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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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nicht zu finden. Es blieb dem Mann nichts übrig, als wieder zum Fenster hinauszuspringen. Als er bald darauf in Begleitung eines Polizeidieners und des Arztes zurückkehrte, wurde zuerst die Dame, auf welche begreiflicherweise der stärkste Verdacht fiel und die noch immer bewusstlos war, in ihr Zimmer geschafft. Dann legte man des Obersten Leiche auf das Sofa und begann sowohl diese als den ganzen Raum genau zu untersuchen.
    Man fand die etwa zwei Zoll lange Todeswunde am Hinterkopf des alten Herrn; offenbar war ihm ein starker Schlag mit einem stumpfen Werkzeug versetzt worden. Letzteres brauchte man nicht weit zu suchen, denn dicht neben dem Leichnam lag ein sonderbar geformter Knüttel aus hartem Holz mit beinernem Griff. Der Oberst besaß eine Waffensammlung, die noch aus der Zeit seiner Kriegsdienste in überseeischen Ländern stammte, und die Polizei vermutet, der Knüttel gehöre zu dieser. Die Dienstboten behaupten zwar, denselben noch nie gesehen zu haben, doch kann er ihnen unter den vielen fremdartigen Dingen, die das Haus enthält, leicht entgangen sein. Sonst hat die Polizei nichts Auffallendes entdeckt; am unerklärlichsten bleibt die Tatsache, dass sich der fehlende Schlüssel weder in Mrs Barclays noch in des Toten Taschen oder sonst wo im Zimmer gefunden hat. Man hatte einen Schlosser holen müssen, um die Tür zu öffnen.
    So also standen die Dinge, Watson, als ich am Dienstagmorgen auf Major Murphys Verlangen nach Aldershot fuhr, um die Polizei in ihren Bemühungen zu unterstützen. Sie werden mir zugeben, dass das Problem schon sowieso interessant genug war, aber meine Beobachtungen überzeugten mich bald, dass es in Wahrheit weit merkwürdiger ist, als es zuerst den Anschein hatte.
    Ehe ich das Zimmer in Augenschein nahm, unterwarf ich erst die Dienstboten einem Kreuzverhör, durch das mir die erwähnten Tatsachen bestätigt wurden. Nur Jane, das Hausmädchen, erinnerte sich an einen Umstand, der bisher nicht zur Sprache gekommen war. Sie sagte, dass, als sie zuerst allein vor der Tür gestanden habe, ihre Herrschaft drinnen mit so leiser Stimme gesprochen hätte, dass sie die Worte nicht verstehen, sondern nur an dem Ton der Rede merken konnte, dass Mann und Frau miteinander stritten. Als ich jedoch weiter in sie drang, fiel ihr ein, dass ihre Herrin zweimal den Namen David genannt hatte. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil es uns vielleicht die Ursache des Zwists enthüllt. Des Obersten Vorname ist nämlich James.
    Was aber den tiefsten Eindruck, sowohl auf die Dienstboten als auf die Polizei, gemacht hat, waren die grässlich verzerrten Gesichtszüge des Obersten. Es lag ein solches Grauen, eine so namenlose Angst darin, dass mehrere Personen bloß von dem furchtbaren Anblick in Ohnmacht gefallen sind. Er muss sein grausames Geschick vorausgesehen und sich davor entsetzt haben. Dies bestätigt gewissermaßen die Ansicht der Polizei und lässt vermuten, der Oberst habe gesehen, dass seine Frau den Mordanfall auf ihn machte. Der Einwand, die Wunde sei ja am Hinterkopf, ist nicht von Belang, denn Barclay kann leicht eine Wendung gemacht haben, um dem Schlag auszuweichen. Ein Verhör mit der Frau vorzunehmen erwies sich als unmöglich, da sie in ein heftiges Nervenfieber verfallen und zur Zeit ganz von Sinnen war.
    Miss Morrison, in deren Begleitung, wie du weißt, Mrs Barclay an jenem Abend ausgegangen war, hat der Polizei keine Ursache für die schlechte Stimmung angeben können, in welcher die Dame nach Hause zurückgekehrt ist.
    Nachdem ich dies alles erkundet hatte, setzte ich mich hin und rauchte mehrere Pfeifen, wobei ich versuchte, in meinem Geist die wesentlichen Tatsachen von den Nebenumständen zu trennen. Ohne Frage war der bedeutungsvollste Punkt das seltsame Verschwinden des Schlüssels. Er hatte sich, trotz der sorgfältigsten Nachforschung, in dem Zimmer nicht vorgefunden und musste daher fortgeschafft worden sein. Das hatte aber weder der Oberst noch seine Frau tun können, wie auf der Hand lag. Also war eine dritte Person im Zimmer gewesen; sie konnte nur durch das Fenster hereingekommen sein, und ich hoffte, entweder drinnen oder draußen auf dem Rasen irgendeine Spur dieses rätselhaften Wesens zu entdecken. Ich verfuhr dabei nach meinen bewährten Methoden, die du ja kennst, Watson, und brachte sie allesamt zur Anwendung. Schließlich fand ich denn auch wirklich eine Fährte, aber eine, die mich gänzlich überraschte. Es war ohne Zweifel ein Mann im Zimmer gewesen; ich

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