Sharpes Zorn (German Edition)
anstürmenden Iren reichte aus, um seine Männer in die Dunkelheit zu treiben. Goughs Iren feuerten eine Salve, doch den Großteil der Arbeit erledigte allein schon die Drohung der siebzehn Zoll langen Bajonette. Eine Frau mit nackten Beinen schnappte sich ihr Bettzeug und rannte ihrem Mann hinterher. Zwei Hunde liefen im Kreis und bellten. Sharpe sah, wie zwei Reiter hinter ihm in der Dunkelheit verschwanden. Er wirbelte herum und brachte das Gewehr in Anschlag, doch die Reiter waren bereits an der irischen Flanke vorbeigaloppiert und in der Richtung verschwunden, wo die Leichter auf Grund gelaufen waren. Keogh wiederum war nach vorn verschwunden, und seine Männer waren ihm gefolgt.
Sharpe hielt Harper zurück. »Wir haben grüne Röcke, Pat«, warnte er ihn. »Wenn wir nicht aufpassen, wird man uns für Froschfresser halten.«
Er hatte recht. Plötzlich erschien ein halbes Dutzend Männer mit gelben Kragenspiegeln auf ihren roten Röcken zwischen den Feuern, und Sharpe sah, wie eine Muskete auf ihn gerichtet wurde. »95th!«, schrie er. »95th! Nicht schießen! Wer seid ihr?«
»67th!«, kam die Antwort. Das 67th war ein Regiment aus Hampshire. Sie waren langsamer vorgerückt als die Iren und hatten die Formation bewahrt. Ein Captain führte sie nun nach Südosten, um das eroberte Lager zum Landesinneren hin zu sichern, während Major Gough seinen Iren befahl, sich wieder zurückzuziehen und das Gleiche in Richtung Bucht zu tun. Sharpe stieß mit seinem Säbel in die kleinen Zelte, während er und Harper sich auf Gough zu bewegten, und tatsächlich folgte auf einen dieser Stiche ein Schrei. Sharpe riss das Zelt auf und sah zwei Franzosen darin kauern. »Raus!«, knurrte er. Die beiden Männer krochen hinaus und warteten zitternd zu seinen Füßen. »Ich weiß gar nicht, ob wir Gefangene machen«, bemerkte Sharpe.
»Wir können sie doch nicht einfach umbringen, Sir«, sagte Harper.
»Ich werde sie auch nicht umbringen«, knurrte Sharpe. »Aufstehen!« Er stieß die Männer mit seinem Säbel an und trieb sie zu einem Haufen anderer Gefangener, die von den Rotröcken aus Hampshire bewacht wurden. Einer der Hampshiremen bückte sich neben einen französischen Jungen, der nicht älter als vierzehn oder fünfzehn zu sein schien. Der Junge hatte eine Kugel in die Brust bekommen, und nun wand er sich auf dem Boden und starb den Erstickungstod. »Ruhig, Junge.« Der Hampshireman streichelte dem sterbenden Jungen die Wange. »Ruhig.« Plötzlich hallte Musketenfeuer vom anderen Ufer herüber, doch es war genauso schnell vorbei, wie es begonnen hatte. Offensichtlich waren die Rotröcke dort genauso erfolgreich gewesen wie ihre Kameraden hier.
»Sind Sie das, Sharpe?« Das war Major Goughs Stimme.
»Ja, Sir.«
»Das ging verdammt schnell«, sagte Gough. Er klang enttäuscht. »Die Kerle sind einfach gerannt! Die haben überhaupt nicht gekämpft. Sharpe, würden Sie mir die Ehre erweisen und General Graham berichten, dass dieses Ufer gesichert ist und dass nichts auf einen Gegenangriff hindeutet? Sie sollten General Graham bei den Flößen finden.«
»Es ist mir ein Vergnügen, Sir«, sagte Sharpe und führte Harper durch das eroberte Lager zurück.
»Ich dachte, wir würden kämpfen«, sagte Harper. Er klang genauso enttäuscht wie Gough.
»Die Kerle haben noch geschlafen.«
»Da bin ich den ganzen weiten Weg gekommen, nur um zuzuschauen, wie ein paar Jungs aus Dublin eine Hand voll Froschfresser wecken?«
»Sind Goughs Männer aus Dublin?«
»Dort ist das Regiment aufgestellt worden, Sir.« Harper entdeckte einen liegen gelassenen französischen Tornister, hob ihn auf und kramte darin herum. »Verdammt«, sagte er und warf den Tornister wieder weg. »Wie lange müssen wir eigentlich hierbleiben?«
»So lange, wie es eben dauert. Eine Stunde vielleicht.«
»So lange?«
»Die Pioniere haben viel zu tun, Pat«, sagte Sharpe, und plötzlich dachte er an den armen Sturridge, der darauf vertraut hatte, dass Sharpe ihn am Guadiana am Leben hielt.
Sie fanden General Graham am Ufer, wo die Feuerflöße vertäut waren. Der fünfte Leichter, der mit den Pionieren, hatte am nächstgelegenen Floß festgemacht, wo zwei tote Franzosen lagen.
Jedes der fünf Flöße bestand aus einer großen Holzplattform mit einem kurzen Mast in der Mitte, an dem man einen Segelfetzen anbringen konnte. Die Franzosen hatten nur noch auf die Nacht, einen kräftigen Nordwind und die Flut gewartet, um die Flöße in die Flotte zu lenken, die
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