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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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eines sehr gelehrten Mannes. Sein Haushalt bestand für gewöhnlich aus einer ältlichen Wirtschafterin, Miss Marker, und aus dem Zimmermädchen Susan Tarlton. Diese beiden Dienstboten hat er schon mitgebracht, und sie scheinen beide einen vorzüglichen Charakter zu haben. Der Professor schreibt ein wissenschaftliches Buch und hat zu diesem Zweck vor ungefähr einem Jahr einen Sekretär engagiert. Die ersten beiden, die er angenommen hatte, waren nicht nach seinem Sinn, aber der Dritte, Mr William Smith, ein junger Mann, der gerade von der Universität kam, scheint den Wünschen des Professors voll und ganz entsprochen zu haben. Seine Tätigkeit bestand darin, dass er alle Vormittage nach seines Herrn Diktat schrieb, während er in der übrigen Zeit in Büchern Stellen suchte, die sich auf die Arbeit des nächsten Tages bezogen. Dieser William Smith hat sich sowohl als Schüler in Uppingham wie als Student in Cambridge ausgezeichnet geführt. Ich habe seine Zeugnisse gesehen, er ist von Jugend auf ein anständiger, ruhiger, fleißiger Mensch gewesen und hat keine einzige schwache Seite gehabt. Und doch hat dieser junge Herr heute Morgen im Arbeitszimmer des Professors unter solchen Umständen den Tod gefunden, dass man nur auf Mord schließen kann.«
    An den Fenstern heulte und rüttelte der Sturm. Holmes und ich schoben unsere Stühle näher an den Kamin, während der junge Inspektor langsam und Schritt für Schritt seine Erzählung weiter spann.
    »Ich glaube, in ganz England könnte man keine zweite Haushaltung finden, die so zurückgezogen und frei von äußeren Einflüssen wäre. Es vergingen ganze Wochen, ohne dass irgendein Glied dieser Familie auch nur die Straße betrat. Der Professor war in seine Bücher vergraben und existierte für nichts sonst. Der junge Smith kannte keinen Menschen in der Nachbarschaft und lebte fast ebenso wie sein Chef. Die beiden Mädchen hatten ebenfalls nichts außer Haus zu tun. Mortimer, der Gärtner, der den Fahrstuhl fährt, ist ein alter Militärinvalide aus dem Krimkrieg, ein Mann von ausgezeichnetem Charakter. Er wohnt nicht im Herrschaftshaus, sondern in einem kleinen Häuschen von drei Zimmern an der anderen Seite des Grundstücks. Das sind die einzigen menschlichen Wesen weit und breit im Umkreis von Yoxley Place. Das Gartentor ist nur etwa hundert Meter von der London-Chathamer Chaussee entfernt. Es hat eine einfache Klinke, sodass jedermann ungehindert eintreten kann.
    Nun will ich Ihnen die Aussage der Susan Tarlton mitteilen, der einzigen Person, die etwas Positives über die Sache weiß. Es war vormittags zwischen elf und zwölf Uhr. Sie hing gerade in einer Kammer im ersten Stock Vorhänge auf. Professor Coram lag noch im Bett, denn bei ungünstiger Witterung steht er selten vor Mittag auf. Die Haushälterin war mit irgendeiner Arbeit im Hinterhaus beschäftigt. William Smith war in seinem Schlafzimmer gewesen, das ihm zugleich als Wohnzimmer dient; aber das Mädchen hatte ihn im Augenblick vorbei- und in das unmittelbar darunter gelegene Studierzimmer gehen hören. Sie hatte ihn zwar nicht gesehen, aber sie behauptet, dass sie ihn an seinem schnellen, festen Schritt bestimmt erkannt habe, darüber sei nicht der geringste Zweifel. Sie hat die Tür des Arbeitszimmers nicht zugehen hören, aber nach ungefähr einer Minute ist ein furchtbarer Schrei an ihr Ohr gedrungen, ein schrecklicher, rauer Schrei, ganz auffallend und unnatürlich, der ebenso wohl von einem Mann wie von einem Weib hätte herrühren können. Im selben Moment habe noch ein entsetzlicher gurgelnder Laut das ganze Haus durchschüttert, und dann sei vollkommene Ruhe eingetreten. Das Mädchen stand einen Augenblick wie versteinert, fasste sich dann aber ein Herz und lief die Treppe hinunter. Die Tür zum Studierzimmer war zu. Als sie dieselbe aufmachte, sah sie den jungen Mr Smith ausgestreckt am Boden liegen. Anfänglich konnte sie keine Verletzung sehen, als sie ihn aber aufzurichten versuchte, bemerkte sie, dass aus einer Halswunde Blut floss. Er hatte eine kleine, aber sehr tiefe Verletzung, und die Halsschlagader war getroffen. Das Werkzeug, womit die Tat ausgeführt worden war, lag neben ihm auf dem Teppich. Es war eines jener kleinen Siegellackmesser, wie man sie auf altmodischen Schreibtischen noch zuweilen findet, mit einem Elfenbeingriff und einer steifen Klinge ohne Feder. Es war Eigentum des Professors und gehörte auf seinen eigenen Schreibtisch.
    Erst glaubte das Mädchen, der junge Smith

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