Sharras Exil
Rand des Schwerkraftfeldes und die feinsten Weine und Delikatessen bestellt. Die Gesellschaft schwebte über dem sternenbesetzten Abgrund und sah den wirbelnden, sich drehenden Null-Schwerkraft-Tänzern zu, die unter ihnen wie frei fliegende Vögel dahinschossen. Dio saß zu Kennards Rechter, gegenüber von Lew, der nach der ersten kurzen Reaktion auf die Illusion des freien Raums keine Gefühlsregung mehr zeigte. Sein narbiges, im Stirnrunzeln erstarrtes Gesicht hatte einen geistesabwesenden Ausdruck. Unter ihnen flammten und flossen Galaxien, und die Tänzer, halb nackt in Flittern und losen Schleiern, flogen wie exotische Vögel auf den Sternenströmen. Lews rechte Hand, offensichtlich künstlich und beinahe unbeweglich, lag, von einem schwarzen Handschuh umhüllt, auf dem Tisch. Diese regungslose Hand erfüllte Dio mit Unbehagen. Der leere Ärmel war irgendwie ehrlicher gewesen.
Nur Lerrys fühlte sich wirklich wohl. Er begrüßte Lew mit echter Herzlichkeit, aber Lew antwortete nur einsilbig, und schließlich wurde Lerrys es müde, ein Gespräch zu erzwingen. Stattdessen beugte er sich über den Abgrund und betrachtete die zum Finale angetretenen Tänzer mit unverhülltem Neid. Von nun an machte er nur noch Bemerkungen über die besondere Geschicklichkeit oder die Mängel des einen oder anderen. Dio wusste, er sehnte sich danach, unter ihnen zu sein.
Als die Sieger gekürt und die Preise verteilt worden waren, wurde die Schwerkraft wieder angestellt und die Tische senkten sich in gemächlichen Spiralen auf den Boden nieder. Musik klang auf, Paare begaben sich auf die Tanzfläche des Ballsaals und bewegten sich, glitzernd und transparent, als befänden auch sie sich wie vorhin die Wettkämpfer in schwerelosem Flug. Lew murmelte, er wolle gehen, und hatte sich schon halb erhoben, doch Kennard bestellte neue Getränke. Während sie serviert wurden, hörte Dio, dass er Lew in leisem Ton Vorwürfe machte. Verstehen konnte sie nur: »Verdammt noch mal … nicht für immer verstecken …«
Lerrys stand auf und schlüpfte fort. Kurz darauf sahen sie ihn auf der Tanzfläche mit einer Frau von exquisiter Schönheit. Sie erkannten sie als eine der Wettkämpferinnen wieder. Das sternenfunkelnde Blau ihres Kostüms war jetzt mit Bahnen silbriger Gaze bedeckt.
»Wie gut er tanzt«, stellte Kennard freundlich fest. »Ein Jammer, dass er sich von der Veranstaltung zurückziehen musste. Obwohl es eigentlich nicht vereinbar mit der Würde eines Comyn-Lords ist …«
»Comyn bedeutet hier gar nichts«, lachte Geremy. »Wir sind ja hergekommen, damit wir Dinge tun können, die sich für einen Comyn auf unserer eigenen Welt nicht schicken. Und, Verwandter, war das nicht auch Euer Grund, wolltet Ihr nicht auch für Abenteuer frei sein, die man in den Domänen als unpassend oder schlimmer betrachten würde?«
Dio sah den Tanzenden neidisch zu. Vielleicht würde Lerrys zurückkommen und mit ihr tanzen. Aber sie bemerkte, dass seine Partnerin – sie mochte ihn als den Sportler wieder erkannt haben, der einer Verletzung wegen hatte ausscheiden müssen – ihn zu den anderen Teilnehmern am Finale geführt hatte. Jetzt sprach Lerrys vertraulich mit einem jungen, hübschen Burschen, den rothaarigen Kopf nahe zu dem Jungen geneigt. Der Tänzer war in nichts als Netze aus Goldfaden gekleidet, und den Anstand wahrten die kleinstmöglichen vergoldeten Stoffstückchen. Sein Haar war in einem leuchtenden Blau eingefärbt. Es war kaum anzunehmen, dass sich Lerrys jetzt daran erinnerte, dass solche Geschöpfe wie Frauen existierten, ganz zu schweigen von Schwestern.
Kennard folgte der Richtung von Dios Blick. »Ich sehe, dass Ihr Euch danach sehnt, unter den Tanzenden zu sein, Lady Dio, und für ein junges Mädchen ist es nur ein kärgliches Vergnügen, mit ihren Brüdern zu tanzen, wie ich meine Pflegeschwester und jetzt meine Pflegetöchter sich habe beklagen hören. Ich bin seit vielen Jahren nicht mehr im Stande zu tanzen, Damisela , sonst wäre es mir eine Freude, Euch aufzufordern. Aber Ihr seid zu jung, um in einem öffentlichen Lokal wie diesem mit anderen Männern als mit Verwandten zu tanzen …«
Dio warf den Kopf zurück, dass das helle Haar flog. »Ich tue hier auf Vainwal, was mir gefällt, Lord Alton, und tanze, mit wem ich will!« Von Langeweile oder Bosheit getrieben, wandte sie sich an den finster blickenden Lew. »Doch hier sitzt ein Verwandter – willst du mit mir tanzen, Cousin?«
Er hob den Kopf und funkelte sie so
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