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Sharpes Zorn (German Edition)

Sharpes Zorn (German Edition)

Titel: Sharpes Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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wo die Marschen festem Boden wichen, der die dicken Wälle tragen konnte. Jenseits des Flutgrabens des Forts konnte Sharpe den schwachen Lichtschimmer über dem Glacis sehen. Das war ein Fehler der Franzosen. Sharpe nahm an, dass die Wachen Kohlebecken auf den Treppen angezündet hatten, um sich warm zu halten, doch selbst das schwache Licht des Kohlefeuers erschwerte es ihnen, etwas draußen im Dunkeln vor den Wällen zu erkennen. Doch die eigentliche Gefahr waren nicht die Festungswachen, sondern die Wachboote, und Sir Thomas flüsterte, dass sie aufmerksam danach Ausschau halten sollten. »Lauscht auf ihre Riemen«, befahl er.
    Die Franzosen verfügten offenbar über ein Dutzend Wachboote. Sie waren in der Dämmerung gesichtet worden, als sie im flachen Gewässer vor der Halbinsel patrouilliert hatten, doch jetzt war keine Spur von ihnen zu sehen. Entweder waren sie weiter auf Cadiz zu gefahren, oder aber – was wahrscheinlicher war – die Mannschaften hatten sie zum Schutz vor dem kalten Wind tiefer in die Flussmündung gefahren. Sir Thomas nahm außerdem an, dass die Bootsmannschaften nicht aus Seeleuten, sondern aus Soldaten bestanden. »Die Bastarde drücken sich«, flüsterte er.
    Eine Hand berührte Sharpe an der Schulter. »Ich bin’s, Major Gough«, sagte eine Stimme aus der Dunkelheit, »und das ist Ensign Keogh. Bleiben Sie bei ihm, Sharpe, und ich garantiere Ihnen, dass wir nicht auf Sie schießen werden.«
    »Wahrscheinlich«, korrigierte Ensign Keogh seinen Vorgesetzten.
    »Gut, gut – dass wir wahrscheinlich nicht auf Sie schießen werden«, nahm Major Gough die Korrektur an.
    Vor ihnen war nun Licht, genug, um Sharpe sehen zu lassen, dass Ensign Keogh geradezu absurd jung war und ein schmales, eifriges Gesicht hatte. Das Licht stammte von Lagerfeuern, die gut eine Viertelmeile vor ihnen an der Küste brannten. Die fünf Boote bogen in die Flussmündung ein und schoben sich vorsichtig durchs Wasser, um die Schaumkronen zu meiden, die nun überall in dem flachen Kanal zu sehen waren. Die Lagerfeuer brannten dort, wo die Franzosen ihre Feuerflöße bewachten.
    Die schwarzen Riemen des Leichters berührten kaum noch das Wasser. Der Navyoffizier, der die Boote führte, hatte die Fahrt so geplant, dass sie mit dem Höhepunkt der Flut hier eintrafen und die Leichter von der Strömung weiter flussaufwärts getragen wurden. Wenn der Überfall vorbei war, würden die Gezeiten wieder gewechselt haben, und die Ebbe würde die Briten in Sicherheit tragen. Noch immer hatte kein Franzose die Boote gesehen, obwohl die Wachen mit Sicherheit auf ihren Posten waren. Neben einem Feuer sah Sharpe eine blaue Uniform mit dem typischen leuchtend weißen Brustgürtel. »Ich hasse sie«, zischte Sir Thomas leise. »Gott, wie ich sie hasse.«
    Sharpe sah den schwachen Lichtschein, der über das Glacis von Fort San José fiel. Das Fort schien gut eine halbe Meile weit entfernt zu sein. Das war eine weite Distanz für ein Geschütz, besonders wenn die Franzosen Kartätschen luden. Doch Fort San Luis war wesentlich näher – tatsächlich sogar nahe genug, um die kleine Bucht der Flussmündung vollständig mit Kartätschen einzudecken. Sharpe hasste Kartätschen. Das taten alle Infanteristen. »Die Scheißkerle schlafen«, murmelte Lord William.
    Sharpe wurde plötzlich von Schuldgefühlen heimgesucht. Er hatte für den Mittag ein Treffen mit Lord Pumphrey arrangiert, um herauszufinden, ob die Erpresser irgendwelche Botschaften geschickt hatten, und obwohl er nicht damit rechnete, so wusste er doch, dass sein Platz in Cadiz sein sollte, nicht hier. Er war Henry Wellesley verpflichtet, nicht General Graham, und doch war er nun hier, und er konnte nur beten, dass er nicht von einer Kartätsche zerrissen wurde.
    Sharpe legte die Hand auf den Griff seines schweren Kavalleriesäbels und wünschte sich, er hätte ihn vor dem Einsatz noch einmal geschliffen. Er mochte es, mit einer frisch geschärften Waffe in den Kampf zu ziehen. Dann berührte er sein Gewehr. Nicht viele Offiziere trugen eine Langwaffe, doch Sharpe war nicht wie andere Offiziere. Er war in der Gosse geboren, in der Gosse aufgewachsen, und in der Gosse hatte er auch das Kämpfen gelernt.
    Dann lief der Bug des Leichters auf den schlammigen Grund.
    »Lasst uns ein paar Bastarde töten«, knurrte Sir Thomas rachsüchtig.
    Und die ersten Männer sprangen über Bord.

KAPITEL 5
    Sharpe sprang aus dem Leichter ins Wasser. Es reichte ihm bis über die Stiefel. Er watete

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