Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Titel: Sherlock Holmes - Der Rote Kreis
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
nehmen zu dürfen, um sie zu pflegen. Die Nachricht vom Tod der alten Frau überraschte niemanden.
    Unser nächstes Ziel war der Arzt. Ja, er war von dem Ehepaar gerufen worden und hatte gesehen, daß die Tote an Altersschwäche und Senilität gestorben war. Er hatte sie tatsächlich sterben sehen, und es gab keinen Grund, weshalb er den Totenschein nicht hätte ausfüllen sollen. »Ich kann Ihnen nur versichern, daß alles völlig normal war. Ein fauler Trick war überhaupt nicht möglich. « Nichts im Haus hatte sein Mißtrauen erregt. Er fand es nur seltsam, daß Leute ihrer Klasse kein Personal hatten. Soweit der Arzt.
    Schließlich fanden wir uns in Scotland Yard ein. Es hatte Schwierigkeiten gegeben, einen Durchsuchungsbefehl auszustellen. Ein paar Verzögerungen waren nicht zu vermeiden gewesen. Der Magistrat hatte das Papier zu unterschreiben, und seine Unterschrift war vor dem nächsten Morgen nicht zu bekommen. Wenn Holmes am nächsten Morgen um neun Uhr wiederkommen wolle, dann könnten er und Lestrade gehen und nach dem Rechten sehen. So endete der Tag. Allerdings kam um Mitternacht unser Freund, der Sergeant, noch einmal bei uns vorbei. Er sagte, daß er hier und da Licht in dem dunklen Haus habe flackern sehen. Niemand aber habe das Haus betreten oder verlassen. Wir konnten nur um Geduld beten und auf den Morgen hoffen.
    Sherlock Holmes war zu nervös, um ein Gespräch anzufangen, und zu ruhelos, um zu schlafen. Ich ging ins Bett und ließ ihn rauchend zurück. Die schweren, dunklen Brauen hatten sich wie Knoten zusammengezogen, und seine langen, nervösen Finger klopften auf der Sessellehne. In Gedanken ging er alle Möglichkeiten durch, die zur Lösung des Rätsels führen konnten.
    Oft hörte ich ihn in der Nacht im Haus herumlaufen. Am nächsten Morgen schließlich, als ich gerade geweckt worden war, kam er zu mir ins Schlafzimmer gestürmt. Er war in seinen grauen Morgenmantel gehüllt, aber seine blassen Wangen verrieten mir, daß er in der Nacht nicht geschlafen hatte.
    » Um welche Zeit ist die Beerdigung? War es acht Uhr? « rief er. »Nun, jetzt ist es sieben Uhr zwanzig! Gott im Himmel, Watson, was ist aus meinem Gehirn geworden! Schnell, Mann, schnell! Es geht um Leben und Tod - hundert zu eins für den Tod. Ich werde es mir nie ve r-zeihen, wenn wir zu spät kommen!«
    Noch keine fünf Minuten waren vergangen, bis wir in einem zweirädrigen Wagen die Baker Street hinunterratterten. Aber auch bei aller Eile war es fünfundzwanzig Minuten vor acht, als wir an Big Ben vorbeifuhren, und als wir schließlich in die Brixton Road einbogen, schlug es acht. Aber andere Leute hat-ten sich auch verspätet. Zehn Minuten nach acht stand ein Trau-erwagen immer noch vor dem Haus. Gerade in dem Augenblick, als unsere dampfenden Pfe r-de zum Halten kamen, wurde ein Sarg von drei Männern zum Haus hinausgetragen. Ho lmes sprang aus dem Wagen und verstellte ihnen den Weg.
    »Bringen Sie ihn zurück!« rief er und legte dem ersten Mann„ seine Hand auf die Brust.
    »Bringen Sie ihn augenblicklich zurück! «
    »Was zum Teufel wollen Sie? Ich frage Sie noch einmal: Wo ist Ihr Durchsuchungsbefehl!«
    brüllte der wütende Peters. Sein rotes Gesicht starrte über den hinteren Rand des Sarges.
    »Der Durchsuchungsbefehl ist unterwegs. Der Sarg bleibt hier, bis dieser kommt!«
    Die Autorität in Holmes' Stimme hatte ihre Wirkung auf die Träger. Plötzlich war Peters im Haus verschwunden. Die Träger gehorchten wortlos diesem neuen Befehl. »Schnell, Watson, schnell, schnell, hier ist ein Schraubenzieher. Hier ist einer für Sie, guter Mann! Einen Sove-reign, wenn der Deckel in einer Minute unten ist. Das ist gut! Noch einmal! Nun noch einmal!
    Nun alle zusammen ziehen! Er gibt nach! Ah, jetzt kommt er endlich! «
    Mit vereinten Kräften hatten wir den Sargdeckel heruntergezerrt. Schwaden von betäubendem Chloroformgeruch kamen uns aus dem Sarg entgegen. Eine Gestalt lag darin, den Kopf völlig mit Watte umhüllt, die mit dem Narkosemittel getränkt war. Holmes riß sie fort und befreite das schöne Gesicht einer Frau mittleren Alters. Im nächsten Augenblick hatte er seinen Arm um die Gestalt geschlungen und sie in eine sitzende Position gebracht.
    »Ist sie tot, Watson? Ist noch ein Funke Leben in ihr? Wir dürfen nicht zu spät gekommen sein!«
    Dennoch sah es eine halbe Stunde lang so aus, als seien wir zu spät gekommen. Halb durch Sauerstoffmangel, halb durch die giftigen Dämpfe schien Lady Carfax bereits
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher