde, Sie sind eine Verräterin an Frankreich«, sagte der Sergent, dann glitt er mit einer Hand hoch und umfasste eine Brust. Lächelnd liebkoste er sie, dann schrie er auf und sprang vom Herd zurück.
»Miststück!«, rief er wütend und hielt seine Hand, auf die ihm Lucille dampfendes Fett geschüttet hatte. Er ließ die verletzte Hand los, um Lucille schlagen zu können, doch er erstarrte, als er sah, dass sie bereit war, ihm die ganze Pfanne voller Eier, Speck und zischendem Fett ins Gesicht zu schleudern. Marie, die Patrick in den Armen wiegte, lachte auf.
»Setzen Sie sich, Sergent«, sagte Lorcet überdrüssig, »und lassen Sie die Frau in Ruhe. Haben Sie noch mehr Äpfel, Madame?«
»In der Speisekammer hinter Ihnen«, antwortete Lucille, dann brachte sie die Pfanne an den Tisch und ließ Eier und Speck auf einen Teller für den anderen Husaren gleiten. Sie zögerte jedoch, ehe sie auch Challon bediente. »Sie schulden mir Abbitte, Sergent«, sagte sie.
Er wollte sie schon beschimpfen, als er sah, dass die Pfanne über seinem Schritt schwebte. »Ich bitte um Verzeihung, Madame«, sagte er widerstrebend.
Lucille kippte ihm den Rest der Mahlzeit auf den Teller. »Guten Appetit«, sagte sie zuckersüß.
»Warum also haben Sie sich mit dem Engländer eingelassen?«, fragte der Anwalt, der mit einem neuen Apfel aus der Speisekammer kam.
»Wie ich schon sagte, er kam eines Tages her und blieb.«
»Sie gestatteten ihm zu bleiben«, verbesserte Lorcet sie.
»Das ist richtig«, räumte Lucille ein.
»Ein Engländer hat in Frankreich nichts zu schaffen«, sagte Lorcet.
»Was er schafft«, entgegnete Lucille, »ist die Mühle zu reparieren, Lämmer zur Welt zu bringen, Vieh aufzuziehen und die Obstbäume zu pflegen. Möchten Sie Kaffee?«
»Kaffee reizt die Leber«, erwiderte Lorcet missbilligend, »und ich weigere mich, ihn anzurühren. Aber verraten Sie mir doch, Madame, wieso ein Engländer Ihre Mühle repariert und Ihre Obstbäume pflegt. Es gibt Franzosen, die das tun könnten und es tun sollten. In diesem Land gibt es keine Arbeit, Madame. Diese Männer …«, er wies auf die beiden Husaren, die das Essen in sich hineinstopften, als hätten sie einen ganzen Monat lang nichts zwischen die Zähne bekommen, »… haben für Frankreich gekämpft. Sie haben geblutet, sie litten Hunger, Durst und Verbrennungen, und als sie heimkehrten, was fanden sie vor? Einen fetten König auf einem fetten Thron und reiche Leute in Kutschwagen, während sie gar nichts haben. Nichts!«
»Also lassen Sie sie andere Leute berauben?«
»Ihr Engländer hat ihnen das Gold geraubt«, erwiderte Lorcet. »Ich bin nur hier, um es seinen rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben.« Er drehte den Kopf und schielte zum Fenster. »Schneit es noch immer?«
»Heftiger denn je«, sagte Lucille.
»Dann sollten Sie beten, dass Ihr Engländer in keiner Schneewehe stecken bleibt.«
Lucille lächelte. »An Ihrer Stelle, Maître«, sagte sie und benutzte seine offizielle Anrede zum ersten Mal, »würde ich beten, dass er stecken bleibt.« Lorcet sah sie verwundert an, und Lucille erklärte: »Wenn er im Schnee stecken bleibt, kommt er vielleicht nicht hierher zurück. Und dann überleben Sie vielleicht.«
»Was machen Sie uns Angst«, sagte Sergent Challon höhnisch.
»Sie haben nur drei Mann mit ihm fortgeschickt«, sagte Lucille gelassen und bekreuzigte sich. »Ich bete für ihre Seelen. Aber keine Sorge, Sergent. Major Sharpe kehrt zurück.« Ein Windstoß ratterte an der Tür, und Challon fuhr herum. Seine Hand zuckte zu Sharpes Gewehr, das er als persönliche Beute an sich genommen hatte. Lucille schien sein Schreck zu belustigen. Sie nahm Nähzeug in die Hand. »Mein Rifleman kommt wieder, Sergent«, sagte sie. »Ich
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