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Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Titel: Sherlock Holmes - Der Rote Kreis
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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der Sarg, der Ihnen ins Haus gebracht worden ist?«
    »Was geht Sie der Sarg an? Eine Tote liegt darin.«
    »Ich will die Tote sehen.«
    »Niemals mit meiner Erlaubnis.«
    »Dann eben ohne Ihre Erlaubnis!« Mit einer schnellen Bewegung hatte Holmes den Mann zur Seite geschoben und war durch die Halle gegangen. Direkt vor uns war eine offene Tür. Wir traten ein. Wir befanden uns im Eßzimmer. Auf einem Tisch stand unter einem halbangezündeten Leuchter ein ungewöhnlich hoher Sarg. Holmes drehte das Gas voll auf und hob den Sargdeckel hoch. Tief unten, auf dem Boden des Sarges, lag eine kleine, leblose Gestalt. Das grelle Licht fiel auf ein uraltes, verwelktes Gesicht. Kein noch so furchtbarer Prozeß von Grausamkeit, Hunger und Krankheit konnte die schöne Frances Carfax derart verwandelt haben. In Holmes' Gesicht spiegelte sich tiefe Verwunderung, aber auch Erleichterung.
    »Gott sei Dank«, sagte er. »Es ist jemand anders.«
    »Ah, da ist Ihnen wohl einer Ihrer schrecklichen Irrtümer unterlaufen, Mr. Sherlock Holmes, was?« sagte Peters, der uns ins Zimmer gefolgt war.
    »Wer ist diese tote Frau?«
    »Nun, wenn Sie es unbedingt wissen müssen, erzähle ich es Ihnen. Es ist die alte Amme me iner Frau, Rose Spender mit Namen. Wir haben sie auf der Krankenstation des Arbeitshauses in Brixton wiedergefunden und haben sie zu uns nach Hause mitgenommen. Wir haben Dr.
    Horsom, Firbank Villas 13 geholt. - Vergessen Sie nicht, die Adresse aufzuschreiben, Mr.
    Holmes. Und wir haben uns ihrer liebevoll angenommen, wie es sich für gute Christen gehört.
    Am dritten Tag ist sie gestorben. Auf dem Totenschein steht etwas von Altersschwäche und Senilität. Aber das ist ja nur, was der Arzt geschrieben hat. Sie wissen es selbstverständlich besser. Die Beerdigung wird von Simson und Co. aus der Kensington Road ausgeführt. Sie soll morgen früh um acht stattfinden. So haben wir es geregelt. Wo liegt nun unser Unrecht, Mr. Holmes? Sie haben einen idiotischen Fehler begangen, geben Sie das ruhig zu. Ich wünschte, jemand hätte Ihr Gesicht photographiert, als Sie da eben mit offenem Mund in den Sarg gestarrt haben. Sie erwarteten, Lady Carfax zu sehen, und alles, was Sie zu sehen kriegen, ist eine alte, über neunzigjährige Frau. «
    Holmes' Gesicht blieb auch unter dem höhnischen Gerede seines Gegenspielers ruhig und gelassen. Nur seine geballten Fäuste zeigten, wie sehr er innerlich aufgebracht war.
    »Ich durchsuche Ihr Haus trotzdem!« sagte er.
    »Versuc hen Sie es nur!« rief Peters. Aber da waren die Stimme einer Frau und schwere Schritte im Gang zu hören. »Das werden wir gleich sehen! Hierher, Inspektor, seien Sie so freundlich. Diese Männer sind in mein Haus eingedrungen, und ich kann sie nicht loswerden.
    Helfen Sie mir, sie hinauszuwerfen!«
    Ein Sergeant und ein Konstabler standen in der offenen Tür. Holmes zog seine Karte aus der Tasche.
    »Hier ist meine Karte und Adresse. Dies ist mein Freund, Dr. Watson. «
    »Guten Abend, Sir, ich kenne Sie selbstverständlich«, sagte der Sergeant, »aber ohne Haftbefehl können Sie hier nicht bleiben. «
    »Natürlich nicht. Das verstehe ich vollkommen.« »Verhaften Sie ihn!« schrie Peters.
    »Wir wissen diese Herren zu finden, wenn wir sie brauchen«, sagte der Sergeant würdevoll.
    »Aber Sie müssen wirklich gehen, Mr. Holmes.«
    »Ja, Watson, wir werden gehen müssen!«
    In der nächsten Minute standen wir alle auf der Straße. Holmes gab sich so kühl und gelassen wie immer. Aber mir war ganz heiß vor Ärger und Erniedrigung. Der Sergeant war uns gefolgt.
    »Es tut mir leid, Mr. Holmes, aber ich konnte nichts anderes machen. Das Gesetz ist nun mal so. «
    »Richtig, Sergeant, Sie konnten nicht anders handeln.«
    »Gewiß waren Sie nicht ohne guten Grund in diesem Haus. Wenn ich irgend etwas für Sie tun kann ... «
    »Es handelt sich um eine verschwundene Dame, Sergeant. Wir sind überzeugt, daß sie sich in diesem Haus befindet. Ich erwarte in Kürze einen Haussuchungsbefehl ... «
    »Ich werde ein Auge auf das Haus haben, Sir. Wenn sich etwas tut, werde ich es Sie wissen lassen.«
    Um neun Uhr befanden wir uns wieder auf dem Kriegspfad. Zunächst fuhren wir zur Kran-kenabteilung des Brixtoner Arbeitshauses. Dort fanden wir heraus, daß wirklich vor ein paar Tagen ein gutherziges Ehepaar gekommen war und eine alte, kranke, verwirrte Patientin besucht hatte. Sie hatten sie als ihre alte Angestellte bezeichnet. Aus Mitleid hatten sie darum gebeten, sie mit heim
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