Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Titel: Sherlock Holmes - Der Rote Kreis
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
an dem Punkt angelangt zu sein, von dem es keine Wiederkehr mehr gibt. Wir beatmeten sie künstlich und gaben ihr belebende Spritzen und taten alles, was man in einer modernen Welt unter diesen Umständen tun kann. Schließlich zuckten ihre Augenlider ein wenig. Langsam kehrte das Leben zurück. Ein Wagen hielt vor dem Haus. Holmes hob die Rolläden hoch und schaute zum Fenster hinaus. »Hier ist Lestrade mit dem Durchsuchungsbefehl«, sagte er. »Jedoch wird er leider feststellen, daß die Vögel ausgeflogen sind. Und hier«, fügte er hinzu, als schwere Schritte den Flur entlangkamen, »kommt jemand, der größeres Anrecht als wir darauf hat, die Lady zu pflegen. Guten Morgen, Mr. Green. Ich glaube, je schneller wir die Dame von hier fortbringen, desto besser für sie. Inzwischen mag die Beerdigung ihren Lauf nehmen, damit die arme, alte Frau, die immer noch im Sarg liegt, zu ihrer letzten Ruhe kommt. «
    »Mein lieber Watson, wenn Sie diesen Fall Ihren Annalen beifügen«, sagte Sherlock Holmes an jenem Abend, »dann darf das nur geschehen, um zu demonstrieren, wie auch das bestfunk-tionierende Gehirn gelegentlich aussetzen kann. Fehler passieren allen menschlichen Geschöpfen. Gut ist, wenn man seine Fehler erkennt und rechtzeitig in Ordnung bringt. Und das kann ich jedenfalls in Anspruch nehmen. Ich habe Fehler gemacht, aber am Ende habe ich es doch wieder gutmachen können.
    In der Nacht wurde ich von dem Gedanken verfolgt, daß da irgendwo ein Hinweis war - ein seltsamer, fremder Satz, eine Bemerkung, eine kuriose Beobachtung, die ich zwar irgendwie registriert, aber zu schnell aus meinem Gedächtnis entlassen hatte. Im Morgengrauen war sie dann plötzlich wieder da. Es war die Bemerkung der Frau im Beerdigungsinstitut, die Philip Green gehört und mir getreulich berichtet hatte. Sie hatte gesagt: »Er sollte längst da sein, aber er hat so außergewöhnliche Maße.« Das konnte doch nur bedeuten, daß der Sarg nach besonderen Maßen angefertigt worden war. Aber warum? Warum? In dem Augenblick erinnerte ich mich wieder daran, wie tief unten auf dem Boden des Sarges die kleine, alte, verwelkte Frau gelegen hatte. Weshalb einen so großen Sarg für eine so kleine Person? Um Platz zu schaffen für eine zweite Leiche? Beide konnten mit dem gleichen Totenschein beerdigt werden. Alles war so klar, wenn nur meine eigene Sicht nicht so verschwommen gewesen wäre.
    Um acht Uhr würde Lady Frances beerdigt werden. Unsere einzige Chance bestand darin, den Sarg anzuhalten, bevor er das Haus verließ.
    Ich habe kaum zu hoffen gewagt, sie noch lebend anzutreffen. Aber eine Chance hatten wir immerhin, wie auch das Resultat bewies. Diese Leute hatten, soviel ich wußte, bei all ihrer Grausamkeit und Gier noch nie einen Mord eigenhändig ausgeführt. Ich hoffte deshalb, daß sie auch hier vor der letzten Gewalttat zurückschrecken würden. Sie konnten sie lebend beer-digen, dann würde niemand erfahren, woran sie gestorben war. Selbst wenn sie exhumiert würde, bestand noch eine Chance für ihre Mörder. Ich hoffte inständig, daß ihre Gedanken in die gleiche Richtung gegangen waren. Sie können sich die Szene gut vorstellen, die dann ablief. Sie haben die entsetzliche Höhle gesehen, in der sie die arme Frau so lange gefangenhie lten. Sie stürzten herein, überwältigten sie mit Chloroform, trugen sie hinunter, gossen noch etwas davon in den Sarg, um ganz sicher zu sein, daß sie nicht aufwachte. Dann schraubten sie den Sargdeckel darauf. Ein kluges Vorgehen, Watson, und dazu neu in den Annalen der Kriminalistik. Wenn unser Ex-Missionar jetzt den Fängen Lestrades entkommen ist, dann erwarte ich noch einige glänzende Stücke in seiner zukünftigen Karriere. «

    Das Abenteuer mit des Teufels Fuss

    Von Zeit zu Zeit berichte ich von interessanten Erinnerungen und seltsamen Erfahrungen, die ich zusammen mit meinem lang-jährigen und sehr lieben Freund, Mr. Sherlock Holmes, gemacht habe. Ich habe jedoch ständig mit einer bestimmten Schwierigkeit zu kämpfen. Er liebt es nämlich gar nicht, wenn seine Fälle veröffentlicht werden. Sein ernster Geist lehnt öffentliche Loblieder zynisch ab. Nichts kann ihn mehr amüsieren, als wenn er am Ende eines erfolgreichen Falles alle Lorbeeren einem Inspektor der offiziellen Polizei weiterreichen kann. Mit spöttischem Lächeln und innerer Genugtuung nimmt er die falschen Gratulationen zur Kenntnis. Es liegt an seiner Einstellung zu Veröffentlichungen, die ich zu respektieren habe,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher