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Sharpes Lösegeld

Sharpes Lösegeld

Titel: Sharpes Lösegeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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zurückkommt?«
    Der Anwalt fuhr sich mit dem Finger über die Kehle. »Wir haben keine andere Wahl. Ich verabscheue Gewalt, aber wenn wir Sharpe und die Frauen am Leben lassen, zeigen sie uns nur bei den Gendarmen an. Und Commandant Ducos’ Testament begründet schließlich kaum einen klaren Anspruch auf das Gold, nicht wahr? Die Regierung würde es uns abnehmen. Nein, wir müssen sicherstellen, dass Major Sharpe und die Frauen nicht reden.«
    »Wenn die Frau also sowieso stirbt«, sagte Challon, »spielt es dann eine Rolle, wann? Oder was vorher mit ihr passiert?«
    Lorcet runzelte die Stirn. »Ich finde dieses Ansinnen geschmacklos, Sergent.«
    Challon lachte. »Sie können denken, was Sie wollen, Maître, aber Sie und ich haben noch etwas im Raum stehen.« Er schob den Stuhl zurück.
    »Sergent!«, fuhr Lorcet ihn an und blickte in die geschwärzte Mündung von Challons Pistole.
    »Immer schön vorsichtig, Maître«, sagte der Sergent. »Sie haben uns zu dem Gold geführt, und Sie sagen, dass Sie uns gut bezahlen. Aber was soll uns davon abhalten, uns alles zu nehmen?«
    Lorcet gab keine Antwort. Challon steckte die Pistole weg, lächelte ihn an und verließ den Raum. Seine Stiefel dröhnten auf den Holzstufen. Er sah Kerzenschein aus einem Zimmer am Ende des oberen Korridors und schob sich durch die Tür. Lucille und Marie schaukelten das Kleinkind in einer Wiege am Fußende des Bettes. Challon deutete auf Marie. »Du – nach unten!«
    »Nein, Monsieur«, entgegnete Marie und keuchte, als der Sergent sie bei ihrem Kleid packte, grob zur Tür zerrte und mit einem Tritt hinaus auf den Korridor schleuderte.
    »Nach unten!«, wiederholte er verächtlich, knallte die Tür zu und wandte sich Lucille zu. »Madame«, sagte er, »Sie stehen vor dem Eintritt ins Paradies.«
    Doch ehe Challon näher an sie herantreten konnte, waren im Gang eilige Schritte zu hören, und der Mann, der vom Turm aus Wache gehalten hatte, kam ins Schlafzimmer gestürmt. Auf seinem Mantel lag Schnee, und in seinem Gesicht stand der Schreck. »Sergent!«
    »Was ist denn?«
    »Leute! Scharen von Leuten! Sie kommen hierher!«
    Challon fluchte und eilte hinter dem Mann her. Sie mussten hinaus auf den Hof, auf dem bereits zwei Fingerbreit hoher Schnee lag, in den Turm am Tor, die Treppe hoch und durch die Falltür auf die alte Wehrplattform, von der man auf die Brücke über den Graben blickte. Challon sah eine Menschenmenge, die langsam den Hang herunter zum Château kam.
    »Was in Gottes Namen ist das?«, fragte er, denn der Mann an der Spitze der Prozession war ein Priester in vollem Ornat. Hinter ihm ging ein Mann mit Kapuze, der ein silbernes Kruzifix an einer langen Stange trug. Der Priester machte keinerlei Versuch, die Brücke zu überqueren und am großen Tor Einlass zu begehren, sondern stellte seine Kirchenkinder längs der Straße auf, die vor dem Château dem Graben folgte. »Bleib hier«, befahl Challon dem Posten, dann ging er in die Küche zurück, zerrte Lorcet von den Kontobüchern weg und brachte ihn in den vorderen Salon, von wo er den Priester und seine Gemeinde auf der anderen Seite des Grabens sehen konnte.
    »Was machen die denn?«, fragte Lorcet.
    »Woher soll ich das wissen?«, erwiderte Challon. Er hielt noch immer Sharpes Gewehr, aber was sollte er tun? Den Priester erschießen?
    »Fangen die etwa an zu singen?«, fragte der Anwalt ungläubig, denn der Pater hatte sich seinen Schäfchen zugewandt, hob die Hände und ließ sie nun sinken. Und tatsächlich, die Menge stimmte ein Lied an.
    Im fallenden Schnee sangen die Leute Weihnachtslieder. Sie sangen all die schönen alten Choräle über die Ankunft Christi, die Lieder über einen Säugling und einen Stern, über eine Krippe und Schafhirten, über jungfräuliche Geburt und das Schlagen von Engelschwingen im Winterhimmel über Bethlehem. Sie sangen von Weisen aus dem Morgenland und von Gold, von Frieden auf Erden und Freude in den Himmeln. Sie sangen von Herzen, als könnte der Schall ihrer Stimmen die bittere Kälte des schwindenden Nachmittags fernhalten.
    Lucille war aus dem Schlafzimmer heruntergekommen. »Gleich«, sagte sie, »werden sie um Einlass bitten, und ich muss sie mit Wein und Essen bewirten.«
    »Sie können nicht herein!«, fuhr Lorcet sie an.
    »Wie wollen Sie die Leute denn aufhalten?«, erwiderte Lucille, während sie Patricks Wäsche auf dem Tisch des Salons zusammenlegte. »Sie wissen, dass wir hier sind. Aus unseren Fenstern scheint

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