Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
Vom Netzwerk:
Feld ein Maulwurf aufwirft. Ich ging ans Fenster und blickte hinunter auf die menschenleere Straße. Von der Ecke der Oxford Street kam eine einzelne Droschke durch den Schmutz und die Pfützen der Baker Street gefahren.
    »Nun, Watson, heute Nacht ist’s gut, dass wir nicht hinaus brauchen«, sagte Holmes, als er sein Vergrößerungsglas beiseitelegte und das Pergament zusammenrollte. »Ich habe für eine Sitzung genug getan. Es ist eine anstrengende Arbeit für die Augen. Es gibt kaum was Aufregenderes als den Bericht eines Abtes aus der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Hallo! Was ist da los?«
    Durch das Pfeifen des Windes drang der Hufschlag eines Pferdes und das knirschende Geräusch eines Wagenrades an unser Ohr, das gegen die Kante des Fußsteigs fuhr. Die Droschke, die ich gesehen hatte, machte vor unserer Tür halt.
    »Was mag er wollen?«, rief ich aus, als ich einen Mann aussteigen sah.
    »Was! Uns will er. Und wir, mein armer Watson, wollen unsere Überzieher, Halsbinden und sonstigen Schutzmittel hervorsuchen, die der menschliche Geist gegen die Unbilden der Witterung erfunden hat. Warten Sie noch einen Moment! Das Vehikel ist wieder weg! Noch ist Hoffnung vorhanden. Er würde es haben warten lassen, wenn er uns mithaben wollte. Laufen Sie hinunter, mein Lieber, und machen Sie die Haustür auf, denn alle ehrsamen Bürger liegen längst im Bett.«
    Als das Licht unserer Hausflurlampe auf unseren mitternächtigen Besucher fiel, erkannte ich ihn gleich wieder. Es war der junge Stanley Hopkins, ein vielversprechender Beamter der Geheimpolizei, an dessen Laufbahn Holmes verschiedentlich ein lebhaftes Interesse genommen hatte.
    »Ist er zu Hause?«, fragte er hastig.
    »Kommen Sie nur herauf, mein Lieber«, rief ihm Holmes von oben zu. »Hoffentlich haben Sie keine bösen Absichten auf uns in einer solchen Nacht wie der heutigen.«
    Der Detektiv stieg die Treppe hinauf, während von seinem glänzenden Wassermantel die Tropfen herunterliefen. Ich half ihm ihn ausziehen, und Holmes entfachte das Feuer in unserem Ofen zu neuer Glut.
    »Nun, mein lieber Hopkins, setzen Sie sich an den Ofen und wärmen Sie sich die Beine«, sagte er dann. »Hier haben Sie eine Zigarre, und Dr. Watson hat ein Rezept, heißes Wasser mit Zitronensaft, das ist eine ausgezeichnete Arznei in einer solchen Nacht. Es muss schon etwas Wichtiges sein, was Sie bei solchem Wetter hierher führt.«
    »Das ist es tatsächlich auch, Mr Holmes. Ich habe schon einen anstrengenden Nachmittag hinter mir, das kann ich Ihnen versichern. Haben Sie in den letzten Abendzeitungen etwas von dem Fall in Yoxley gelesen?«
    »Das Neueste, was ich heute gelesen habe, ist ein Bericht aus dem fünfzehnten Jahrhundert.«
    »Es war nur eine kurze Notiz in den Zeitungen, und da sie auch noch vollkommen falsch war, haben Sie nichts eingebüßt. Ich bin keine Minute zur Ruhe gekommen. Es liegt unten in Kent, sieben Meilen von Chatham und drei von der Eisenbahn. Ich bekam um drei Uhr fünfzehn ein Telegramm, war um fünf Uhr in Yoxley Place, nahm die Untersuchung vor, fuhr mit dem letzten Zug nach Charing Cross und direkt in einer Droschke zu Ihnen.«
    »Was vermutlich bedeutet, dass Sie über Ihren Fall nicht ganz im Klaren sind?«
    »Es bedeutet, dass ich überhaupt nicht klug daraus werde. So weit ich bis jetzt sehen kann, ist es die verzwickteste Sache, die mir je vorgekommen ist; und doch schien sie anfangs so einfach, dass man glaubte, man könne gar nicht fehlgehen. Es fehlt jeder Beweggrund, Mr Holmes. Das macht mich stutzig – ich sehe keinerlei Motiv. Es ist ein Mann getötet – das lässt sich nicht wegleugnen – aber es lässt sich auch nicht mal der leiseste Grund dafür finden, dass ihm jemand das geringste Leid hätte antun sollen.«
    Holmes zündete sich eine Zigarre an und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
    »Lassen Sie uns Näheres hören«, sagte er.
    »Die Tatsachen sind alle wunderschön klar«, begann Hopkins. »Ich kann sie mir nur nicht erklären. Die Sache verhält sich folgendermaßen. Vor mehreren Jahren ist das Landhaus Yoxley Place von einem älteren Herrn erworben worden, welcher sich Professor Coram nannte. Es war ein kränklicher Mann, der die Hälfte seines Lebens im Bett zubrachte, und während der anderen an einem Stock umherhumpelte, oder sich von seinem Gärtner in einem Stuhl auf seinem Besitztum herumfahren ließ. Er war von seinen wenigen Nachbarn, die ihn besuchten, wohlgelitten, und stand dort unten im Ruf

Weitere Kostenlose Bücher