Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
Vom Netzwerk:
nicht Bündel von Manuskripten umherlagen, die unter keiner Bedingung verbrannt werden durften und über die, außer ihrem Eigentümer, niemand verfügen konnte.
    Als wir einmal an einem Winterabend miteinander beim Kamin saßen, erlaubte ich mir die Bemerkung, er werde nun wohl genug Auszüge von Kriminalakten in sein Sammelbuch geklebt haben und solle die nächsten zwei Stunden dazu verwenden, unser Wohnzimmer nur einigermaßen aufzuräumen und einen menschlichen Zustand herzustellen. Dass mein Verlangen vollständig gerechtfertigt war, ließ sich nicht leugnen; so begab sich denn Holmes mit einem sehr langen Gesicht in seine Schlafstube, und als er gleich darauf wiederkam, schleifte er einen großen Blechkoffer hinter sich drein. Er stellte ihn mitten ins Zimmer, kauerte sich auf einen Schemel daneben und schlug den Deckel zurück. Der Koffer war etwa zu einem Drittel mit vielen einzelnen rotverschnürten Papierbündeln angefüllt.
    »Hier gibt’s Fälle im Überfluss, Watson«, sagte mein Freund mit schlauem Lächeln. »Wenn Sie wüssten, was ich alles in diesem Koffer habe, Sie bäten mich vielleicht, ein paar Pakete herauszunehmen statt noch mehr hineinzulegen.«
    »Das sind wohl die Akten über Ihre älteren Sachen?«, fragte ich. »Schon oft habe ich mir gewünscht, Auszüge davon zu besitzen.«
    »Jawohl, mein Freund, das sind lauter Arbeiten, die ich allzu früh unternommen habe, ehe noch mein Biograf erschien, um meinen Ruhm zu verkünden.«
    Er nahm ein Bündel nach dem anderen heraus und betrachtete es mit fast zärtlichen Blicken. »Nicht alles ist mir gelungen, Watson«, sagte er, »aber es sind einige ganz hübsche kleine Probleme darunter. Hier sind die Aufzeichnungen über den Mord in Tarleton, die Geschichte des Weinhändlers Bamberry, das Abenteuer der alten Russin, das sonderbare Vorkommnis mit der Aluminium-Krücke, ferner ein langer Bericht über Ricoletti mit dem Klumpfuß und sein abscheuliches Weib. Und hier – ja, das ist wirklich etwas ganz Auserlesenes.«
    Er holte aus der Tiefe des Koffers ein kleines hölzernes Kistchen mit einem Schiebedeckel hervor, das wie eine Spielzeugschachtel aussah. Darin lag ein zerknittertes Stück Papier, ein altmodischer bronzener Schlüssel, ein Holzpflock, um den ein Knäuel Bindfaden gewickelt war, und drei verrostete Metallplättchen.
    Holmes lächelte über mein verwundertes Gesicht.
    »Nun, mein Freund, was sagen Sie zu diesem Kram?«
    »Es ist eine merkwürdige Sammlung.«
    »Ja, sehr merkwürdig, und die Geschichte, die damit zusammenhängt, würde Ihnen noch absonderlicher vorkommen.«
    »Also knüpft sich eine Geschichte daran?«
    »Ja, sogar ein Stück Weltgeschichte.«
    »Wie ist das möglich?«
    Holmes nahm die Gegenstände nacheinander heraus und legte sie in einer Reihe auf den Tisch. Dann zog er einen Stuhl heran, setzte sich und betrachtete sie mit befriedigten Blicken.
    »Dies«, sagte er, »ist alles, was mir zum Andenken an die merkwürdige Begebenheit übriggeblieben ist, die sich auf den Katechismus der Familie Musgrave bezieht.«
    Ich hatte ihn schon öfters von dem Fall reden hören, doch war es mir nie gelungen, etwas Näheres darüber zu erfahren. »Sie täten mir einen großen Gefallen«, sagte ich, »wenn Sie mir die Sache einmal erzählen wollten.«
    »Dann bliebe ja all der Krimskrams hier doch wieder liegen. Wie verträgt sich denn das mit Ihrer Ordnungsliebe, Watson?«, erwiderte er, mich schalkhaft anblinzelnd. »Aber es wäre mir wirklich lieb, wenn Sie den Fall unter Ihre Berichte aufnehmen wollten, weil Dinge dabei vorkommen, wie sie weder in der Verbrecherchronik unseres Landes noch in irgendeiner anderen verzeichnet sind, soviel ich weiß. Ihre Schilderung meiner geringen Taten würde höchst unvollständig sein, wenn dieser sonderbare Vorgang dabei fehlte.
    Alle Welt kennt jetzt meinen Namen, und nicht nur das Publikum, sondern auch die Polizei betrachtet mich als die letzte Berufungsinstanz bei zweifelhaften Fällen. Schon damals, als wir beide zuerst miteinander bekannt wurden, hatte ich eine Menge Beziehungen angeknüpft, die freilich nicht gerade sehr einträglich waren. Aber Sie machen sich keinen Begriff davon, mit welchen Schwierigkeiten ich anfänglich zu kämpfen hatte und wie lange ich warten musste, bis ich nur einigermaßen vorwärtskam.
    Meine erste Wohnung in London war in der Montague Street, ganz nahe beim Britischen Museum. Dort saß ich, wartete auf Klienten und benutzte zugleich meine

Weitere Kostenlose Bücher