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Sharras Exil

Sharras Exil

Titel: Sharras Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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über seine eigene Gabe nicht Bescheid. Er weiß nur, dass er die Ardais-Gabe nicht besitzt … Er adoptierte Danilo, weil sich herausstellte, dass Dani die Ardais-Gabe über eine der Nedestro-Töchter von Dyans Vater geerbt hat. Doch er ahnt nichts davon, dass er selbst die Alton-Gabe hat, und er darf es auch nie erfahren … Regis sah Dyan hilflos an. Erst jetzt kam ihm ganz zu Bewusstsein, was Dyan immer für ihn verkörpert hatte. Er kannte Dyans Grausamkeit, und doch hatte er ihm deswegen nicht völlig gram sein können. Denn er wusste, welche gewaltigen Kräfte Dyan trieben und dass Dyan ein gejagter und ein verzweifelter unglücklicher Mann war.
    Dyan ist der Mann, der ich selbst nur allzu leicht hätte werden können. Wie kann ich ihn verdammen? Aber ich darf auch nicht zulassen, dass er durch diesen Wahnsinnseinfall, einen Heiligen Krieg gegen die Terraner zu führen, die Domänen vernichtet, und wenn ich ihn töten muss …
    Heute Nacht habe ich, durch bittere Notwendigkeit gezwungen, Lew verwundet, der mir mehr als ein Freund, mehr als ein Bruder ist. Jetzt sieht es so aus, als müsse ich Dyan zum Tod eines gefährlichen Irren verurteilen, obwohl er nichts anderes ist, als ich hätte werden können. Welches Recht habe ich, das alles zu tun?
    Er legte die Gabel nieder. Ihm war, als müsse er an Beltrans Gastfreundschaft ersticken. Seine Abschirmung hielt er fest geschlossen, damit keiner der beiden älteren Männer auch nur eine Andeutung seiner Gedanken auffing. »Verzeiht mir, Vai Dom’yn , ich habe anderswo zu tun. Danilo, begleite mich.« Damit stand er auf und wandte sich zum Gehen. »Wir werden zu angemessener Zeit weiter darüber sprechen, Lord Dyan.«
    Ich muss erst wissen, was nach der letzten Nacht von den Comyn übrig geblieben ist. Vielleicht gibt es nichts mehr, was ich regieren könnte!

 
Lew Altons Erzählung
 
2
     
    Das trübe Rot eines anderen Tags erstarb, als ich aufwachte. Mein Kopf pochte von der halb verheilten Wunde, die ich Kadarin verdankte, und mein Arm brannte von dem langen Schnitt, den Regis’ Dolch mir beigebracht hatte. Einen Augenblick lang lag ich da und überlegte, ob das Ganze ein durch Gehirnerschütterung hervorgerufener, deliriumsähnlicher Alptraum gewesen sei. Dann kam Andres herein, und die tiefen Kummerfurchen in seinem Gesicht verrieten mir, dass alles Wirklichkeit war. Auch er hatte Linnell geliebt. Er betrachtete mich finster, nahm mir den Kopfverband ab und inspizierte die Stiche. Dann sah er sich die Armwunde an.
    »Ich vermute, du bist der einzige Mann auf Darkover, der zu einem Festnacht-Ball gehen und mit so etwas nach Hause kommen kann«, brummte er. »Was für ein Kampf war denn das?«
    Also hatte er nur gehört, dass Linnell tot war – und nichts von dem monströsen Besuch Sharras. Der Schnitt tat weh, war aber nur eine Fleischwunde. Es würde mir eine Weile Mühe machen, den Arm zu bewegen, doch war ich Regis deswegen nicht böse. Er hatte das einzig Richtige getan, um mich vor dem Lockruf Sharras zu retten. Ich sagte: »Es war ein Unfall, er hat mich nicht absichtlich verletzt«, und ließ Andres denken, was er wollte. »Gib mir etwas zu essen und meine Kleider. Ich muss herausfinden, was los ist …«
    »Du siehst aus, als gehörtest du zehn Tage lang ins Bett«, unterbrach Andres mich ärgerlich. Dann machte sich seine echte Besorgnis um mich Luft. »Junge, ich habe zwei von euch verloren! Schick dich nicht selbst hinter Marius und Linnell her! Was spielt sich denn so Wichtiges ab, dass du nicht bis morgen darauf warten kannst?«
    Ich gab nach und lag still. Irgendwo da draußen, nahm ich an, wütete Sharra … aber ich würde es erfahren, wenn sie in die Comyn-Burg kamen (war ich wirklich frei? Ich wagte nicht, meine Matrix zu enthüllen und nachzusehen), und es war nichts zu gewinnen, wenn ich ausging und mir Ärger einhandelte. Ich sah Andres zu, der im Zimmer umherging und vor sich hin brummelte, ein beruhigendes Geräusch, an das ich mich aus meiner Kinderzeit erinnerte. Wenn Marius oder ich zu schnell geritten und vom Pferd gefallen waren und dabei einen Finger oder ein Schlüsselbein gebrochen hatten, hatte er auf genau die gleiche Art gebrummelt.
    Zwischen Marius und mir hatte es nie die Streitereien und Faustkämpfe wie bei den meisten Brüdern, die ich kannte, gegeben; es lagen zu viele Jahre zwischen uns. Als er kein Schürzchen mehr trug und im Stande war, sich zu verteidigen, war ich bereits erwachsen und im Kadettenkorps. Den

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