Sharpes Zorn (German Edition)
machen wir in Cadiz, Sir?«
Sharpe zuckte mit den Schultern. »Wir werden uns ein Schiff nach Lissabon besorgen. Da muss es doch Dutzende geben.« Er drehte sich um, als zwei Salven über das Wasser halten, doch es war nichts zu sehen. Die Blitze in der Ferne waren bereits verloschen, und beim Aufschlag eines Mörsergeschosses gab es keinen Blitz. Hier und da war Laternenlicht an den weißen Mauern der Stadt zu sehen, doch ansonsten war die Küste dunkel. Schwarzes Wasser schwappte an den Rumpf der Fregatte, und die Segel zitterten in der leichten Brise.
Bei Sonnenaufgang hatte der Wind wieder aufgefrischt, und die Thornside war in Richtung Südwesten ausgerichtet, zur Bucht von Cadiz. Die Stadt war inzwischen näher gekommen, und Sharpe konnte die massiven grauen Mauern sehen, über denen die weißen Häuser funkelten. Rauch trieb zwischen Wach-und Glockentürmen hindurch. Lichter blitzten an den Türmen auf, und zunächst verwirrte das Sharpe, doch dann erkannte er, dass sich die Sonne auf den Fernrohren spiegelte, die das Näherkommen der Thornside beobachteten. Ein Lotsenboot kreuzte den Kurs der Fregatte, doch Pullifer hatte die gefährlichen Gewässer schon oft genug befahren, sodass er keinen Lotsen brauchte. Seemöwen kreisten um die Masten der Fregatte, als das Schiff um den Felsen von Diamante und dann in die Bucht von Cadiz einbog. Die Thornside wendete direkt nach Süden. Eine Menschenmenge auf der Seemauer beobachtete sie dabei. Nun war auch zu erkennen, dass der Rauch nicht nur von Herdfeuern stammte, sondern größtenteils von dem Handelsschiff, das im Hafenbecken brannte. Es war die Santa Catalina , die bis unters Deck mit Tabak und Zucker beladen war. Eine französische Mörsergranate war genau zwischen Besan- und Hauptmast heruntergekommen, hatte die Luke durchschlagen und war ein paar Fuß unter Deck explodiert. Die Mannschaft hatte eine Pumpe aufgebaut und versuchte das Feuer zu löschen. Zwar schien es ihnen gelungen zu sein, die offenen Flammen zu ersticken, doch irgendwo hatte es noch weitergeglüht. So hatte sich das Feuer insgeheim weiter ausgebreitet, sein Rauch verborgen im Dampf der Pumpe, und schließlich hatten neue Flammen das Deck genau achtern hinter dem Hauptmast durchbrochen.
Der Rest des Hafens von Cadiz schien sich jedoch nicht an dem brennenden Schiff zu stören. Alles war ruhig. Eine ganze Flotte britischer Kriegsschiffe lag im Süden, und Pullifer befahl, einen Salut für den Admiral zu schießen. Nun schossen die französischen Mörser auf die Thornside , doch die riesigen Geschosse fielen harmlos ins Meer. In den Marschen des Festlandes gab es drei französische Forts, und alle waren sie in der Lage, die Seemauer von Cadiz zu erreichen, das wie eine geballte Faust auf seinem Isthmus kauerte und die Bucht beschützte. Lieutenant Theobald, der Zweite Offizier der Thornside , war mit einem Sextanten beschäftigt, doch anstatt ihn vertikal zu halten, wie man es tun musste, wenn man sich an der Sonne oder den Sternen orientieren wollte, hielt er ihn waagerecht. Schließlich nahm er den Sextanten wieder herunter, runzelte die Stirn und bewegte die Lippen, als wolle er etwas sagen. Dann ging er zu Sharpe und Harper, die mittschiffs an der Reling lehnten. »Von dem brennenden Schiff bis zum Fort«, verkündete Theobald, »sind es 3640 Yards.«
»Verdammte Scheiße«, fluchte Sharpe beeindruckt. Wenn der Lieutenant recht hatte, dann war die Mörsergranate mehr als zwei Meilen weit geflogen.
»Für die letzten vierzig Yards würde ich meine Hand allerdings nicht ins Feuer legen«, sagte Theobald.
Auf der Halbinsel von Trocadero feuerte ein weiterer Mörser. Das Geschoss verschwand in den niedrigen Wolken, während der Mündungsrauch über dem Fort hing, das als niedrige, dunkle Masse auf dem Festland zu erkennen war. Dann spritzte Wasser nicht weit vom Stadtufer auf. »Das war sogar noch weiter!«, sagte Theobald erstaunt. »Das müssen fast 3700 Yards gewesen sein!« Das war tausend Yards weiter, als ein britischer Mörser feuern konnte. »Und die Granaten sind riesig! Ein paar Fuß Durchmesser!«
Sharpe dachte laut darüber nach. »Der größte französische Mörser, den ich je gesehen habe«, sagte er, »war ein Zwölfzöller.«
»Und der war schon groß genug«, warf Harper ein.
»Sie haben die Dinger extra in Sevilla gießen lassen«, erklärte Theobald. »Zumindest haben uns das Gefangene erzählt. In jedem Fall sind es Bastarde. Sie brauchen mindestens zwanzig Pfund
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