Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
Vom Netzwerk:
Es sieht so nicht hübsch aus, nicht wahr?«
    Ich drehte mich nach dem Bücherspind um. Als ich mich wieder zurückwandte, stand am Schreibtisch mir gegenüber mit lächelnder Miene Sherlock Holmes. Ich sprang auf, sah ihm ein paar Sekunden verwundert ins Gesicht, und bin dann allem Anschein nach zum ersten und letzten Mal in meinem Leben in Ohnmacht gefallen. Ich weiß nur noch so viel, dass mein Auge umnebelt wurde, und ich beim Erwachen meinen Kragen aufgeknöpft fand, und den brennenden Nachgeschmack von Branntwein auf den Lippen spürte. Holmes war über meinen Stuhl gebeugt und hielt das Fläschchen noch in der Hand.
    »Mein lieber Watson«, erklang die wohlbekannte Stimme, »ich bitte Sie tausendmal um Entschuldigung. Ich hatte keine Ahnung, dass Sie so nervenschwach geworden sind.«
    Ich ergriff seine Hand.
    »Holmes!«, rief ich. »Sind Sie’s wirklich? Ist’s möglich, dass Sie noch leben? Ist’s möglich, dass Sie aus jenem fürchterlichen Abgrund herausgeklettert sind?« *
    »Einen Augenblick«, sagte er. »Fühlen Sie sich auch tatsächlich kräftig genug, um meiner Erzählung folgen zu können? Ich habe Sie durch mein überflüssiges dramatisches Auftreten ernstlich erschreckt.«
    »Ich bin wieder ganz auf dem Damm, aber wahrhaftig, Holmes, ich kann kaum meinen Augen trauen. Weiß Gott, ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Sie – Sie in aller Welt – in meinem Studierzimmer stehen sollen!« Ich erfasste wiederum den Ärmel seines Rockes und fühlte den mageren sehnigen Arm hindurch. »Wirklich, Sie sind kein Geist«, sagte ich. »Lieber Junge, ich freue mich über alle Maßen, Sie wiederzusehen. Setzen Sie sich und erzählen Sie mir, wie Sie aus dem schrecklichen Abgrund lebend herausgekommen sind.«
    Er nahm mir gegenüber Platz und zündete sich mit der ihm eigenen Gemütsruhe eine Zigarre an. Den langen Gehrock des Buchhändlers hatte er anbehalten, dagegen die übrige Kostümierung, das weiße Haar, den Bart und auch die Bücher auf den Tisch gelegt. Er sah noch hagerer und scharfsinniger aus als ehedem, aber sein Adlergesicht war so leichenblass, als ob er in der letzten Zeit eine Krankheit durchgemacht hätte.
    »Ich bin froh, dass ich mich wieder ordentlich ausstrecken kann«, begann er dann. »Für einen großen Mann ist es kein Vergnügen, wenn er stundenlang seine Körperlänge um einen Fuß verkürzen muss. Im Übrigen, mein Lieber, müssen Sie mir zuerst sagen, ob Sie bei meiner Sache heute Nacht mitwirken wollen; es handelt sich um eine harte und gefährliche Arbeit. Es würde überhaupt am besten sein, wenn ich Ihnen erst nach getaner Arbeit alles auseinandersetzte.«
    »Ich bin äußerst gespannt und möchte es lieber jetzt gleich erfahren.«
    »Sie wollen also heute Nacht mitkommen?«
    »Wann und wohin Sie wollen.«
    »Sie sind wahrhaftig noch der Alte. Ehe wir gehen müssen, können wir einen kleinen Imbiss nehmen. Also, was den Abgrund betrifft, war es nicht allzu schwer, herauszukommen, aus dem einfachen Grund, weil ich gar nie drin war.«
    »Sie waren nie drin?«
    »Nein, Watson, ich war niemals drin. Mein Schreiben an Sie beruhte zwar vollständig auf Wahrheit. Ich zweifelte selbst nicht im Geringsten daran, dass ich bald aufgehoben sein würde, als ich in einiger Entfernung die verdächtige Gestalt des ehemaligen Professors Moriarty auftauchen sah. Ich las in seinen grauen Augen einen unabänderlichen Entschluss. Ich wechselte ein paar Worte mit ihm und erhielt die gütige Erlaubnis, Ihnen jene kurze Notiz zukommen zu lassen, die Sie später gefunden haben. Ich legte sie samt Zigarettentasche und Spazierstock auf den schmalen Pfad und wanderte weiter, während mir Moriarty immer auf den Fersen folgte. Als ich am Ende des engen und steilen Weges angelangt war, blieb ich stehen und leistete ihm Widerstand. Da er keine Waffe bei sich hatte, stürzte er einfach auf mich los und umschlang mich mit seinen langen Armen. Er war sich bewusst, was für ihn auf dem Spiel stand, und versuchte mit aller Gewalt, an mir Rache zu nehmen. Wir gerieten zusammen an den Rand des Wasserfalls. Ich besitze jedoch einige Kenntnis von dem Varitsu, dem japanischen Ringen, welche mir schon häufiger zustattengekommen ist. Ich riss mich los und versetzte ihm einen Stoß, sodass er einen Augenblick taumelte und mit beiden Händen in der Luft herumfuchtelte; er verlor aber trotz aller Anstrengungen das Gleichgewicht und stürzte unter einem entsetzlichen Aufschrei hintenüber. Ich sah, wie er in die

Weitere Kostenlose Bücher