Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)
Business verzichtet habe. Man höre und staune!
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich bei Fran, Rose Lehmans Schwester, für die Vermittlung zu bedanken. Vielen Dank, Fran, du hast der Qual ein Ende bereitet. Am liebsten würde ich die Gänge der New Yorker Subway mit tausend Plakaten pflastern – Ich verdanke meinen Job Rose Lehmans Schwester .
Falls wir nach dem Examen noch nicht verheiratet oder zumindest verlobt wären – so hatten meine Mitbewohnerin Linda und ich damals in Syracuse beschlossen –, wollten wir uns eine Wohnung in Manhattan nehmen. Und warum eigentlich nicht? Auch Doris Day hatte ihr hübsches kleines, schnuckliges, in Hellgelb und Hellblau erstrahlendes Zweizimmerapartment in New York beibehalten? Nichts Besonderes – das Doris Day Domizil in dem schönenBrownstone Haus kostete bescheidene fünfzehnhundert Dollar im Monat, die sie von ihrem Arbeitslosengeld abzweigte. Allein die Bettlaken und die farblich darauf abgestimmten Pyjamas müssen ein Vermögen gekostet haben. Nach jeweils vier Jahren College wussten Sheila Levine und Linda Minsk immer noch nicht, dass Hollywood ihnen die ganzen Jahre über nur Lügenmärchen erzählt hatte. Wir dachten, wenn wir uns genügend Mühe gäben und am Ball blieben, dann würde uns die in den Hafen der Ehe einlaufende Doris Day ihr Apartment untervermieten.
Im August hatte dann auch Linda einen Job gefunden. Ihr Hauptfach war Kunst gewesen, auch ein Studium, das keine konkreten Kenntnisse vermittelte. Damals war es aber voll im Trend. Und ein ganzer Schwung frischgebackener College-Girls war völlig unvorbereitet ins Leben entlassen worden. Nach dem Examen hatte Linda Zeichenkohle und Messer weggeräumt und ihre Stelle auf dem Sozialamt angetreten. Diesen Job bekam sie aber nicht durch ihre jüdischen Beziehungen; sie ist einfach nur hingegangen und hat sich beworben. Als sie dann einen Fuß drinhatte, ließ der Sohn eines mit dem Schwager ihres nächsten Nachbarn befreundeten Mannes seine Beziehungen spielen, und Linda bekam einen anständigen Bezirk. Mrs. Minsk hatte nichts dagegen einzuwenden, dass ihre Tochter auf dem Sozialamt arbeitete, solange sie nicht in einem heruntergekommenen Viertel Sozialhilfeschecks verteilen musste.
Linda hat sich nach Kräften bemüht – eine Sozialarbeiterin mit Herz sein. In den ersten drei Monaten auf dem Sozialamt hat sie zweiundzwanzig Familien zu einemLinoleumfußboden verholfen und für sechs weitere Beistelltischchen aufgetrieben und eine junge Mutter und ihre neun unehelichen Kinder nach Florida in Ferien geschickt. Sie sind nie wieder zurückgekommen, was Lindas Chef so begeisterte, dass er sie auf einen Kaffee ins Chock Full o’Nuts einlud und ihr unterm Tisch das Knie tätscheln wollte.
Mein Plan war, mich mit Linda unterm Triumphbogen am Washington Square zu treffen. Es war mein großer Aufbruch nach Manhattan, wo ich mir eine Wohnung suchen wollte, um an jenem Freitagmorgen ein neues Leben anzufangen. Meine Mutter versteckte sich hinter ihrer Sankatasse und mein Vater hinter der New York Times. Offensichtlich hatte ich ihnen großes Unrecht zugefügt.
Im Zug dachte ich an die herrlichen Zeiten, die mich in der großen Stadt erwarteten. Hätte ich damals gewusst, was ich heute weiß, wäre ich mit dem nächsten Zug zurückgefahren und hätte mich nie wieder auf Wohnungssuche begeben. Ich wäre am Franklin Square geblieben, bis mich alle guten Geister verlassen hätten und ich in die Dachkammer verbannt worden wäre.
»Nein, nein, Kinder, nicht hochgehen. Da oben wohnt die verrückte Tante Sheila.«
»Warum ist sie verrückt, Mama?«
»Sie wurde verrückt, weil sie nicht geheiratet hat. Keiner fand sie hübsch oder nett genug, um sie zu heiraten, deshalb ist sie verrückt geworden. Weiter ist nichts. Nein, nein, Kleines, bleib hier.«
Ganz recht! Wenn ich gewusst hätte, was da abgeht, wasda tatsächlich abgeht, wäre ich nie weggegangen. New York wird oft als Dschungel bezeichnet. Ist es aber nicht. Es ist ein Sackhalter. Es unterstützt Männer. Man braucht sich nur die Zahlen anzuschauen.
In New York City gibt es eine Million weiblicher Singles, die Schuhgröße 40 und glattes Haar haben und nie auch nur einen einzigen Pickel bekämpfen mussten. Keines dieser Mädchen ist eine Jungfrau. Alle schlafen in ihren Studios mit ihren Männerbekanntschaften. Alle lesen Cosmos- Artikel zu dem Thema, wie man einen Mann findet (»Wie den Richtigen finden, wenn man über dreißig ist«). Alle gehen
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