Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)
ihre Garderobe. So ist es den Besten von uns ergangen. Da stand sie also und las eine Ausgabe von Mad. Linda war tatsächlich einfach auszumachen.
Beide hatten wir den Immobilienteil der New York Times und der Village Voice dabei und unsere Präferenzen unterstrichen. Wir würden im Village leben, auch wenn es eine Souterrainwohnung wäre. Meine Schwester Ellen lebt auch in einer. Warum also nicht wir.
»Hi.«
»Hi.«
»Großer Gott, das Schweigen meiner Eltern sprach Bände, als ich heute Morgen von Parsippany wegging. Es ist wirklich ein harter Schlag für sie, dass ich aus dem Haus gehe. Und deine Mom? Wie hat sie reagiert?«
»Alles ist bestens. Es gab überhaupt kein Problem. Sie wünschte mir alles Gute.«
»Das kann nicht dein Ernst sein?«
»Natürlich nicht. Sie würde mich lieber in ihrer Tiefkühltruhe einfrieren als ausziehen lassen.«
»Sie sind alle gleich.«
»Wohl wahr.«
Nein, sind sie nicht. Ich hatte einmal eine Freundin gehabt, die Cindy hieß. Sie war achtzehn und traf sich mitdiesem Penner. Ihre Eltern haben sie einfach vor die Tür gesetzt, die Glückliche.
Wohnungsanzeigen lügen. Jede einzelne, ohne Ausnahme. Alle pathologischen Lügner verfassen sofort, wenn sie aus der Klapse kommen, Kleinanzeigen für eine Zeitung.
Bei der ersten Wohnung, die wir uns anschauten, entdeckten wir gleich drei Lügen in der Anzeige: Es war von drei Zimmern die Rede, es gab aber nur eins. Und von hundertachtzig Dollar, die sie im Monat kosten sollte, es waren aber zweihundertzwanzig Dollar. Die Adresse lautete 213 West Twelfth. Es gibt aber keine 213 West Twelfth. Es war die 213 East Twelfth. Es musste ein frisch Entlassener am Werk gewesen sein.
Die zweite Wohnung auf unserer Liste haben wir nie gesehen. Die Telefonnummer war erfunden. Wir sollten eine andere Nummer anrufen, doch diesen Anschluss gab es nicht.
»Ha-ha, Myrtle, weißt du, womit ich mir heute bei der Arbeit die Zeit vertrieben habe?«
»Nein, mit was denn, Henry?«
»Ich hab mir so ’ne komische Telefonnummer ausgedacht und sie in eine Kleinanzeige der New York Times gesetzt.«
»Ha-ha, das ist ja zum Brüllen, Henry. Was wirst du nächste Woche anstellen?«
»Nächsten Sonntag setz ich die Nummer der Anonymen Alkoholiker rein.«
»Oh, Henry, ich lach mich tot. Hoffentlich stecken sie dich nicht wieder in diese schreckliche Einrichtung.«
In einer dritten Anzeige stand »Sep. Schlafzimmer«. Es war aber weit und breit kein Sep. Schlafzimmer zu sehen.
Wir haben uns sämtliche Brownstones angeschaut, in denen etwas in unserer Preislage frei war. Es waren genau zwei. Fürchterliche Löcher. Vier Stockwerke hoch und Hinterhof, sowie ein Stockwerk tiefer – also Souterrain. Keine Fenster, keine Luft. Einfach unmöglich.
Am lästigsten ist bei der Besichtigung eines Brownstone Hauses, dass man den Hauswart erst dazu kriegen muss, sie einem zu zeigen.
»Guten Morgen, meine Freundin und ich möchten uns die Wohnung anschauen.«
»Aha«, sagt der total verschwitzte Hauswart.
»Geht das … einen Blick hinein zu werfen … Wenn’s Ihnen nichts ausmacht … wir wollen nicht stören.« Ich war höflicher zu ihm als jemals zu meiner Mutter.
Feindselig und schweißgebadet forderte er uns auf, ihm zu folgen. Er stieg eine enge Treppe hoch, ging ein paar enge Flure entlang, schloss eine Tür auf, riss die Schranktüren auf und blieb dann stehen. Kein Verkaufsgenie. Er weiß, dass diese beiden jungen Frauen um jeden Preis im Village wohnen wollen.
Die Wohnung war so dunkel und vermüllt, dass wir nichts sehen konnten. Linda und ich getrauten uns nicht, ihm zu sagen, dass wir sie schrecklich fanden, und wir getrauten uns auch nicht, uns in seiner Gegenwart zu beratschlagen. Schließlich nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und meinte, wir wollten es uns noch überlegen, und er war sauer. Warum konnten wir ihn nicht einfach inRuhe sein Bier trinken und die Quizshow anschauen lassen? Auf dem Boden krabbelten Käfer. Zum Glück hat er uns nicht vergewaltigt.
Nachdem wir das andere Brownstone Haus nicht ausfindig machen konnten, gingen wir in die Van Gogh-, die Rembrandt-, die Salvador-Dali-Abteilung, alles neue Bauten, in deren Lobby man sich Kunstdrucke ausleihen konnte. Sie kosteten aber viel zu viel, auch wenn ein Monat oder eine Nerzstola umsonst waren. Außerdem waren die Drucke zu klein; sie strahlten nichts aus. Doris Day bekam für ihr Geld Dinge mit Ausstrahlung.
Eine endlose Herumrennerei. Wir schaute uns jede einzelne
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