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Sharpes Zorn (German Edition)

Sharpes Zorn (German Edition)

Titel: Sharpes Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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aber jetzt? Jetzt verkauft er nur noch ein paar Exemplare von jeder Ausgabe, und zudem erscheint sie auch nur selten. Früher einmal hat er zweimal so viel pro Woche verkauft, doch jetzt kann er schon froh sein, wenn er genug Nachrichten für eine Ausgabe alle vierzehn Tage hat. Er listet die ankommenden und auslaufenden Schiffe im Hafen auf und beschreibt ihre Ladung. Er druckt, welcher Priester in welcher Kirche predigt. Er beschreibt das Geschehen in der Cortes. Das ist verdammt wenig, meinen Sie nicht? Doch in der letzten Ausgabe, Captain Sharpe, stand etwas wesentlich Interessanteres. Es war ein Liebesbrief. Er war nicht unterschrieben. Señor Núñez hat lediglich erklärt, dass der Brief aus dem Englischen übersetzt worden sei und dass man ihn auf der Straße gefunden habe. Der Eigentümer könne sich jederzeit bei der Zeitung melden und ihn abholen, hat er gesagt. Sind Sie deswegen hier, Captain? Und nein! Bitte, sagen Sie jetzt nicht schon wieder, dass Sie nur Schutz vor dem Regen suchen wollten.«
    »Ich habe noch nie irgendwelche Liebesbriefe geschrieben«, erklärte Sharpe.
    »Wir wissen alle, wer ihn geschrieben hat«, sagte Galiana in verächtlichem Ton.
    »Ich bin Soldat. Ich habe nichts mit Liebe am Hut.«
    Galiana lächelte. »Das wage ich zu bezweifeln, Captain. Das wage ich zu bezweifeln.« Er drehte sich um, als ein Mann in die Kapelle kam. Eine kleine Menschenmenge trotzte dem Regen, um die Löscharbeiten zu beobachten, und ein paar von ihnen waren in den Klosterhof gekommen, als sie gesehen hatten, dass das Tor der Priorei offen stand. Einer von ihnen war eine zerlumpte, nasse Kreatur mit von Tabak fleckigem Bart, und diese Gestalt trat nun in die Kapelle.
    »Der war’s!«, schrie der Mann auf Spanisch und deutete auf Sharpe. Es war der Schreiber, Benito Chavez, dem es irgendwie gelungen war, schon wieder eine Flasche Brandy aufzutreiben. Er war schon stark angetrunken, aber noch nicht so besoffen, dass er Sharpe nicht mehr hätte erkennen können. »Er war’s«, sagte er erneut, »der mit dem Verband um den Kopf!«
    »Verhaftet ihn!«, befahl Galiana seinen Männern.
    Die spanischen Soldaten traten vor, und Sharpe dachte schon darüber nach, nach seinem Säbel zu greifen, doch bevor er reagieren konnte, sah er, dass Galiana auf Chavez deutete. Die Soldaten zögerten. Sie waren nicht ganz sicher, was ihr Offizier meinte. »Verhaftet ihn!«, befahl Galiana erneut und deutete weiter auf Chavez. Der Schreiber stieß einen entrüsteten Schrei aus, doch zwei von Galianas Männern drückten ihn gegen die Wand und hielten ihn dort fest. »Er ist betrunken«, erklärte Galiana Sharpe, »und er erhebt schändliche Anschuldigungen gegen unsere Verbündeten. Jetzt hat er eine Nacht Zeit, um sich in der Zelle Gedanken über seine Dummheit zu machen.«
    »Verbündete?« Jetzt war Sharpe vollkommen verwirrt.
    »Sind wir das nicht?«, erwiderte Galiana in gespieltem Unschuldston.
    »Ich denke schon«, antwortete Sharpe, »doch manchmal bin ich mir da nicht so sicher.«
    »Dann sind Sie genauso verwirrt wie die Spanier, Captain Sharpe. Cadiz ist voll mit Politikern und Advokaten, und die fördern die Verwirrung nur. Ständig streiten sie sich. Sollen wir eine Republik werden? Oder vielleicht doch eine Monarchie bleiben? Wollen wir die Cortes? Und falls ja, mit einer oder mit zwei Kammern? Einige wollen ein Parlament wie in Großbritannien, andere bestehen darauf, dass Spanien weiterhin von Gott und einem König regiert werden soll. Sie zanken sich wie die Kinder über diese Dinge, dabei gibt es in Wahrheit nur eine Frage.«
    Nun erkannte Sharpe, dass Galiana nur mit ihm gespielt hatte. Dieser spezielle Spanier hier war wirklich ein Verbündeter. »Und diese Frage lautet«, sagte Sharpe, »kämpft Spanien weiter gegen Frankreich oder nicht, korrekt?«
    »Genau«, bestätigte Galiana.
    »Und Sie glauben, dass Spanien weiter gegen Frankreich kämpfen sollte?«, wagte Sharpe sich vorsichtig vor.
    »Wissen Sie, was die Franzosen unserem Land angetan haben?«, erwiderte Galiana. »Sie haben unsere Frauen vergewaltigt, unsere Kinder getötet und die Kirchen entweiht. Ja, ich glaube, dass wir kämpfen sollten. Und, Captain Sharpe, ich glaube auch, dass es britischen Soldaten verboten ist, Cadiz zu betreten, vor allem ohne Uniform und in Zivil. Ich sollte sie wohl alle verhaften, aber ich nehme an, Sie haben sich schlicht verirrt, nicht wahr?«
    »In der Tat. Wir haben uns verirrt«, ging Sharpe auf das Angebot

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