Sharpes Zorn (German Edition)
besorgt hatte, ölte die Hähne und lud sie.
Die Uhren der Botschaft hatten schon elf geschlagen, als Lord Pumphrey in den Stall kam. Seine Lordschaft trug einen schwarzen Mantel und eine Ledertasche. »Es ist die Kathedrale, Sharpe«, verkündete Lord Pumphrey, »wieder die Krypta. Nach Mitternacht.«
»Verdammte Scheiße«, knurrte Sharpe. Er spritzte sich Wasser ins Gesicht und schnallte sich den schweren Säbel um. »Sind Sie bewaffnet?«, fragte er Lord Pumphrey. Seine Lordschaft öffnete den Mantel und zeigte zwei Duellpistolen, die in seinem Gürtel steckten. »Gut«, sagte Sharpe, »denn die Bastarde haben Mord im Sinn. Regnet es noch?«
»Nein, Sir«, antwortete Hagman. »Aber es ist windig.«
»Pat, Salvengewehr und Baker Rifle?«
»Und eine Pistole, Sir«, erwiderte Harper.
»Und die hier«, sagte Sharpe. Er ging zu der Wand, wo der französische Tornister hing, und holte die vier Rauchbomben heraus. Er erinnerte sich an die Erklärung des Pioniers, was diese Dinger in geschlossenen Räumen anrichten konnten. »Hat jemand eine Zunderkiste?«
Harris hatte eine. Er gab sie Harper. »Sollen wir nicht vielleicht doch alle gehen, Sir?«, schlug Slattery vor.
»Sie erwarten nur drei von uns«, antwortete Sharpe und schaute zu Pumphrey, der zustimmend nickte. »Wenn sie also mehr als drei sehen, werden sie vermutlich verschwinden. Allerdings werden sie das ohnehin tun, wenn sie erst einmal haben, was in der Tasche ist.« Er nickte zu der Ledertasche, die Lord Pumphrey trug. »Ist das schwer?«
Pumphrey schüttelte den Kopf. »Dreißig Pfund«, schätzte er.
»Schwer genug. Alle bereit?«
Die Pflastersteine waren nass und glitzerten im Licht der Fackeln an Torbögen und Straßenecken. Der Wind war kalt und zerrte an ihren Mänteln. »Wissen Sie, was die tun werden?«, sagte Sharpe zu Pumphrey. »Sie werden uns das Gold übergeben lassen und sich dann verdrücken. Wahrscheinlich werden sie sogar ein paar Schüsse abfeuern, damit wir die Köpfe runter nehmen. Sie werden die Briefe nicht bekommen.«
»Sie sind wirklich zynisch«, bemerkte Pumphrey. »Mit jedem Tag werden die Briefe nutzloser für sie. Wenn sie mehr abdrucken, wird die Junta die Zeitung schließen.«
»Sie werden mehr abdrucken«, erklärte Sharpe.
»Das hier wird ihnen lieber sein«, entgegnete Lord Pumphrey und hob die Tasche.
»Lieber«, erwiderte Sharpe, »werden ihnen das Gold und die Briefe sein. Wahrscheinlich werden sie Sie nicht töten wollen, da Sie ja ein Diplomat sind, aber für diese Leute sind Sie fünfzehnhundert Guineas wert. Also werden sie auch nicht vor Mord zurückschrecken, wenn es nicht anders geht.«
Pumphrey führte sie nach Westen in Richtung Meer. Der Wind war hier frischer, und die Nacht wurde vom lauten Flattern der Planen an der unfertigen Kathedrale erfüllt. Sharpe konnte die Kathedrale nun sehen. Auf ihren riesigen grauen Außenmauern tanzten die Lichter der Fackeln in den umliegenden Straßen. »Wir sind früh dran«, sagte Lord Pumphrey. Er klang nervös.
»Sie sind vermutlich schon hier«, erwiderte Sharpe.
»Vielleicht auch nicht.«
»Sie sind hier und warten auf uns. Und schulden Sie mir nicht was?«
»Schulden?«, fragte Pumphrey.
»Ein Dankeschön vielleicht?«, antwortete Sharpe. »Wie viel ist in der Tasche, Mylord?«, fragte er, als er Lord Pumphreys Verwirrung sah. »Achtzehn- oder fünfzehnhundert?«
Lord Pumphrey schaute zu Harper, als wolle er damit sagen, Sharpe solle über so etwas nicht vor einem Sergeant reden. »Fünfzehn natürlich«, antwortete Pumphrey mit leiser Stimme, »und ich danke Ihnen, dass Sie vor Seiner Exzellenz kein Wort gesagt haben.«
»Das heißt aber noch lange nicht, dass ich auch morgen nichts sagen werde«, erklärte Sharpe.
»Bei meiner Arbeit habe ich hohe Ausgaben, Sharpe, hohe Ausgaben. Und Sie haben doch vermutlich auch Ausgaben, oder?«
»Lassen Sie mich da raus, Mylord.«
»Ich mache doch nur, was alle anderen auch tun«, erklärte Lord Pumphrey verletzt.
»In Ihrer Welt lügt also jeder, und alle sind korrupt?«
»Das nennt man den diplomatischen Dienst.«
»Dann danke ich Gott dafür, dass ich nur ein Dieb und Mörder bin.«
Der Wind zerrte wieder an ihnen, als sie die kleine Straße verließen und die Stufen zur Kathedralentür hinaufstiegen. Pumphrey ging zum linken Türflügel, der sich knarrend öffnete, als er dagegen drückte. Harper folgte Sharpe hinein, bekreuzigte sich und deutete einen Kniefall an.
Kleine Lichter brannten auf dem
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