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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Eigenheit sehr merkwürdig und erregte häufig Verwunderung.
    Das erste Bataillon des 117. Regiments stand schon seit mehreren Jahren in Aldershot. Die verheirateten Offiziere pflegten außerhalb der Kaserne Quartier zu nehmen, und der Oberst hat die ganze Zeit über die Villa Lachine bewohnt, die etwa eine halbe Meile vom Nordlager entfernt ist. Das Haus ist rings von Anlagen umgeben, deren Ausdehnung übrigens an der Westseite kaum dreißig Meter bis zur Landstraße beträgt. Der Oberst und seine Frau nebst dem Kutscher und zwei Dienstmädchen sind die einzigen Bewohner der Villa; Kinder haben die Barclays nicht, auch bekamen sie für gewöhnlich keinen Logierbesuch.
    Nun muss ich berichten, was am Montagabend zwischen neun und zehn Uhr in der Villa Lachinc geschehen ist.
    Die Frau Oberst ist Katholikin und scheint sich sehr für die St. George’s-Stiftung interessiert zu haben, welche es sich zur Aufgabe stellt, abgetragene Kleider unter die Armen zu verteilen. Um acht Uhr sollte eine Versammlung stattfinden, und Mrs Barclay hatte sich mit dem Abendessen beeilt, weil sie der Sitzung beizuwohnen wünschte. Als sie das Haus verließ, hörte der Kutscher noch, wie sie sich von ihrem Gatten verabschiedete und ihm versprach, recht bald zurückzukommen. In der Nachbarvilla holte sie darauf Miss Morrison ab und ging in Begleitung dieser jungen Dame zur Versammlung, die etwa eine Dreiviertelstunde dauerte. Um ein Viertel vor zehn kehrte die Frau Oberst nach Hause zurück und trennte sich von Miss Morrison im Vorbeigehen an deren Wohnung.
    Auf der Westseite liegt in der Villa Lachine das Frühstückszimmer, mit einer Glastür, die auf den großen Rasenplatz führt, welchen nur eine niedere, durch ein Eisengitter gekrönte Mauer von der Landstraße scheidet. In dieses Zimmer begab sich Mrs Barclay bei ihrer Rückkehr; die Läden waren noch nicht geschlossen, denn abends wurde der Raum selten benutzt; sie zündete selbst die Lampe an, klingelte dann und befahl, ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit, Jane, dem Hausmädchen, ihr eine Tasse Tee zu bringen. Der Oberst hatte im Speisezimmer gesessen, aber als er hörte, dass seine Frau heimgekehrt sei, suchte er sie im Frühstückszimmer auf. Der Kutscher sah ihn noch über den Flur gehen und dort eintreten. Danach hat ihn kein Mensch lebendig wieder erblickt.
    Als das Mädchen etwa zehn Minuten später mit dem Tee an die Tür kam, hörte sie drinnen zu ihrem Schrecken einen heftigen Streit zwischen dem Oberst und seiner Frau. Sie klopfte an, erhielt jedoch keine Antwort; nun drückte sie auf die Klinke, allein die Tür war von innen verschlossen. Darauf lief sie in die Küche hinunter, holte die Köchin und den Kutscher herauf, und sie lauschten entsetzt auf den Zank ihrer Herrschaft. Man hörte niemanden sprechen außer dem Oberst und seiner Frau, darin stimmen alle drei überein. Barclay redete in leisen, abgerissenen Sätzen, sodass die Draußenstehenden nichts verstanden, aber der Ton der Frau Oberst war äußerst gereizt und erbittert; wenn sie die Stimme erhob, vernahm man deutlich, was sie sagte. ›Du elender Feigling‹, wiederholte sie mehrmals, ›was soll nun daraus werden! Gib mir mein verlorenes Leben zurück! Ich ertrage es nicht, je wieder dieselbe Luft mit dir zu atmen, du elender, erbärmlicher Feigling!‹ Plötzlich hörte man den Oberst einen Schrei des Entsetzens ausstoßen, dann folgte ein Krach und ein markerschütterndes Aufkreischen der Frau. Überzeugt, dass ein Unglück geschehen sei, stürzte sich der Kutscher mit aller Gewalt gegen die Tür und versuchte sie aufzusprengen, während drinnen das Gekreisch fortdauerte. Die Tür gab jedoch nicht nach, und die Mädchen konnten in ihrer wahnsinnigen Angst keinerlei Hilfe leisten. Da kam dem Mann ein rettender Gedanke; er lief zur Haustür hinaus und auf den Rasenplatz, auf den die Glastür führt. Ein Fensterflügel stand offen, wie das zur Sommerzeit gewöhnlich der Fall war, und er gelangte ohne Schwierigkeit ins Zimmer. Seine Herrin schrie jetzt nicht mehr, sondern lag bewusstlos auf das Sofa hingestreckt, während der unglückliche Oberst, mit den Füßen auf dem Armstuhl und dem Kopf auf dem Boden, nahe am Kamingitter tot in seinem Blut lag.
    Als der Kutscher sah, dass jede Hilfe für seinen Herrn zu spät kam, war natürlich sein erster Gedanke, die Tür zu öffnen. Allein wider Erwarten stieß er auf ein Hindernis. Der Schlüssel steckte nicht innen im Schloss und war auch sonst im ganzen Zimmer

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