Sherlock Holmes - Das Tal der Furcht
und fragte nach ihm.«
»Was waren das für Männer?«
»Nun, es war ein ziemlich hartgesottener Haufen. Sie kamen herauf zur Mine und wollten wissen, wo er war. Ich sagte ihnen, er sei nach Europa gegangen und ich hätte keine Ahnung, wo er zu finden sei. Sie hatten nichts Gutes im Sinn, das war deutlich zu merken.«
»Waren diese Männer Amerikaner? Aus Kalifornien?«
»Na, ich weiß nicht, ob sie aus Kalifornien waren, aber Amerikaner waren es bestimmt. Goldgräber waren es nicht. Ich weiß nicht, was sie waren, ich war jedenfalls herzlich froh, als sie endlich wieder verschwanden.«
»Das war vor sechs Jahren?«
»Eher sieben.«
»Und Sie waren fünf Jahre zusammen in Kalifornien, so daß diese Geschichte mindestens elf Jahre
zurückliegt?«
»Das ist richtig.«
»Das muß aber eine sehr bittere Fehde sein, die mit einem solchen Ernst über einen so langen Zeitraum fortgeführt wird. Der Anlaß kann keine Kleinigkeit gewesen sein!«
»Ich glaube, das hat sein ganzes Leben überschattet. Es ging ihm nie ganz aus dem Sinn.«
»Aber wenn ein Mensch sich in Gefahr weiß und noch dazu weiß, was ihn bedroht, glauben Sie nicht, daß er sich um Schutz an die Polizei wendet?«
»Vielleicht war da eine Gefahr, vor der ihn niemand schützen konnte. Da ist noch etwas, das Sie wissen sollten: Er war immer bewaffnet. Den Revolver hatte er ständig in der Tasche. Aber gestern abend, wie das Pech es wollte, war er im Morgenmantel und hatte die Waffe im Schlafzimmer gelassen. Er fühlte sich wohl sicher, nehme ich an, sobald die Brücke hochgezogen war.«
»Ich hätte gern diese Daten noch etwas genauer«, sagte MacDonald. »Es ist beinah sieben Jahre her, daß Douglas Kalifornien verlassen hat. Sie folgten ihm das Jahr darauf, ja?«
»So ist es.«
»Und er war etwa fünf Jahre verheiratet. Sie müssen etwa zum Zeitpunkt seiner Heirat zurückgekehrt sein.«
»Kurz vorher. Ich war sein Brautführer und Trauzeuge.«»Haben Sie Mrs. Douglas vor ihrer Hochzeit
gekannt?«
»Nein, das habe ich nicht. Ich war zehn Jahre nicht mehr in England gewesen.«
»Aber seither haben Sie sie ziemlich häufig gesehen?«
Barker sah den Detektiv streng und durchdringend an.
»Ich habe ihn seither häufig gesehen«, antwortete er. »Wenn ich sie gesehen habe, dann geschah das darum, weil man einen Mann nicht besuchen kann, ohne seine Frau zu sehen. Wenn Sie sich etwa
einbilden, daß das eine Beziehung...«
»Ich bilde mir gar nichts ein, Mr.Barker. Ich bin genötigt, Ermittlungen anzustellen, die mit dem Fall zu tun haben. Aber beleidigen will ich niemanden.«
»Manche Ermittlungen sind beleidigend«, antwortete Barker ärgerlich.
»Wir sind nur an Tatsachen interessiert. Es ist in Ihrem und in aller Interesse, daß sie aufgeklärt werden.
War Mr. Douglas ganz und gar einverstanden mit Ihrer Freundschaft zu seiner Frau ?«
Barker wurde blasser. Seine großen, starken Hände ballten sich krampfhaft. »Sie haben kein Recht, solche Fragen zu stellen!« rief er.
»Ich muß meine Frage wiederholen.«
»Nun, dann verweigere ich die Antwort.«
»Sie können die Antwort verweigern, aber Sie müssen sich darüber im klaren sein, daß Ihre
Verweigerung schon eine Antwort ist, denn Sie würden die Antwort nicht verweigern, wenn Sie nichts zu verbergen hätten.«
Barker stand einen Augenblick mit zornigem Gesicht da. Die schwarzen Brauen waren in scharfem
Nachdenken zusammengezogen. Dann sah er auf und lächelte.
»Na ja, meine Herren, ich nehme an, daß Sie hier schließlich nichts weiter als Ihre Pflicht tun, und ich habe nicht das Recht, Ihnen dabei im Wege zu stehen. Ich möchte Sie nur bitten, Mrs. Douglas nicht mit solchen Fragen zu quälen, denn sie hat jetzt gerade genug zu verkraften. Ich muß Ihnen erzählen, daß der arme Douglas nur einen Fehler hatte, und das war seine Eifersucht. Er hat mich sehr gern gehabt—uns verband eine echte Freundschaft. Und er liebte seine Frau. Er hatte es gern, wenn ich hier war, und lud mich immer wieder ein. Und doch, wenn seine Frau und ich miteinander sprachen, wenn nur ein bißchen Freundlichkeit und Sympathie zwischen uns herrschte, konnte ihn plötzlich die Eifersucht packen. Von einem Augenblick zum anderen drehte er durch und sagte die wildesten Dinge. Mehr als einmal habe ich mir geschworen, aus diesem Grunde nicht wiederzukommen. Aber er konnte dann solche reuevollen,
bittenden Briefe schreiben, daß ich einfach wiederkommen mußte. Doch Sie dürfen es mir auf Ehre und
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