Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sharpes Zorn (German Edition)

Sharpes Zorn (German Edition)

Titel: Sharpes Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
was auch immer es war, es ließ ihn wieder einschlafen und träumen, und als er wieder aufwachte, war es bereits Nacht, und eine Laterne draußen im Gang vor der winzigen Kabine schwang mit der Bewegung des Schiffes, sodass die Schatten über Decke und Wände tanzten und Sharpe ganz benommen machten.
    Sharpe schlief wieder ein. Halb war er sich der Schiffsgeräusche bewusst, der Schritte der nackten Füße auf dem Deck oben, des Knarrens von tausend Planken, dem Rauschen des Wassers und dazwischen dem Läuten einer Glocke. Kurz nach Sonnenaufgang wachte er wieder auf und stellte fest, dass sein Kopf in einen dicken Verband gehüllt war. Er hatte noch immer Schmerzen im Schädel, doch sie waren bei Weitem nicht mehr so stark. Sharpe schwang die Füße aus der Koje, und sofort wurde ihm schwindlig. Er saß auf dem Rand der Koje und hielt den Kopf in den Händen. Am liebsten hätte er sich übergeben, doch außer Galle hatte er nichts mehr im Bauch. Seine Stiefel standen auf dem Boden, während seine Uniform, sein Gewehr und sein Säbel an einem hölzernen Haken neben der Tür hingen. Er schloss die Augen. Er erinnerte sich daran, wie Colonel Vandal geschossen hatte, und an Jack Bullen – der arme Jack Bullen …
    Die Tür wurde geöffnet. »Was zum Teufel machen Sie da?«, verlangte Harper fröhlich zu wissen.
    »Ich will auf Deck.«
    »Der Arzt sagt, Sie müssen sich ausruhen.«
    Sharpe erklärte Harper, wo der Arzt sich das hinstecken könne. »Hilf mir, mich anzuziehen«, sagte er. Er kümmerte sich nicht um Stiefel und Säbel, sondern zog sich einfach seine französische Kavalleriehose und seinen zerschlissenen grünen Rock über. Dann hielt er sich an Harpers starkem Arm fest, und gemeinsam verließen sie die Kabine. Der Sergeant schleppte Sharpe eine steile Leiter zum Deck der Fregatte hinauf, wo Sharpe sich an die Reling klammerte.
    Der kräftige frische Wind fühlte sich gut an. Sharpe sah, dass die Fregatte gerade an einer flachen, farblosen Küste voller Wachtürme vorbeifuhr. »Ich werde Ihnen einen Stuhl besorgen, Sir«, sagte Harper.
    »Ich brauche keinen Stuhl«, erklärte Sharpe. »Wo sind die Männer?«
    »Wir haben es uns vorne gemütlich gemacht, Sir.«
    »Sie sind unangemessen gekleidet, Sharpe«, unterbrach sie eine Stimme. Sharpe drehte sich um und sah Brigadier Moon neben dem Steuerrad der Fregatte thronen. Er saß auf einem Stuhl und hatte das geschiente Bein auf eine Kanone gelegt. »Sie haben keine Stiefel an«, bemerkte der Brigadier.
    »Auf Deck läuft man besser barfuß«, mischte sich eine weitere Stimme fröhlich ein. »Aber was machen Sie überhaupt hier? Ich habe doch Befehl gegeben, dass Sie unten bleiben sollen.« Ein untersetzter, gut gelaunter Mann in Zivil lächelte Sharpe an. »Mein Name ist Jethro McCann. Ich bin der Arzt auf diesem Kahn«, stellte er sich vor und hob die Faust. »Wie viele Finger sehen Sie?«
    »Keinen.«
    »Und jetzt?«
    »Zwei.«
    »Der Sweeps kann lesen«, sagte McCann. »Ich bin beeindruckt.«
    »Sweeps« war der Spitzname für die Riflemen. Sie hatten ihn ihren dunkelgrünen Uniformen zu verdanken, die oft so schwarz aussahen wie die Kleidung eines »Chimneysweeps«, eines Schornsteinfegers.
    »Können Sie gehen?«, fragte McCann. Sharpe schaffte ein paar Schritte, bevor der Wind die Fregatte schwanken ließ und er wieder gegen die Reling fiel. »Das war schon mal nicht schlecht«, sagte McCann. »Haben Sie Schmerzen?«
    »Ich fühle mich schon besser«, log Sharpe.
    »Sie haben verdammtes Glück gehabt, Mister Sharpe, verteufeltes Glück sogar – bitte, verzeihen Sie meine Ausdrucksweise. Sie sind von einer Musketenkugel getroffen worden. Es war nur ein Streifschuss – deshalb sind Sie noch hier –, aber das Geschoss hat ein Stück ihres Schädels eingedrückt. Ich habe das Stück herausgefischt und wieder eingesetzt.« McCann grinste stolz.
    »Es herausgefischt?«, fragte Sharpe.
    »Oh, das ist nicht schwer«, erklärte der Arzt gut gelaunt, »nicht schwerer jedenfalls als das Schäften eines Splitters.« In Wahrheit war es furchtbar schwer gewesen. Es hatte den Arzt über anderthalb Stunden Arbeit in schlechtem Laternenlicht gekostet, bis er den Knochensplitter mit der Pinzette gepackt hatte. Seine Finger waren vor lauter Blut und Schleim immer wieder abgerutscht, und er hatte schon geglaubt, er würde den Splitter nie herausbekommen, ohne das Gehirn zu verletzen. Doch zu guter Letzt war es ihm dann doch gelungen, das Knochenstück wieder an seinen

Weitere Kostenlose Bücher