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Sharpes Zorn (German Edition)

Sharpes Zorn (German Edition)

Titel: Sharpes Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Henry Paget durchgebrannt, und Wellesley hat die Scheidung durchgesetzt, was hieß, dass er einen entsprechenden Parlamentsbeschluss erwirken musste, und das war eine Menge Arbeit, glauben Sie mir. Und dann ist Wellesley hergekommen und hat dieses verdammt attraktive Mädchen kennengelernt. Er hat geglaubt, sie sei respektabel, doch das war sie ganz und gar nicht, und er hat ihr ein paar Briefe geschrieben. Der arme Henry. Und sie ist ein wirklich hübsches Ding, ungeheuer hübsch sogar! Viel hübscher als Charlotte, die Hure, aber das Ganze war schier unglaublich peinlich, und wir tun alle so, als sei das nie geschehen. Sagen Sie also nichts, Sharpe, absolut gar nichts. Seien Sie der Inbegriff der Diskretion, Sharpe, der Inbegriff der Diskretion.« Er verstummte, denn sie hatten das riesige Tor und die massiven Bastionen im Süden der Stadt erreicht. Wachen waren hier zu sehen, Musketen, Bajonette und Kanonen mit langen Rohren. Lord William musste einen Passierschein vorzeigen, erst dann wurde das Tor geöffnet, und Sharpe ritt durch die Gänge, Tunnel und Bögen der Verteidigungsanlagen, bis er sich in den schmalen Gassen der Hafenstadt wiederfand. Er war nach Cadiz gekommen.
    Zu seiner Überraschung mochte Sharpe Henry Wellesley tatsächlich. Wellesley war ein schlanker Mann Ende dreißig und sah genauso gut aus wie sein Bruder. Allerdings hatte er keine ganz so auffällige Hakennase und sein Kinn war breiter. Auch hatte er nicht die kalte Arroganz von Lord Wellington, stattdessen wirkte er eher bescheiden, ja sogar ein wenig sanft. Er stand, als Sharpe das Speisezimmer der Botschaft betrat, und er schien sich ehrlich zu freuen, den Rifleman zu sehen. »Mein lieber Sharpe«, sagte er, »setzen Sie sich doch. Den Brigadier kennen Sie natürlich, nicht wahr?«
    »In der Tat, Sir.«
    Moon warf Sharpe einen kalten Blick zu und nickte kaum zur Begrüßung.
    »Gestatten Sie mir, Ihnen Sir Thomas Graham vorzustellen«, fuhr Henry Wellesley fort. »Lieutenant General Sir Thomas Graham, der unsere Garnison auf der Isla de León kommandiert.«
    »Es ist mir eine Ehre, Ihre Bekanntschaft zu machen, Sharpe«, sagte Sir Thomas. Er war ein großer, gut gebauter Schotte mit weißem Haar, von der Sonne gegerbtem Gesicht und außergewöhnlich listigem Blick.
    »Und ich glaube, William Pumphrey kennen Sie bereits«, stellte Wellesley den letzten Mann am Tisch vor.
    »Herr im Himmel«, keuchte Sharpe unwillkürlich. Er kannte Lord Pumphrey in der Tat, doch er war überrascht, ihn hier zu sehen. Lord Pumphrey warf Sharpe einen Kuss zu.
    »Bringen Sie unseren Gast nicht in Verlegenheit, Pumps«, tadelte Henry Wellesley ihn, aber es war zu spät: Sharpe war schon verlegen. Lord Pumphrey hatte immer diese Wirkung auf ihn, und das nicht nur auf ihn, sondern auf viele andere Leute auch. Lord Pumphrey arbeitete für das Außenministerium, so viel wusste Sharpe. Er hatte seine Lordschaft in Kopenhagen kennengelernt und ihn dann später im Norden Portugals wiedergesehen, und Pumphrey war so empörend wie eh und je. An diesem Abend trug er einen lilafarbenen Mantel, der mit Silberfäden bestickt war, und auf seinem schmalen Kinn klebte ein schwarzer Schönheitsfleck. »William ist unser Sekretär hier«, erklärte Henry Wellesley.
    »Eigentlich, Richard«, erklärte Lord Pumphrey gelangweilt, »hat man mich hierher beordert, um die Eingeborenen in Staunen zu versetzen.«
    »Und was das betrifft, haben Sie schon große Erfolge erzielt«, sagte Sir Thomas.
    »Sie sind zu freundlich, Sir Thomas«, erwiderte Lord Pumphrey und verneigte sich leicht vor dem Schotten. »Wirklich zu freundlich.«
    Henry Wellesley setzte sich und schob Sharpe ein Tablett herüber. »Probieren Sie mal die Scherenkrabben«, drängte er. »Das ist eine hiesige Delikatesse. Man sammelt sie in den Marschen. Man muss sie aufbrechen und das Fleisch aussaugen.«
    »Tut mir leid, dass ich zu spät gekommen bin, Sir«, sagte Sharpe. Den Trümmern auf dem Tisch nach zu urteilen war das Dinner schon längst vorüber, und ebenso offensichtlich war, dass Henry Wellesley nichts gegessen hatte. Er sah, wie Sharpe auf seinen leeren Teller schaute.
    »Ich muss noch auf einen Empfang, Sharpe«, erklärte der Botschafter, »und die Spanier essen außergewöhnlich spät zu Abend. Zwei Abendessen wären da wohl ein wenig viel. Trotzdem, diese Krabbe führt mich schon in Versuchung.« Er nahm sich eine Schere und brach sie mit einem Nussknacker auf. Sharpe erkannte sofort, dass der

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