Sharpes Zorn (German Edition)
Thomas.«
»Sir Thomas?«
»Sir Thomas Graham. Er ist der Oberkommandierende hier. Er ist ganz verrückt nach Kricket. Kricket und Jagen. Natürlich gibt es hier keine Füchse, also jagen sie stattdessen streunende Hunde. Das machen sie zwischen den Linien, und die Franzosen sind klug genug, sich da nicht einzumischen. Ich nehme an, Sie brauchen auch noch Platz für Ihren Burschen?«
Sharpe hatte nie einen Burschen gehabt, doch er kam zu dem Schluss, dass nun der Moment gekommen war, sich einen zu gönnen. »Harris!«
»Sir?«
»Du bist jetzt mein Bursche.«
»Oh, welche Freude, Sir.«
»San Fernando ist im Winter eigentlich ganz nett«, sagte der Major. »Im Sommer wimmelt es hier nur so von verdammten Mücken, doch um diese Jahreszeit ist das kein Problem. Sie haben auch jede Menge Gasthäuser und ein paar gute Bordelle. Man kann den Krieg an wahrlich schlechteren Orten verbringen.«
Der Wind drehte nicht in dieser Nacht und auch nicht in der nächsten. Sharpe gab seinen und Sergeant Noolans Männern einen Tag frei, um sich um ihre Ausrüstung zu kümmern. Sie wuschen und reparierten ihre Uniformen und Waffen, und jeden Augenblick des Tages betete Sharpe, dass der Wind auf Süd oder Ost drehen würde. Er fand auch einen Regimentsarzt, der sich seine Wunde ansah und rasch entschied, dass weitere Untersuchungen ihm eher schaden denn helfen würden. »Wenn dieser Navyarzt den Knochen wieder an seinen Platz zurückgebracht hat«, erklärte der Mann, »dann hat er alles getan, wozu die moderne Medizin in der Lage ist. Aber achten Sie darauf, dass der Verband stets stramm sitzt, Captain. Halten Sie ihn feucht, beten Sie, und trinken Sie Rum gegen die Schmerzen.«
Major Duncan, mit dem Sharpe sich das Quartier teilte, erwies sich als leutseliger Schotte. Er sagte, mindestens ein halbes Dutzend Schiffe warte darauf, endlich nach Lissabon segeln zu können. »In vier, fünf Tagen werden Sie also wieder zu Hause sein«, fuhr er fort, »sobald der Wind sich dreht.« Duncan hatte Sharpe in den nächstgelegenen Gasthof eingeladen. Das Essen sei recht gut, hatte er gesagt und Sharpes wiederholte Erklärungen ignoriert, er habe kein Geld. »Die Dons essen verdammt spät«, erklärte Duncan. »Also sind wir gezwungen zu trinken, bis der Koch aufwacht. Das Leben ist hart.« Er bestellte einen Krug Rotwein, und kaum stand der Wein auf dem Tisch, da erschien ein schlanker, junger Offizier in Kavallerieuniform in der Tavernentür.
»Willie!«, begrüßte Duncan den Kavalleristen mit offensichtlicher Freude. »Trinken Sie was mit uns?«
»Ich suche nach einem Captain Richard Sharpe, und ich nehme an, das sind Sie, Sir.« Er lächelte Sharpe an und streckte die Hand aus. »Willie Russell, Adjutant von Sir Thomas.«
»Lord William Russell«, sagte Duncan.
»Willie reicht«, erklärte Lord William rasch. »Und? Sind Sie Captain Sharpe? Falls ja, Sir, dann hat man Sie einbestellt. Ich habe ein Pferd für Sie. Wir müssen reiten wie der Wind.«
»Einbestellt? Wohin?«
»In die Botschaft, Captain! Um den allmächtigen Minister seiner Majestät und außerordentlichen Botschafter am spanischen Hof kennenzulernen. Oh, mein Gott! Was ist das denn für ein Fusel?« Er hatte einen Schluck von Duncans Wein probiert. »Hat da wer reingepisst? Sind Sie bereit, Sharpe?«
»Man will mich in der Botschaft sehen?«, fragte Sharpe verwirrt.
»In der Tat, und wir sind spät dran. Das ist jetzt schon der dritte Gasthof, in dem ich Sie suche, und in jedem musste ich ja auch was trinken. Noblesse oblige – Sie wissen schon.« Er zerrte Sharpe zur Tür hinaus. »Ich muss sagen, es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen.« Das war sehr großmütig, und Lord William bemerkte Sharpes Unglauben. »Nein, wirklich! Ich war in Talavera. Mich hat man da oben aufgeschlitzt, aber Sie haben einen Adler erobert! Das war wirklich mal ein Tritt in Boneys Arsch! So, da wären wir. Ihr Pferd.«
»Muss ich wirklich da hin?«, fragte Sharpe.
Lord William Russell schaute kurz nachdenklich drein. »Ich denke schon«, antwortete er ernst. »Außerordentliche Botschafter und allmächtige Minister bestellen einen einfachen Captain nicht alle Tage ein. Außerdem ist er gar nicht mal so ein übler Kerl für einen Botschafter. Können Sie reiten?«
»Schlecht.«
»Wie geht es Ihrem Schädel?«
»Er tut weh.«
»Ja, das ist wohl so. Ich bin einmal vom Pferd gefallen und habe mir den Kopf an einem Baumstumpf angeschlagen. Ich konnte einen Monat lang nicht mehr
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