Sharpes Trafalgar
entfernt, in dem es alle Utensilien für die Reise zu kaufen gab, und dieses zweite Geschäft verkaufte seine begehrten Güter zu fast den doppelten Preisen, die Nana Rao verlangt hatte.
Richard Sharpe kaufte nichts von dem zweiten Geschäft. Er war fünf Monate in Bombay gewesen, viele Wochen davon mit Schüttelfrost im Fieber im Hospital, doch als sich das Fieber gelegt hatte und während der Wartezeit auf den jährlichen Schiffskonvoi hatte er die Stadt erkundet, von den Villen der Reichen in Malabar Hills bis zu den verpesteten Gassen im Hafenviertel.
In diesen Gassen hatte er Gesellschaft gefunden, und es war einer dieser Bekannten gewesen, der ihm für eine Guinee eine Information gegeben hatte, die er für weitaus wertvoller hielt. Deshalb hielt er sich bei Einbruch der Nacht in einer Gasse am östlichen Rand der Stadt auf. Er trug seine Uniform, doch darüber einen weiten Mantel aus billigem Sackleinen, der fleckig und an einigen Stellen mit Schlamm bedeckt war. Er humpelte und schlurfte vornübergebeugt und hatte eine Hand ausgestreckt, als bettele er. Er murmelte vor sich hin, und manchmal fuhr er herum und knurrte etwas, als schnauze er unsichtbare Leute an. Niemand schenkte dem »irren Bettler« Aufmerksamkeit.
Er fand das Haus, das er suchte, und kauerte sich an die Wand. Eine Schar Bettler, einige schrecklich verstümmelt, war mit fast hundert Bittstellern, die auf den Hausbesitzer warteten, am Tor des Hauses versammelt. Es war ein reicher Händler, der nach Einbruch der Dunkelheit in einer Sänfte eintraf, die von acht Männern getragen wurde, während weitere Männer, fast ein Dutzend, die Bettler mit langen Stöcken aus dem Weg prügelten. Als die Sänfte des Händlers im Hof war, wurden die Tore jedoch offen gelassen, sodass die Bittsteller und Bettler folgen konnten. Die Bettler, Sharpe unter ihnen, wurden zu einer Seite des Hofes geschoben, während sich die Bittsteller am Fuß der breiten Treppe versammelten, die zur Haustür führte. Laternen hingen in den Kokospalmen im Hof, und aus den mit Filigranarbeiten verzierten Fensterläden des großen Hauses schimmerte gelbes Kerzenlicht.
Sharpe schob sich so nahe ans Haus, wie er konnte, und blieb im Schatten der Palmenstämme. Unter dem verschmutzten Mantel trug er seinen Kavalleriesäbel und eine geladene Pistole, hoffte jedoch, dass er keine der Waffen zu benutzen brauchen würde.
Der Händler hieß Panjit, und er ließ die Bittsteller und Bettler warten, bis er seine Abendmahlzeit verzehrt hatte. Dann wurde die Haustür geöffnet, und Panjit, prächtig gekleidet in einem langen Gewand aus bestickter gelber Seide, erschien auf der obersten Treppenstufe. Die Bittsteller riefen laut, während die Bettler aufs Haus zuschlurften, bis sie von den Leibwächtern mit den Stöcken zurückgetrieben wurden.
Der Händler lächelte und läutete eine kleine Handglocke, um die Aufmerksamkeit eines grell bemalten Gottes zu gewinnen, der in einer Nische an der Wand im Hof saß. Panjit verneigte sich vor dem Gott, und ein zweiter Mann in einem roten Seidengewand tauchte in der Haustür auf.
Dieser zweite Mann war Nana Rao. Er lächelte breit und war - kein Wunder - vom Feuer verschont geblieben. Sharpes Guinee hatte herausgefunden, dass er der Cousin von Panjit war, dem Händler, der so gewaltig als Besitzer des zweiten Lagerhauses vom katastrophalen Brand bei Nana Rao profitiert hatte. Es war ein raffinierter Betrug, der es den Cousins erlaubt hatte, dieselben Güter zweimal zu verkaufen, und heute Abend, nach ihrem großen Profit, wählten sie die Männer aus, die den lukrativen Job erhielten, die Passagiere und ihren Besitz zu den großen Schiffen hinaus zu rudern, die vor dem Hafen vor Anker lagen. Diese ausgewählten Männer würden für das Privileg zahlen und somit Panjit und Nana Rao noch mehr bereichern, und die beiden Cousins, die um ihr Glück wussten, wollten den Göttern danken, indem sie einige kleine Münzen an die Bettler verteilten.
Sharpe nahm an, dass er, als demütiger Bettler getarnt, zu Nana Rao vordringen konnte. Dann würde er den dreckigen Mantel abwerfen und von dem Mann sein Geld zurückverlangen. Die kräftigen Leibwächter am Fuß der Treppe ließen darauf schließen, dass sein dürftiger Plan sich als komplizierter erweisen würde, als er gedacht hatte, doch Sharpe hoffte, dass Nana Rao alles daransetzen würde, dass sein Betrug nicht publik gemacht und er deshalb froh sein würde, ihn ausbezahlen zu können.
Sharpe war jetzt
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