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Sharras Exil

Sharras Exil

Titel: Sharras Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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… lebte weiter. Doch etwas in mir war in jener Nacht zerstört worden. Es war nicht sauber weggeschnitten, sondern wie meine Hand vereitert und verfault und zu etwas grauenhaft Unmenschlichem verwandelt. Dio hatte sich furchtlos in all dies Entsetzen geworfen, und danach heilten meine seelischen Wunden.
    An eine Heirat dachten wir beide nicht. Eine Heirat di catenas , die rituelle Eheschließung der Domänen, war eine feierliche Vereinigung von Eigentum, die zwei Familien, zwei Häuser betraf und dem Aufziehen von Kindern im Bewusstsein ihres Erbes und ihres Laran diente. Was Dio und ich hatten, war so unbedingt persönlich, dass wir unsere Familien nicht hineinziehen wollten und das auch gar nicht notwendig war. Meine Liebe zu Marjorie hatte zur Hälfte aus dem Wunsch bestanden, sie als meine Ehefrau zu sehen, mit ihr auf Armida zu leben, mit ihr Kinder zu haben, lange ruhige Jahre des Friedens in unserer geliebten Heimat zu verbringen. Mit Dio war es ganz anders. Als Dio im zweiten Jahr unseres Zusammenlebens feststellte, dass sie schwanger war, machte es uns nicht richtig glücklich. Aber vielleicht hatten unsere Körper auf eine Frage geantwortet, die unser Verstand sich nicht zu stellen wagte. Natürlich lag tief in uns der Wunsch nach Dauerhaftigkeit, nach etwas, das bestehen blieb, wenn wir dahin waren, das tief verwurzelte Sehnen nach der einzigen Unsterblichkeit, die wir begreifen.
    »Ich brauche das Kind nicht zu bekommen, wenn du es nicht möchtest«, sagte sie. Sie saß an mich geschmiegt in unserm Wohnzimmer, das hoch über den Lichtern von Vainwal lag, den fröhlichen bunten Lichterketten, die die Straßen schmückten. Hier wurde ständig das eine oder andere Fest gefeiert, es gab immer Lärm und Lachen und Durcheinander und die Jagd nach dem Vergnügen.
    Dio war mir nahe genug, dass sie mein instinktives Zusammenzucken spürte. Sie fragte: »Du willst das Kind doch, nicht wahr, Lew?«
    »Ich weiß es nicht, und das ist die Wahrheit, Dio.«
    Die Wahrheit: Ich wollte nicht, dass ein Drittes in unser Idyll eindrang, sei es auch noch so geliebt, ein Wesen, das unsere Verbundenheit unvermeidlich stören musste. Dio würde sich nicht mehr ausschließlich um meine Wünsche und Anliegen kümmern, und egoistisch, wie ich war, passte mir ihre Schwangerschaft nicht.
    Doch ebenso wahr war es, dass ich mich voller Qual jener Nacht erinnerte – der Nacht vor ihrem Tod –, als ich erfuhr, dass Marjorie ein Kind erwartete, das auszutragen sie nicht mehr lange genug leben sollte. Ich hatte das zarte Leben gespürt, wie ich jetzt den neuen, wachsenden Lebenssamen in Dio spürte, und es grauste mir in tiefer Seele davor, ihn auszulöschen. Vielleicht stellte ich mich nur an. Aber in meiner Selbstsucht wollte ich, dass dieses Kind lebte.
    Ich sagte: »Ich will es, und ich will es nicht. Du bist es, die das Kind tragen muss, du musst die Entscheidung treffen. Wie sie auch ausfallen wird, ich will versuchen, glücklich darüber zu sein.«
    Lange Zeit sah sie dem wechselnden Spiel der Lichter in der Stadt unter uns zu. Endlich meinte sie: »Es wird mein Leben auf eine Art ändern, die ich mir nicht einmal vorzustellen vermag. Ich fürchte mich ein bisschen davor, mich so sehr zu verändern. Dich will ich, Lew, nicht dein Kind.« Sie legte ihren Kopf an meine Schulter. Ich spürte, dass sie ebenso unentschlossen war wie ich. »Gleichzeitig ist es etwas, das … das aus unserer Liebe entsprungen ist. Ich kann nicht umhin, mir zu wünschen …« Sie unterbrach sich und legte ihre Hand wie schützend über ihren Bauch. »Ich liebe dich, Lew, und ich liebe dein Kind, weil es deins ist. Und das ist etwas, das anders und stärker als einer von uns beiden sein könnte, und doch Teil dessen, was wir gemeinsam haben. Ergibt das Sinn für dich?«
    Ich streichelte ihr Haar. In diesem Augenblick schien sie mir unendlich kostbar zu sein, noch mehr, als sie vorher schon gewesen war, vielleicht mehr, als sie jemals wieder sein würde.
    »Ich habe Angst, Lew. Es ist zu groß. Ich glaube nicht, dass ich das Recht habe, etwas so Großes zu entscheiden. Vielleicht wurde die Entscheidung von etwas getroffen, das außerhalb von uns ist. Ich habe nie viel über Gott oder die Götter oder was es geben mag nachgedacht. Das Gefühl weicht nicht von mir, dass etwas Schreckliches auf uns wartet, und ich möchte nicht eine Minute von dem Glück verlieren, das wir zusammen haben können.« Wieder die kleine Geste: Sie hielt die Hand über ihren Leib,

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