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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Spazierstock in der Hand. Er kam an wie der Herr des Hauses und klingelte laut und zuversichtlich.
    »Ich glaube, meine Herren«, sagte Holmes in aller Ruhe, »es ist am besten, wenn wir uns hinter der Tür aufstellen. Wenn man mit einem solchen Burschen zu tun hat, ist die größte Vorsicht am Platz. Sie werden die Handschellen anwenden müssen, Mr Martin; die mündliche Unterhaltung können Sie mir überlassen.«
    Wir warteten schweigend eine Minute – eine jener Minuten, die ich nie vergessen werde. Da ging die Tür auf und herein trat unser Mann. Im Nu setzte ihm Holmes die Pistole auf die Brust, und Martin und ich legten ihm die Handschellen an. Es geschah dies so plötzlich und rasch, dass er bereits überwältigt war, ehe er seine Lage richtig erkannte. Er starrte uns mit seinen flammenden, schwarzen Augen nacheinander an und begann dann bitter zu lachen.
    »Nun, meine Herren, diesmal haben Sie mich allerdings überrumpelt. Ich scheine an die verkehrte Adresse gekommen zu sein. Ich folgte einer Einladung der Mrs Cubitt. Ich hoffe nicht, dass sie an diesem Anschlag beteiligt ist, nein, ich glaube nicht, dass sie dazu geholfen hat, mich in die Falle zu locken.«
    »Mrs Cubitt ist schwer verwundet und kann jeden Augenblick sterben.«
    Als er das hörte, stieß der Mann einen Schmerzensschrei aus, der durch das ganze Haus drang.
    »Sie sind nicht recht bei Trost!«, schrie er wütend. »Er wurde verletzt, nicht sie. Wer könnte der kleinen Elsie ein Leid antun? Ich mag ihr gedroht haben, Gott verzeih mir’s, aber ich könnte ihr nicht einmal ein Haar krümmen. Nehmen Sie dies Wort zurück! Sagen Sie, dass sie nicht verletzt ist!«
    »Sie wurde schwer verwundet neben der Leiche ihres Gatten gefunden.«
    Da sank der Mann stöhnend auf einen Lehnstuhl und verbarg das Gesicht in seinen gefesselten Händen. Einige Minuten saß er ganz regungslos und gab keinen Laut von sich. Dann hob er den Kopf in die Höhe und sprach mit der kalten Ruhe der Verzweiflung:
    »Ich brauche Ihnen nichts mehr zu verheimlichen, meine Herren«, begann er. »Wenn ich den Mann getötet habe, so geschah es, nachdem er auf mich einen Schuss abgegeben hatte; das ist kein Mord. Wenn Sie aber glauben, ich hätte die Frau verwundet, kennen Sie weder mich noch sie. Ich schwöre Ihnen, noch kein Mann auf Erden hat ein Weib mehr geliebt als ich sie geliebt habe. Ich hatte ein Anrecht auf sie. Sie war vor Jahren meine Braut. Warum musste dieser Engländer dazwischentreten? Ich versichere Ihnen nochmals, ich hatte das erste Recht an ihr, und nur das beanspruchte ich.«
    »Sie entzog sich aber Ihrem Einfluss, als sie merkte, was für ein Mensch Sie sind«, erwiderte Holmes. »Sie floh aus Amerika, um Sie loszuwerden, und heiratete in England einen ehrbaren Mann. Sie spürten sie auf und verfolgten sie und verbitterten ihr das Leben, indem Sie sie aufforderten, ihren Gatten zu verlassen, den sie liebte und achtete, und mit Ihnen zu fliehen, den sie fürchtete und hasste. Sie haben schließlich einen braven Mann erschossen und seiner Frau den Revolver in die Hand gedrückt, um sich selbst zu töten. Das haben Sie erreicht, Mr Abe Slaney, und vor Gericht zu verantworten.«
    »Wenn Elsie stirbt, ist mir’s gleichgültig, was aus mir wird«, sagte der Amerikaner. Er machte die eine Hand auf und starrte lange auf ein zerknittertes Papier, das er darin hielt. »Sehen Sie hier, Herr«, rief er, und Verdacht leuchtete aus seinen Augen. »Das schafft mir schlimmen Argwohn und schwere Sorge. Wie soll ich mir das erklären? Wenn diese Dame so schwer verwundet ist, wie Sie behaupten, wer hat dann diese Notiz geschrieben? Sagen Sie mir das!« Und damit warf er den Zettel auf den Tisch.
    »Die habe ich geschrieben, um Sie hierher zu bringen.«
    »Das haben Sie geschrieben? Kein Mensch auf der Welt außer unserer Gesellschaft kannte das Geheimnis der tanzenden Männchen. Wie konnten Sie in dieser Schrift schreiben?«
    »Was ein Mensch erfindet, kann ein anderer aufdecken«, antwortete Holmes. »Es ist übrigens ein Wagen unterwegs, der Sie nach Norwich bringen wird, Mr Slaney. Die Zeit bis zu seiner Ankunft können Sie noch benutzen, um das begangene Unrecht wenigstens einigermaßen gutzumachen. Wissen Sie, dass Mrs Cubitt stark im Verdacht stand, ihren Mann ermordet zu haben, und dass sie es nur meiner Gegenwart und meiner zufälligen Kenntnis des ganzen Falles verdankt, dass sie nicht unter Anklage gestellt wird? Zum wenigsten sind Sie ihr schuldig, vor aller Welt

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