Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
Vom Netzwerk:
Leben geführt und hegten die Hoffnung, unsere Vergangenheit wäre auf immer begraben. Nun kannst du dir meine Gefühle vorstellen, als ich in dem Matrosen, der uns aufsuchte, auf den ersten Blick den Mann erkannte, den wir damals von den Trümmern der »Gloria Scott« aufgelesen hatten. Er war irgendwie auf unsere Spur gekommen und hatte beschlossen, aus unserer Furcht Kapital zu schlagen. Du wirst nun begreiflich finden, warum ich mit ihm im guten auszukommen versuchte, und wirst einigermaßen die Angst verstehen, die mich jetzt erfüllt, da er mit Drohungen auf der Zunge zu seinem zweiten Opfer gegangen ist.‹
    Unten steht noch in einer Schrift, so zitterig, dass sie kaum lesbar ist: Beddoes schreibt in Chiffreschrift, dass Hudson alles verraten hat. Teurer Vater im Himmel, sei unseren Seelen gnädig!
    Das war der Bericht, den ich in jener Nacht dem jungen Trevor vorgelesen habe, und ich denke, er war unter solchen Umständen dramatisch genug. Dem guten Burschen wollte das Herz darüber brechen, und er ging nach Ceylon, wo er Teepflanzer wurde. Wie ich höre, geht es ihm dort gut. Was den Matrosen und Beddoes anlangt, so hat man von keinem von beiden je wieder etwas gehört seit dem Tag, an dem der warnende Brief geschrieben wurde. Beide sind ganz und gar verschollen. Eine Anzeige bei der Polizei oder bei Gericht war nicht erfolgt. Beddoes muss also für wirklich geschehen gehalten haben, was nur eine Drohung gewesen war. Man hatte Hudson noch in der Gegend herumschleichen sehen, und nach Annahme der Polizei war er mit Beddoes auf und davon gegangen. Ich glaube, in Wahrheit liegt es gerade umgekehrt. Für mich ist es höchst wahrscheinlich, dass Beddoes, zur Verzweiflung gebracht, an dem vermeintlichen Verräter Rache genommen hat und mit so viel Mitteln, wie er nur zusammenraffen konnte, geflohen ist. Das ist der Tatbestand dieses Falles, Doktor, und wenn er für Ihre Sammlung von Wert sein sollte, so stelle ich ihn Ihnen herzlich gern zur Verfügung.«

D ER K ATECHISMUS DER F AMILIE M USGRAVE
    Unter den mancherlei Widersprüchen im Charakter meines Freundes Sherlock Holmes war mir einer immer besonders auffallend. Es gab wohl in geistiger Beziehung keinen methodischeren Menschen auf Erden als ihn, und auch was sein Auftreten betraf, trug er stets eine gewisse Genauigkeit und Pünktlichkeit zur Schau. Trotzdem war er aber im täglichen Leben so unordentlich, dass es seinen Stubengefährten zur Verzweiflung treiben konnte.
    Ich selbst hänge durchaus nicht zu sehr an Äußerlichkeiten. Das raue, harte Leben in Afghanistan, vereint mit meinem natürlichen Hang zur Ungebundenheit, hat mich in manchen Dingen weit nachlässiger gemacht als es sich eigentlich für einen Mediziner schickt. Aber immerhin beobachte ich gewisse Grenzen, und wenn ich mit jemand zusammenwohne, der seine Zigarren im Kohlenkasten und den Tabak in einem persischen Pantoffel aufbewahrt und der seine unbeantworteten Briefe mit dem Jagdmesser einfach an dem hölzernen Kaminsims aufspießt, dann komme ich mir, im Vergleich zu ihm, musterhaft ordentlich vor. Auch bin ich stets der Meinung gewesen, dass, wer sich im Pistolenschießen üben will, es draußen im Freien tun sollte; wenn sich daher Holmes in einer seiner wunderlichen Stimmungen mit der Schießwaffe und hundert Stück Patronen in den Lehnstuhl setzte und auf die Wand gegenüber, als Verzierung, seinen Namenszug mit Kugelnarben einschrieb, so wurde dadurch, meiner Überzeugung nach, weder die Luft noch das Aussehen unseres Zimmers verbessert.
    Unsere Wohnung war voller Chemikalien und allerlei Andenken an Kriminalfälle, die sich überall herumtrieben und oft in der Butterdose oder an noch unpassenderen Orten auftauchten. Mein größtes Kreuz waren aber seine Papiere. Ein Schriftstück zu vernichten widerstrebte ihm im höchsten Grad, besonders wenn es sich auf einen seiner interessanten Fälle bezog, und doch brachte er es höchstens einmal alle Jahre zu dem Entschluss, die Sachen durchzusehen und zu ordnen. Wie ich schon öfters erwähnt habe, folgten bei ihm auf die Tage leidenschaftlicher Erregung, in denen er die merkwürdigen Taten vollbrachte, die seinen Namen berühmt gemacht haben, Zeiten völliger Erschlaffung. Er lag dann meist mit der Geige und seinen Büchern auf dem Sofa und rührte sich kaum vom Fleck, außer um sich zur Mahlzeit an den Tisch zu setzen. So häuften sich also seine Papiere von einem Monat zum anderen auf, bis es keinen Winkel des Zimmers mehr gab, in dem

Weitere Kostenlose Bücher