Sharpes Zorn (German Edition)
langen Strand entlang. Im Osten lagen Sanddünen und jenseits davon die Marschen. Westlich von ihm war der Atlantik, und im Süden, wo der Strand bis zu einer Flussmündung reichte, waren spanische Soldaten in ihren himmelblauen Uniformen zu sehen. Von jenseits der Marschen hallte das Grollen von Geschützen herüber. Das waren die französischen Kanonen, die die britischen Batterien am Rand der Isla de León unter Beschuss nahmen. Das Geräusch erinnerte an Donner in der Ferne.
»Du siehst glücklich aus«, bemerkte Caterina.
»Das bin ich auch.«
»Warum?«
»Weil es hier sauber ist«, antwortete Sharpe. »Ich mag Cadiz nicht. Es gibt dort einfach viel zu viele schmale Gassen, viel zu viel Dunkelheit und viel zu viel Verrat.«
»Der arme Captain Sharpe«, verspottete Caterina ihn mit einem strahlenden Lächeln. »Magst du keine Städte?«
»Ich mag keine Politiker. All diese Advokaten, die Bestechungsgelder einstreichen und pompöse Reden schwingen.«
Zwei Feluken lagen in der Flussmündung vor Anker, und Beiboote transportierten Soldaten auf den Strand dahinter. Die Feluken waren bis zum Dollbord voll mit Balken, Ankern, Ketten und Planken, einfach mit allem, was man brauchte, um eine Brücke zu bauen. Echte Pontons hatten sie nicht, aber die Beiboote würden es auch tun. Die so entstehende Brücke würde zwar schmal sein, aber auch sicher – zumindest, wenn sie gut verankert war.
Capitán Galiana gehörte zu den Offizieren. Es war auch Galiana gewesen, der Sharpe auf den Strand eingeladen hatte, und nun ritt er dem Rifleman entgegen. »Wie geht es Ihrem Kopf, Captain?«
»Schon besser. Er schmerzt lange nicht mehr so sehr, wie er es einmal getan hat. Der Essig wirkt. Darf ich Ihnen Señorita Caterina Blazquez vorstellen? Capitán Fernando Galiana.«
Falls Galiana überrascht war, eine junge Frau ohne Gouvernante zu sehen, dann ließ er sich das zumindest nicht anmerken. Stattdessen verneigte er sich und lächelte Caterina zur Begrüßung an. »Was wir da tun«, sagte er als Antwort auf ihre erste Frage, »ist, eine Brücke zu bauen und sie am anderen Ufer mit einem Fort zu schützen.«
»Warum?«, fragte Caterina.
»Falls es General Lapena und Sir Thomas nicht gelingen sollte, die französischen Belagerungsschanzen zu erreichen, Señorita, dann benötigen sie die Brücke, um wieder in die Stadt zu gelangen. Ich vertraue zwar darauf, dass wir die Brücke nicht brauchen werden, aber General Lapena hielt es für besser, sie zu bauen.« Galiana warf Sharpe einen reumütigen Blick zu, als verabscheue er solch eine Maßnahme als Defätismus.
Caterina dachte über Galianas Antwort nach. »Aber wenn Sie eine Brücke bauen können, Capitán«, fragte sie, »warum ist die Armee dann auf Schiffen nach Süden gefahren? Warum sind sie nicht einfach hier übergesetzt und haben die Franzosen direkt angegriffen?«
»Weil dort drüben nicht genug Platz zum Kämpfen ist, Señorita. Wenn sie die Brücke überqueren, haben sie vor sich nur offenen Strand und links die kleine Bucht einer Flussmündung. Die Franzosen würden uns am Strand festnageln. Es wäre ein Gemetzel.«
»Sie sind nach Süden gesegelt«, erklärte Sharpe, »um landeinwärts zu marschieren und den Franzosen in den Rücken zu fallen.«
»Und du wünschst dir, du wärst an ihrer Seite?«, fragte Caterina Sharpe. Sie hatte ihm den Neid auf seine Kameraden deutlich angehört.
»Ja«, antwortete er dann auch.
»Für mich gilt das Gleiche«, warf Galiana ein.
»Es gibt da ein Regiment in der französischen Armee«, sagte Sharpe, »mit dem ich noch ein Hühnchen zu rupfen habe. Das 8. Linienregiment. Ich will sie unbedingt wiedersehen.«
»Vielleicht werden Sie das ja noch«, sagte Galiana.
»Nein, dafür bin ich am falschen Ort«, erwiderte Sharpe enttäuscht.
»Aber die Armee wird von dort aus vorrücken«, Galiana deutete landeinwärts, »und die Franzosen werden ihr entgegenmarschieren, und ich glaube, ein entschlossener Mann könnte um die französische Armee herumreiten und sich unseren Truppen anschließen. Oder sagen wir besser: ein entschlossener Mann, der sich im Land auskennt.«
»Das wären dann Sie«, sagte Sharpe, »nicht ich.«
»Ja, ich kenne das Land«, erklärte Galiana, »aber wer auch immer das Fort hier befehligt, wird den Befehl haben, niemanden ohne Passierschein über die Brücke zu lassen, egal ob Soldat oder nicht.« Er hielt kurz inne und schaute zu Sharpe. »Oder zumindest gilt das für Spanier. Engländer wird man
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