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Sharpes Zorn (German Edition)

Sharpes Zorn (German Edition)

Titel: Sharpes Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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die zweite, und Sharpe hörte einen Schrei aus dem Kirchenschiff. »Gut gemacht, Mylord«, sagte er und beschloss, alle Vorsicht fahren zu lassen. »Reißen!«, befahl er Harper, und gemeinsam versetzten sie dem Seil einen Ruck nach dem anderen. Sharpe glaubte, der Pfosten habe sich ein wenig bewegt, nur ein Zittern, und die Männer unten hatten offenbar erkannt, was die Briten vorhatten, denn einer von ihnen lief mit dem Messer in der Hand aus dem Hauptschiff hinaus. Lord Pumphrey feuerte die Navypistole ab. Die Kugel schlug auf dem Boden ein, prallte ab und jaulte durchs Kirchenschiff. Der Mann hatte das Gerüst inzwischen erreicht und kletterte hinauf, um das Seil durchzuschneiden.
    »Reißen!«, sagte Sharpe, und er und Harper rissen, und der Pfosten bog sich nach außen durch. Das Gerüst war alt. Es stand nun schon fast zwanzig Jahre hier, und die Taue, die es hielten, waren brüchig geworden. Steinblöcke stapelten sich auf seinen Plattformen, und einige davon gerieten nun in Bewegung und hörten nicht mehr damit auf. »Reißen!«, knurrte Sharpe erneut, und sie rissen noch einmal am Seil, und diesmal brach der Pfosten aus dem Gerüst heraus. Steine krachten durch die Planken. Der Mann mit dem Messer sprang um sein Leben, und just in diesem Augenblick brach auch der Rest des Gerüstes auf der anderen Seite der Vierung in einer Staubwolke zusammen.
    »Jetzt!«, sagte Sharpe.
    Der Lärm war ohrenbetäubend. Das einstürzende Gerüst und die Baumaterialien darauf zerschlugen alles auf ihrem Weg, als fast hundert Fuß des Gebildes herunterkamen. Doch das Nützlichste von allem war der Staub. Er war dichter als Rauch, und inmitten all der nach unten fallenden Steine und dem Holz quoll er wie eine dunkelgraue Wolke empor und verschluckte das Kerzenlicht aus den Kapellen in den Seitenschiffen. Das Gerüst, über das Sharpe sich bewegte, bebte ebenfalls, als die Zerstörung sich ausbreitete, doch dann hatten sie die Leiter erreicht. Sharpe schob Lord Pumphrey nach oben. Harper war bereits weiter hinaufgeklettert und schlug das Fenster mit dem Kolben seines Salvengewehrs ein. »Nimm deinen Mantel!«, rief Sharpe. Unten hörte er jemanden schreien.
    Harper legte seinen Mantel auf die Glassplitter im unteren Fensterrahmen, packte Lord Pumphrey und zog ihn ohne viel Federlesen neben sich. »Kommen Sie, Sir!« Er streckte die Hand nach Sharpe aus und bekam sie gerade noch rechtzeitig zu fassen, als die Planken unter Sharpes Füßen wegbrachen. Nun fiel auch der letzte Rest des Gerüsts zusammen und die ganze Kathedrale war von Staub und Lärm erfüllt.
    Die drei balancierten gefährlich auf dem schmalen Fenstersims, und unter und hinter ihnen löschte der Staub die Kerzen nun endgültig aus, und die Kathedrale wurde in vollkommene Dunkelheit getaucht. »Da geht es ziemlich weit runter, Sir«, warnte Harper. Sharpe sprang. Er glaubte schon, der Sprung würde niemals enden, doch dann landete er auf einem flachen Dach. Pumphrey kam als Nächster. Bei der Landung zischte er vor Schmerz. Harper folgte ihm. »Gott schütze Irland, Sir«, keuchte der Sergeant, »das war knapp.«
    »Haben Sie das Geld?«, fragte Sharpe.
    »Ja«, antwortete Lord Pumphrey.
    »Das hat Spaß gemacht«, bemerkte Sharpe. Sein Kopf schmerzte wie die Hölle und seine Hand blutete, aber daran konnte er jetzt auch nichts ändern. »Das hat mir wirklich Spaß gemacht«, betonte er noch einmal. Der Wind zerrte an ihm. Er hörte die Wellen in der Nähe, und als er an den Rand des Daches trat, da konnte er den Schaum der Brecher jenseits der Seemauer sehen. Es hatte wieder zu regnen begonnen, oder vielleicht war das auch nur die Gischt im Wind. »Das Außengerüst, von dem ich gesprochen habe, ist auf der anderen Seite«, sagte Sharpe.
    »Ich glaube, ich habe mir den Knöchel gebrochen«, sagte Lord Pumphrey.
    »Nein, haben Sie nicht, verdammt«, widersprach ihm Sharpe. Jetzt war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, dass Seine Lordschaft zum Schwächling wurde. »Wenn Sie gehen, wird es schon wieder besser werden.«
    Die riesigen Planen schlugen gegen die unfertige Kuppel. Sharpe stolperte über eines der Sicherungsseile und tastete sich dann vorsichtig zum Rand vor. Eine Laterne im Hof unten spendete gerade genug Licht, dass Sharpe das Gerüst sehen konnte. Er sah auch noch andere Laternen, die auf und ab hüpften, als sie durch die Straßen getragen wurden.
    Irgendjemand musste die Schüsse in der Kathedrale trotz des Sturms gehört haben, doch wer auch

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