Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)
Klamotten und blauen Cordjacken serviert. Ihr müsst sie anschauen und anlächeln und Danke schön sagen. Ihr sollt Mundgeruch haben und Robocop-Schuhe tragen müssen. Und noch was – eure Nasen sollen samt und sonders wieder nachwachsen.
Nachdem ich vier Wochen pausenlos unterwegs gewesen war, widmete ich mich eine Woche lang nur dem Essen, und danach fand ich dann eine Arbeit. Aber nicht über eine Agentur und auch nicht über die New York Times. Ich verdankte meinen Job Rose Lehmans Schwester.
Wenn ein junger Jude als Schauspieler Karriere machenwill, nimmt er sich keinen Agenten. Er bekommt seine Rolle über Roses Lehmans Schwester oder Abes Schwager, der im selben Gebäude arbeitet wie Fred Siegal, der Frisör von David Merricks Rechtsanwalt. Wenn ein junger Jude sein Jurastudium absolviert hat, bekommt er einen Job über Herman Marsh, der im Textilhandel tätig ist, aber einen Bruder in der Wall Street hat, der sich von einer der Top-Firmen den Rechtsanwalt ausleiht.
Wenn ein junger Jude Frisör werden will, erhebt sich erst einmal ein großes Lamento, aber keine Angst, meine Damen und Herren. Er wird vom ersten Tag an eine Riesenkundschaft haben. Die Mutter und die Tanten und die Freundinnen des jungen Mannes werden herbeiströmen und sich von Goldies Sohn oder Harriets Neffen die Haare toupieren lassen. Sie lassen sich so viele Termine geben, dass er bald sein eigenes Geschäft aufmachen kann und nicht mehr für einen Italiener arbeiten muss; seine arme Mama und sein armer Papa müssen sich also nicht mehr seiner schämen, wo sie doch das ganze Geld, das der Bu-T Beauty School geopfert wurde, eigentlich für ein Studium zusammengespart hatten.
Auch ich bekam über Rose Lehmans Schwester meinen Job. Sie war mit einem Mann namens Danny Hirshfield befreundet, der neben einem gewissen Herman Nash wohnte, dessen Schwager, Frank Holland im Plattengeschäft war und sich auf Musik für Jugendliche spezialisiert hatte. Rose Lehmans Schwester hatte übers Telefon erfahren, dass Frank Holland dank eines Weihnachtshits, in dem viele Eichhörnchen mitsangen, expandieren konnte undnun mehr Leute brauchte. Rose’ Schwester versprach mir hoch und heilig, dass ich nicht tippen müsste. Da mein erster Arbeitstag mit meinem Geburtstag am 12. August zusammenfiel (ich bin Löwe, aber nicht, was man sich im Allgemeinen darunter vorstellt), dachte ich mir, wenn ich an meinem Geburtstag meinen ersten Job anfange, hat das bestimmt etwas zu bedeuten. Außerdem erschauerte ich bei dem Gedanken, mich mit einer weiteren Miss Burke auseinandersetzen zu müssen. Und die ständige Litanei, wie ideal der Beruf einer Lehrerin für ein junges Mädchen sei, hätte mich auch bald in den Wahnsinn getrieben, das heißt, ich brauchte sofort einen Job. Ich hab ihn also angenommen, auch wenn kaum die Chance bestand, dass ich in Glamour vorgestellt würde – FRAUEN, DIE ETWAS IN BEWEGUNG SETZEN – Sie sehen hier unsere etwas korpulente Sheila Levine, die ihrem Chef Frank Holland Kaffee und Plunderteilchen bringt. Sein richtiger Name ist Frank Hyman, er hat ihn aber geändert, als er seine Schulterpolsterproduktion einstellte – er war, Sie erinnern sich, der Schulterpolster-König – und stattdessen Platten für die junge Generation produzierte. Wie alle hier wissen, würde Frank Holland-Hyman auf Kaffee und Plunderteilchen verzichten, wenn sie ihm nicht höchstpersönlich von Sheila serviert würden. Auf dem Foto wäre ich in einem knallengen schwarzen Kleid zu sehen, das auf dem Bauch Falten warf, und meine Strümpfe hätten Laufmaschen. Ich selbst würde auch ein ziemlich mächtiges Käseteilchen verschlingen.
Der Job war vielleicht nicht gerade aufregend, aber ich beklagte mich nicht, sondern fand ihn okay. Meine Mutter hingegen war begeistert. Begeistert, weil ich jetzt im »Show biz« war. Ich hörte, wie sie sich am Telefon vor ihren Freundinnen brüstete: »Tja, Sheila hat wirklich einen tollen Job gefunden. Sie arbeitet für eine Plattenfirma. Und warum nicht? Schließlich hat sie Show Business studiert.«
Bernice Arnold hatte auch ihre Erfahrung mit dem Show Business. Ein Mann hatte sie einmal angesprochen und gemeint, sie müsse unbedingt zum Film, und er hatte ihr seine Visitenkarte gegeben. Wie sich herausstellte, besaß er eine Theateragentur. Meine Mutter hat ihn aber nie kontaktiert, schließlich war sie verlobt und wollte bald heiraten. Aber sie erzählt immer noch, dass sie meinem Vater zuliebe auf eine Karriere im Show
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