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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Roylott zurückkäme und uns sähe, wäre unser ganzer Besuch umsonst gewesen. Leben Sie wohl und halten Sie sich tapfer; wenn Sie meinen Weisungen pünktlich nachkommen, dürfen Sie versichert sein, dass wir Ihnen die Gefahren, von denen Sie bedroht sind, bald aus dem Weg geräumt haben werden.«
    Drüben in der ›Krone‹ verschafften wir uns im oberen Stockwerk zwei Zimmer, deren Fenster gerade zum Parktor und dem bewohnten Flügel des Herrenhauses hinüberschauten. In der Dämmerung kam Dr. Roylott angefahren; seine Riesengestalt ragte hoch empor neben dem schmächtigen Burschen, der den Wagen lenkte. Als derselbe das schwere Gittertor nicht ohne Weiteres aufbrachte, hörten wir den Doktor mit seiner heiseren Stimme auf ihn einschreien und sahen, wie er in der Wut die geballten Fäuste gegen ihn schüttelte. Das Wägelchen fuhr wieder davon, und einige Minuten darauf blitzte plötzlich aus einem der Wohnzimmer das Licht einer Lampe durch das Laubwerk herüber.
    »Wissen Sie, Watson«, sagte Holmes, als wir in der zunehmenden Dunkelheit beisammen saßen, »es ist mir wirklich nicht ganz wohl dabei, dass ich Sie heute Nacht mitnehmen soll. Die Sache ist durchaus nicht ohne ernstliche Gefahr.«
    »Kann ich dabei von Nutzen sein?«
    »Ihre Gegenwart ist möglicherweise von ganz unbezahlbarem Wert.«
    »Dann werde ich unfehlbar mitgehen.«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen.«
    »Sie sprechen von Gefahr. Offenbar haben Sie in den Zimmern mehr gesehen, als ich entdecken konnte.«
    »Nein, ich habe wahrscheinlich nur mehr Schlüsse daraus abgeleitet. Gesehen haben Sie wohl geradeso viel wie ich.«
    »Außer dem Klingelzug habe ich nichts Bemerkenswertes wahrgenommen. Zu welchem Zweck der aber dienen sollte, kann ich mir nicht vorstellen, das gestehe ich ehrlich.«
    »Haben Sie auch das Luftloch gesehen?«
    »Ja, aber ich meine, eine kleine Öffnung, die aus einem Zimmer ins andere führt, ist doch nichts so gar Ungewöhnliches. Sie ist ja so klein, dass kaum eine Ratte durchschlüpfen kann.«
    »Ich wusste schon, ehe wir hierherkamen, dass wir ein solches Luftloch finden würden.«
    »Aber, bester Holmes!«
    »Sie erinnern sich gewiss, dass uns Miss Stoner berichtete, ihre Schwester habe Dr. Roylotts Zigarre gerochen. Nun, das brachte mich sogleich auf den Gedanken, dass zwischen den beiden Zimmern eine Verbindung bestehe. Natürlich konnte dieselbe nur klein sein, sonst wäre sie bei der gerichtlichen Untersuchung bemerkt worden; so kam ich zu dem Schluss, dass es sich um ein Luftloch handeln werde.«
    »Aber was kann denn dabei Schlimmes sein?«
    »Es ist doch zum Mindesten ein merkwürdiges Zusammentreffen, dass die Dame, die in ihrem Bett schläft, plötzlich stirbt, gerade nachdem man oben über demselben ein Luftloch angebracht und daneben einen Klingelzug befestigt hat. Kommt Ihnen das nicht auch auffallend vor?«
    »Ich vermag noch immer nicht einzusehen, wie das alles zusammenhängen soll.«
    »Haben Sie vielleicht etwas Besonderes an dem Bett bemerkt?«
    »Nein.«
    »Es ist am Fußboden angenagelt. Ist Ihnen das sonst schon jemals vorgekommen?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Die Dame konnte ihr Bett nicht von der Stelle rücken. Es musste also gerade unter dem Luftloch und dem Seil stehen bleiben – ein Seil müssen wir es doch eigentlich nennen, da es auf einen Klingelzug offenbar überhaupt nicht abgesehen war.«
    »Holmes!«, rief ich aus. »Ich glaube, mir dämmert allmählich eine Ahnung auf, wohin Ihre Andeutungen zielen. Wir sind nur gerade zu rechter Zeit gekommen, um ein abgefeimtes, grässliches Verbrechen zu verhindern.«
    »Jawohl, abgefeimt und grässlich! Wenn ein Arzt zum Verbrecher wird, tut er es allen anderen zuvor; denn er besitzt die nötigen Kenntnisse und hat starke Nerven. So war es zu allen Zeiten. Der Mensch, mit dem wir es zu tun haben, stellt zwar selbst seine berüchtigtsten Vorbilder in den Schatten, doch meine ich, Watson, wir dürfen es trotzdem mit ihm aufnehmen. Aber es warten unserer noch Schrecknisse genug, bevor die Nacht um ist; deshalb lassen Sie uns jetzt in aller Ruhe und Gemütlichkeit eine Pfeife zusammen rauchen und ein paar Stunden an etwas Heiteres denken.«
    Etwa um neun Uhr erlosch der Lichtschein zwischen den Bäumen, und das Herrenhaus lag nun in tiefem Dunkel. Zwei Stunden waren langsam dahingeschlichen, als plötzlich, mit dem Schlag elf Uhr, ein einzelnes helles Licht gerade uns gegenüber aufblitzte.
    »Das ist das Zeichen für uns«, sagte Holmes

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