Sharpes Zorn (German Edition)
die Alliierten vorhatten. General Lapena und General Graham würden mit ihren Truppen nach Süden segeln, nicht weit von Gibraltar landen und dann nach Norden marschieren, um die französischen Belagerungsanlagen anzugreifen, und Victor hatte nicht die geringste Absicht, sich von irgendwem in den Rücken fallen zu lassen. Also führte er den größten Teil seiner Armee nach Süden und suchte sich einen geeigneten Ort, um die Briten und Spanier abzufangen. Genau wie die Briten ließ auch er nur ein paar Mann zurück, um die eigenen Batterien zu verteidigen. Cadiz wartete.
Der Wind drehte auf Nord und kühlte ab. Der Schiffsverkehr in der Bucht von Cadiz war so gut wie zum Erliegen gekommen, mit Ausnahme von ein paar kleinen Fischerbooten und den Gefängnisschiffen ohne Masten. Dann und wann feuerten die französischen Forts auf der Halbinsel von Trocadero noch eine Mörsergranate ab, doch ohne Maréchal Victor in der Garnison schienen die Kanoniere ihren Enthusiasmus verloren zu haben.
Der Wind wehte stur weiter aus Richtung Norden, sodass kein Schiff nach Lissabon ablegen konnte, und Sharpe, der wieder auf die Isla de León zurückkehrt war, wartete wie alle anderen auch.
Eine Woche, nachdem das letzte alliierte Schiff losgesegelt war, lieh Sharpe sich zwei Pferde aus dem Stall von Sir Thomas Graham und ritt nach Süden an der Küste der Insel entlang, wo die See an dem endlosen Sand schäumte. Er war zu einem Ritt bis zum Ende des Strands eingeladen worden, und Caterina begleitete ihn. »Drück die Fersen runter«, erklärte sie ihm. »Drück die Fersen runter, und mach den Rücken gerade. Du reitest wie ein Bauer.«
»Ich bin ein Bauer. Und ich hasse Pferde.«
»Ich liebe sie«, sagte Caterina. Sie ritt wie ein Mann und so, wie man es ihr in Spanisch-Amerika beigebracht hatte. »Ich hasse Damensättel«, bemerkte sie. Sie trug eine Hose, ein Jackett und einen breitkrempigen Hut, der von einem Schal gehalten wurde. »Ich kann die Sonne nicht ertragen«, sagte sie. »Sie macht die Haut zu Leder. Du solltest mal die Frauen in Florida sehen! Sie sehen wie Alligatoren aus. Würde ich keinen Hut tragen, hätte ich ein Gesicht wie du.«
»Willst du damit sagen, dass ich hässlich bin?«
Caterina lachte, gab dem Pferd die Sporen und galoppierte an den Rand des Wassers. Die Hufe wirbelten das Wasser auf, wo die Wellen den Strand berührten. Dann ritt Caterina mit leuchtenden Augen wieder zu Sharpe zurück. Sie war am Tag zuvor in San Fernando eingetroffen. Sie war in einer Kutsche gekommen, die sie in einem Stall unmittelbar vor der Stadt gemietet hatte, nicht weit entfernt vom Königlichen Observatorium, und der Kutsche waren drei Packpferde mit Caterinas Kleidern, Kosmetika und Perücken gefolgt. Caterina hatte Sharpe mit einem schüchternen Kuss begrüßt und dann auf den Kutscher und die Pferdeführer gedeutet. »Die müssen noch bezahlt werden«, hatte sie fröhlich erklärt und war in das Haus gegangen, das Sharpe gemietet hatte. Nun, da die Armee fort war, standen viele Häuser leer. Sharpe hatte die Männer bezahlt und dann reumütig auf die wenigen Münzen geschaut, die ihm geblieben waren.
»Ist der Botschafter unglücklich wegen dir?«, hatte Sharpe Caterina gefragt, nachdem er zu ihr ins Haus gegangen war.
»Henry ist sehr still. Er ist immer sehr still, wenn er unglücklich ist. Aber ich habe ihm gesagt, ich hätte Angst, in Cadiz zu bleiben. Das ist ja ein süßes Haus!«
»Henry wollte, dass du bleibst?«
»Natürlich wollte er, dass ich bleibe, aber ich bin hart geblieben.«
»Und Lord Pumphrey?«
»Er hat gesagt, er würde mir das Geld bringen.« Caterina hatte Sharpe ein bezauberndes Lächeln geschenkt. »Zwölfhundert Guineas!«
Sergeant Harper hatte Caterinas Ankunft mit ausdruckslosem Gesicht verfolgt.
»Sie wird eine Weile bei uns bleiben«, hatte Sharpe ihm erklärt.
»Was für eine Überraschung, Sir.«
»Und wenn dieser verdammte Priester auftauchen sollte, bring ihn um.«
Sharpe bezweifelte jedoch, dass Montseny sich auch nur in die Nähe der Isla de León wagen würde. Der Priester war geschlagen, und wenn der Mann auch nur einen Funken Verstand besaß, dann würde er den Kampf jetzt aufgeben. Die größte Hoffnung seiner Fraktion war nun ein Sieg Maréchal Victors über die alliierten Truppen, denn dann würde auch Cadiz fallen, und die Politiker in den Mauern der Stadt würden Frieden schließen wollen.
Doch darüber sollten sich andere den Kopf zerbrechen. Sharpe ritt einen
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