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Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel

Titel: Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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erstaunlicher war.
    „Dumm?“, platzte es aus mir heraus. „Ich finde es erschreckend!“
    „Selbstverständlich ist es auch erschreckend, mein lieber Watson.“ Gedankenverloren füllte er seine Tasse erneut mit duftendem Earl Grey. „Erschreckend, dass ein in der rationalen Wissenschaft der Kriminalistik ausgebildeter Polizist an Gespenstergeschichten glaubt. Inspektor Pickering verfügt offenbar über einen erschreckend ... einfachen Verstand.“ Sichtlich abgestoßen schüttelte er den Kopf.
    „Nun“, merkte ich an. „Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde ...“
    „Ach Watson, bleiben wir doch ernst“, schnitt er mir mit freundlicher Miene das Wort ab. Dabei war ich mir selbst gar nicht bewusst, gescherzt zu haben. „Es ist einfach eine dumme Sache. Wenn sogar ein gestandener Kriminalbeamter eingeschüchtert werden konnte, wird den Umtrieben in Chiddingstone so bald wohl niemand Einhalt gebieten. Daraus folgt, dass wir den Mittagszug nehmen werden und daraus folgt wiederum, dass ich der Premiere von Lady Marylebones Stück heute Abend nicht beiwohnen kann.“
    Natürlich! Heute Abend war Holmes in die Oper eingeladen worden. Bisher hatte ich jedoch den Eindruck gehabt, dass er alles andere tat, als diesem gesellschaftlichen Triumph der Lady Marylebone entgegenzufiebern. Sein feines Lächeln ließ mich ahnen, dass sich daran auch nicht viel geändert hatte,
    „Eine dumme Sache“, stimmte ich zu.

    Der Standort Chiddingstones schien in der Absicht gewählt worden zu sein, den Verkehrswegen der Zivilisation möglichst großräumig auszuweichen. Doch natürlich war dieser Gedanke aus Bequemlichkeit geborener Unsinn. Wenn man Holmes erstaunlicher Bibliothek glauben durfte, hatte das Dorf hier schon gestanden, bevor England seinen ersten König krönte. Die Ursprünge des kleinen Ortes verloren sich im Dunkel der Geschichte.
    Es war demnach die Eisenbahn, die Chiddingstone offenbar wenig Liebe entgegenbrachte. Noch weniger Liebe brachte ich jedoch der defekten Federung unserer Droschke entgegen. Seit Stunden schaukelte uns dieses abenteuerliche Gefährt immer tiefer in die malerische Landschaft Südenglands hinein und unterzog unsere Kehrseiten einer harten Prüfung. In einem kurzen Anfall von seelischer Schwäche beklagte ich mich bei Holmes, doch dieser sah kaum von seiner Zeitung auf.
    Auf den ersten Blick erwies sich Chiddingstone als malerisches kleines Örtchen, das uns mit sommerlicher Freundlichkeit empfing. Auf komödiantische Weise ebenso pittoresk war der Dorfpolizist, der uns breitbeinig, als wäre er der gestrenge, allmächtige Herrscher dieses kleinen Fleckchens, direkt am Dorfeingang erwartete. Bereits die Breite seiner Schultern schien seine Körperhöhe zu übertreffen. Sein stolzer Bauch tat es allerdings mit Sicherheit. Ein gewaltiger, offensichtlich allnächtlich mit einer Bartbinde gepflegter Schnurrbart vereitelte jeden Versuch, zwischen Lächeln und Zähnezeigen zu unterscheiden. Seine prankenartigen Hände spielten beunruhigend geschickt mit seinem Schlagstock. Ein Wink von ihm genügte, um unser Gefährt ruckartig zum Stehen zu bringen. Während er wie eine fleischgewordene Lawine nähertrat, faltete Holmes seine Times zusammen.
    „Mister Holmes, nehme ich an.“ Seine Stimme hätte auch einem unwilligen Haufen Geröll gehören können. Mein Freund nickte zustimmend und stieg zu dem grobschlächtigen Mann hinab. Erstaunt stellte ich fest, dass ihn der Polizist trotz seines imposanten Körperbaus beinahe überragte.

    „In der Tat, Officer Bowler.“ Holmes verneigte sich höflich, während sich die buschigen Augenbrauen des monströsen Mannes vor ihm überrascht hoben. Ich konnte es ihm nachfühlen. Auch ich verstand nicht, woher Holmes seinen Namen kannte. Auf jeden Fall war seine Miene – soweit sichtbar – um einiges freundlicher geworden.
    Fast zuvorkommend lud er uns in seine kleine Wachstation am Dorfeingang ein.
    „Wir haben wenig Zeit“, nahm Holmes nach Entgegennahme des obligatorischen Begrüßungstees die Gesprächsführung an sich. „Der Täter kann jederzeit wieder zuschlagen.“ Mit einem Laut zwischen Grunzen und Schnauben stimmte Bowler zu. „Sie sind der Erste, der von einem Täter spricht. Das Dorf ist endgültig verrückt geworden.“ Er schien wirklich wütend zu sein.
    „Uns sind die Geschehnisse nur aus den Schilderungen eines verängstigten Inspektors von Scottland Yard bekannt. Vielleicht könnten Sie das Ganze für uns mit der Nüchternheit eines

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