Sharras Exil
der alte terranische Raumhafen in den Bergen bei Caer Donn in Flammen aufgegangen war. »Wenn sie hier gewesen wäre, hätte Kadarin sie sich wohl zurückgeholt.«
»Ich wusste gar nicht, dass er noch lebt«, sagte Regis.
Rafe seufzte. »Ja, er lebt. Allerdings habe ich beide seit Jahren nicht mehr gesehen. Sie … hielten sich lange Zeit versteckt.« Er schien noch etwas hinzufügen zu wollen, doch dann zuckte er nur die Schultern. »Unter normalen Umständen würde es mich freuen zu hören, dass Thyra noch lebt, aber jetzt …«
Mit zitternden Fingern fummelte er an der Matrix um seinen Hals. »Ich war noch ein Kind, als der Sharra-Kreis zerbrach, und dann … stand ich unter einem Schock. Ich war lange krank. Als ich mich erholte, sagte man mir, Marjorie sei tot und Lew habe die Matrix von Darkover weggebracht und werde niemals zurückkehren. Ich … ich fand heraus, dass ich meinen Sternenstein nicht mehr benutzen konnte. Ich war Teil davon gewesen, und als die Verbindung mit der Sharra-Matrix riss, wurde mein eigener Sternenstein – ausgebrannt, dachte ich. Aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher …«
Er wickelte die Matrix aus. Es war, dachte Regis teilnahmslos, eine sehr kleine, ein blauer Stein, facettiert, fleckig. Er konzentrierte den Blick darauf. Innen drin flammte es rot, so deutlich, dass sogar Regis und Marius das Feuerbild sehen konnten. Rafe steckte den Stein weg. Mit zitternden Fingern zog er die Schnüre des kleinen Lederbeutels fest.
»Was hat das zu bedeuten?«, flüsterte er.
»Da gibt es nur eins«, antwortete Regis. »Es bedeutet, dass Kennard nach Hause gekommen ist. Oder Lew. Oder beide. Und dass sie aus dem einen oder anderen Grund die Sharra-Matrix wieder mitgebracht haben.«
Am ersten Tag der Ratssitzungen kam Regis Hastur früh in die Kristallkammer. Er überlegte kurz, ob er den Hastur-Eingang benutzen solle. (Von dem Korridor um die Kammer ging ein eigener Eingang für jede Domäne ab. Durch ein kleines Vorzimmer gelangte man darin in die mit Schranken abgeteilten Plätze, so dass die Mitglieder einer Domäne einen Augenblick privat miteinander sprechen konnten, bevor sie offiziell im Rat erschienen.) Aber dann zuckte er die Schultern, wechselte ein freundliches Wort mit dem Gardisten an der Tür und nahm den Haupteingang.
Draußen war ein Tag strahlenden Sonnenscheins, und das Licht strömte durch die Prismen in der Decke, die der Kammer ihren Namen gaben. Es war, als stehe man im vielfarbigen Herzen eines Regenbogens. Die Kristallkammer war achteckig und geräumig – zumindest, dachte Regis, wirkte sie jetzt geräumig. Auf dem Höhepunkt der Comyn-Macht musste sie klein für alle jene gewesen sein, die Domänen-Rechte bei den Comyn besaßen. Regis stand auf der zentralen Plattform. Die breiten Doppeltüren an der Rückseite wurden von vertrauenswürdigen Gardisten geschützt, und die anderen sieben Seiten gehörten je einer Domäne zu. Hölzerne Geländer umgaben die Bänke. Ein paar Logen waren mit Vorhängen verschlossen, die es den Lords und Ladys der Domänen ermöglichten, ungesehen zu beobachten oder verborgen zu bleiben, bis die Ratssitzung offiziell begann. Ein Abschnitt war leer und war leer gewesen, solange Regis oder einer seiner lebenden Verwandten zurückdenken konnte. Als er noch ein Junge war, hatte sein Großvater ihm einmal erzählt, dass die Sitze der Aldarans unbenutzt gewesen seien, solange er oder einer seiner Verwandten zurückdenken könne. Die alte Siebte Domäne Aldaran war vor so langer Zeit aus dem Rat ausgestoßen worden, dass niemand sich mehr erinnerte, warum. Der Grund, wenn es überhaupt einen Grund gegeben hatte, war im Zeitalter des Chaos in Vergessenheit geraten. Regis hatte es jedes Jahr gesehen, seit er alt genug war, um an den Sitzungen teilzunehmen: leere, staubige Bänke und Sitze, ein nackter Fleck an der Wand, wo einst das Doppeladler-Banner von Aldaran gehangen hatte.
Auch um die Loge der Alton-Domäne waren die Vorhänge zugezogen. Sie war schon seit fünf Sitzungsperioden leer geblieben. Jetzt, zu Beginn der sechsten, vermutete Regis, dass entweder Lew oder Kennard oder beide anwesend sein würden, um die angedrohte Maßnahme, die Alton-Domäne als herrenlos zu erklären und sie in die Hände von Gabriel Lanart-Hastur als Regenten zu geben, zu unterbinden. Aber war einer von beiden zurückgekehrt? Regis konnte nicht glauben, dass Kennard dann nicht wenigstens einen Höflichkeitsbesuch bei Lord Hastur gemacht hätte, und
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