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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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baulichen Arbeiten vermutlich. Übrigens kommt es mir nicht gerade vor, als ob hier an der Außenwand die Ausbesserung dringend nötig gewesen wäre.«
    »Ganz und gar nicht. Ich glaube, dass es lediglich ein Vorwand war, um mich aus meinem Zimmer zu vertreiben.«
    »Ha, sehr wohl möglich. Und an der anderen Seite des schmalen Flügels läuft wohl der Gang hin, auf den die drei Zimmer münden? Natürlich hat er auch Fenster.«
    »Aber nur ganz kleine, durch die ein Mensch nicht hereinkommen kann.«
    »Da Ihre Schwester und Sie Ihre Zimmer nachts abschlossen, waren diese von dort her unzugänglich. Wollten Sie jetzt die Güte haben, in Ihrem Zimmer die Läden zuzumachen?«
    Miss Stoner tat es, und Holmes untersuchte dieselben zuerst sorgfältig durch das offene Fenster; dann machte er auf jede mögliche Weise den Versuch, den Laden zu erbrechen, jedoch ohne Erfolg. Nirgends war der geringste Spalt, in dem sich hätte etwa ein Messer ansetzen lassen, um die Stange zu lockern. Dann untersuchte er auch die Angeln, allein sie waren aus starkem Eisen und saßen fest in dem massiven Mauerwerk. »Hm«, meinte er und rieb sich das Kinn in seiner Verlegenheit, »meine Annahme stößt allerdings auf Schwierigkeiten. Hier konnte kein Mensch hereinkommen, wenn die Läden geschlossen waren. Nun, wir werden ja sehen, ob die innere Besichtigung vielleicht Licht in die Sache bringt.«
    Eine kleine Seitentür führte in den weißgetünchten Gang, auf den die drei Schlafzimmer mündeten. Das äußerste wollte Holmes nicht sehen, deshalb begaben wir uns sogleich ins mittlere, worin Miss Stoner gegenwärtig schlief und in welchem ihre Schwester gestorben war. Es war ein heimlicher kleiner Raum mit niederer Decke und großem Kamin, wie man sie in alten Landsitzen oft trifft. Eine braune Kommode stand in der einen Ecke, ein schmales, weiß bezogenes Bett in einer anderen und ein Toilettentisch zur Linken des Fensters. Diese Möbel bildeten zusammen mit zwei geflochtenen Stühlen und einem Teppich in der Mitte die ganze Einrichtung. Das Holzwerk an Boden und Wandverkleidung waren braune, wurmstichige eichene Dielen, so alt und schwarz, dass sie wohl noch aus der ersten Zeit des Gebäudes herstammen mochten. Holmes schob sich einen der Stühle in eine Ecke, ließ von diesem Platz aus den Blick ringsumher laufen und musterte stumm den ganzen Raum mit größter Genauigkeit.
    »Wohin geht diese Klingel?«, fragte er zuletzt und deutete dabei auf einen dicken Klingelzug, der neben dem Bett herabhing, sodass die Quaste auf dem Kissen ruhte.
    »In das Zimmer der Haushälterin.«
    »Sie scheint neuer zu sein als die übrige Einrichtung.«
    »Jawohl, sie wurde erst vor ein paar Jahren angebracht.«
    »Vermutlich auf Verlangen Ihrer Schwester?«
    »Nein, soviel ich weiß, hat Julia sie nie benutzt. Wir waren gewohnt, uns alles, was wir brauchten, selbst zu holen.«
    »Nun, dann war es wahrhaftig recht überflüssig, einen so schönen Klingelzug anzubringen. Sie erlauben wohl, dass ich mich jetzt ein paar Minuten auf dem Boden umsehe.« Er legte sich mit der Lupe in der Hand nieder und kroch behände vor- und rückwärts, um jede Spalte zwischen den Dielen auf das Genaueste zu untersuchen. Hierauf prüfte er die Holztäfelung des Zimmers ebenso sorgfältig. Zuletzt trat er an das Bett und betrachtete es längere Zeit, während er gleichzeitig den Blick an der Wand hinter demselben auf- und abgleiten ließ. Schließlich fasste er den Glockenzug und tat einen tüchtigen Ruck daran.
    »Das ist ja nur eine Scheinklingel!«, sagte er.
    »Läutet sie nicht?«
    »Nein, es ist nicht einmal ein Draht daran befestigt. Das ist höchst interessant. Sehen Sie nur, sie ist gerade über dem kleinen Luftloch an einem Haken festgemacht.«
    »Wie seltsam! Das ist mir noch nie aufgefallen.«
    »Höchst wunderlich!«, murmelte Holmes, indem er nochmals an der Klingel zog. »Einiges in diesem Zimmer ist wirklich ganz merkwürdig. Zum Beispiel muss ja der Baumeister ein vollkommener Narr gewesen sein, dass er ein Luftloch ins Nebenzimmer gemacht hat, während es geradeso gut ins Freie hinausgehen konnte.«
    »Es stammt ebenfalls erst aus neuerer Zeit«, bemerkte das Fräulein.
    »Wurde wohl zugleich mit dem Glockenzug angebracht?«
    »Ja, damals hat man verschiedene kleine Änderungen vorgenommen.«
    »Die recht interessanter Art sind – Scheinklingeln und Luftlöcher, die keine frische Luft zuführen. Mit Ihrer Erlaubnis, Miss Stoner, wollen wir jetzt unsere

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