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Sherlock Holmes - Das Tal der Furcht

Sherlock Holmes - Das Tal der Furcht

Titel: Sherlock Holmes - Das Tal der Furcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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wegzunehmen?«
    Ich hätte schwören können, daß einen Augenblick lang die winzige Andeutung eines Lächelns über das Gesicht der Frau huschte.
    »Das kann ich wirklich nicht sagen«, antwortete sie. »Das ist wirklich seltsam.«
    »Gut, wir wollen Sie jetzt nicht länger aufhalten. Es tut uns leid, daß wir so lange Ihre Zeit in Anspruch nehmen mußten«,sagte der Inspektor. »Es wird sicher noch ein paar Fragen geben, aber wir können uns ja zu gegebener Zeit an Sie wenden.«
    Sie erhob sich, und wieder nahm ich den raschen, fragenden Blick wahr, mit dem sie uns musterte, als wollte sie sagen: >Was für einen Eindruck hat meine Aussage auf euch gemacht?< Man konnte diese Frage geradezu hören. Dann rauschte sie mit einer leichten Verbeugung aus dem Zimmer.
    »Sie ist eine sehr schöne Frau — eine sehr schöne Frau«, sagte MacDonald gedankenvoll, als sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte. »Dieser Barker ist bestimmt ziemlich oft hier gewesen. Er ist ein Mann, den Frauen attraktiv finden. Er gibt zu, daß der Tote eifersüchtig war, und selber wußte er möglicherweise gut genug den Grund zu seiner Eifersucht. Und dann der Ehering. Man kann das nicht übersehen. Ein
    Mensch, der einen Ehering vom Finger eines Toten zieht — was sagen Sie dazu, Mr. Holmes?«
    Mein Freund hatte den Kopf in die Hände gestützt und saß tief in Gedanken versunken da. Er stand auf und klingelte.
    »Ames«, sagte er, als der Butler eintrat, »wo ist Mr. Cecil Barker jetzt?« »Ich werde nachsehen, Sir.«
    Er kam einen Augenblick später zurück und sagte, Mr. Barker sei im Garten.
    »Ames, können Sie sich daran erinnern, was Mr. Barker an den Füßen trug, als Sie letzte Nacht
    zusammen in das Arbeitszimmer gingen?«
    »Ja, Mr. Holmes, ein paar leichte Hauspantoffeln. Ich habe ihm seine Stiefel gebracht, bevor er zur Polizei ging.« »Wo sind die Pantoffeln jetzt?«
    »Sie befinden sich immer noch unter dem Stuhl in der Halle.« »Sehr gut, Ames. Es ist natürlich sehr wichtig für uns herauszufinden, welche Spuren von Mr. Barkers Schuhen stammen und welche von außen kommen.«
    »Ja, Sir. Ich darf noch hinzufügen, daß die Pantoffeln mit Blut beschmiert sind, so wie meine eigenen auch.«
    »Das ist ganz natürlich, wenn man bedenkt, in welchem Zustand sich das Zimmer befand. Sehr gut,
    Ames. Wir klingeln, wenn wir Sie brauchen.«
    Ein paar Minuten später waren wir wieder im Arbeitszimmer. Wie Ames schon gesagt hatte, waren beide Sohlen dunkel von Blut.
    »Seltsam!« murmelte Holmes, als er im Licht des Fensters stand und sie eingehend betrachtete. »Wirklich seltsam!«
    Mit einer schnellen, katzengleichen Bewegung beugte er sich nieder und plazierte den Pantoffel auf den blutigen Abdruck auf der Fensterbank. Er paßte genau hinein. Schweigend lächelte er seinen Kollegen zu.
    Vor Erregung verfiel der Inspektor wieder in den unverfälschten, harten Akzent seiner Heimat.
    »Mann!« schrie er. »Da gibt es überhaupt keinen Zweifel! Barker hat den Abdruck auf dem Fensterbrett selbst fabriziert. Er ist ein gutes Stück breiter als jeder Stiefelabdruck. Sie sagten doch, es handele sich um einen Spreizfuß, und hier ist die Erklärung. Aber was soll der Trick, Mr. Holmes — was soll der Trick?«
    »Ja, was soll der Trick?« wiederholte mein Freund gedankenvoll.
    White Mason lachte in sich hinein und rieb sich zufrieden die Hände.
    »Ich hab's ja gesagt, es ist ein dicker Hund!« rief er. »Und genau das ist es auch!«

6. KAPITEL
    Dämmerlicht
    Die drei Detektive hatten so viele Details zu erörtern, daß ich mich allein in unser bescheidenes Quartier im Dorfgasthof zurückbegab. Zuvor machte ich noch einen Spaziergang durch den merkwürdigen, im
    alten Stil angelegten Garten beim Hause. Seine äußere Grenze bildeten Reihen alter Taxusbäume, die zu seltsamen Formen gestutzt waren. Im Innern war ein herrlicher Rasen mit einer alten Sonnenuhr in der Mitte. Von dem Garten ging eine tröstliche und beruhigende Wirkung aus, die meinen angegriffenen
    Nerven wohltat. In dieser Atmosphäre tiefen Friedens konnte man die hinge-streckte, blutbesudelte Leiche beinahe vergessen oder sich doch innerlich so weit davon distanzieren, daß einem das alles nur noch wie ein böser Traum erschien. Und doch, als ich so umherschlenderte und mich abzulenken
    versuchte, geschah etwas Seltsames, das mich wieder an die Tragödie gemahnte und bei mir einen
    unangenehmen Eindruck hinterließ.
    Ich habe gesagt, daß kunstvoll gestutzte Taxusbäume den

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