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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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hat«, antwortete er.
    »Nun, Bannister, jetzt ist es an Ihnen, ein Geständnis abzulegen«, sagte Holmes. »Sie werden jetzt verstehen, warum ich Ihnen auf den Kopf zusagte, dass es kein anderer als Sie gewesen sein könnte, der diesen jungen Herrn hinausgelassen hatte, als Sie allein im Zimmer zurückgeblieben waren. Die Flucht durch jenes Fenster war mir gleich unglaubhaft. Können Sie uns nun nicht den letzten Punkt dieser Angelegenheit erklären, und uns den Grund zu Ihrem Handeln angeben?«
    Der Diener richtete sich aus seiner zusammengesunkenen Stellung auf.
    »Es war sehr einfach, Herr, wenn Sie die Verhältnisse gekannt hätten; aber bei all Ihrer Berühmtheit konnten Sie sie nicht kennen. Vor Zeiten war ich erster Diener beim alten Baron Gilchrist, dem Vater dieses jungen Herrn. Nach dem Zusammenbruch seines Vermögens kam ich hierher als Diener an die Universität, aber ich habe meinen alten Brotherrn nie vergessen, wenn er auch in der Welt vergessen war. In Erinnerung an die alten Tage bewachte ich seinen Sohn, so gut ich nur konnte. Als ich nun gestern in dieses Zimmer trat, nachdem Lärm geschlagen war, fiel mein Blick sofort auf jene Handschuhe, die Mr Gilchrist auf dem Stuhl hatte liegen lassen. Ich erkannte sie gleich und durchschaute, was los war. Wenn sie der Herr Professor sah, war das Spiel aus. Ich ließ mich in den Stuhl sinken und regte kein Glied, bis der Herr Professor zu Ihnen fortgegangen war. Dann kam mein armer junger Herr, der als Kind auf meinem Schoß gespielt hatte, aus der Kammer heraus und gestand mir alles. War es nicht natürlich, meine Herren, dass ich ihn zu retten suchte, und war es nicht ebenso natürlich, dass ich zu ihm redete, wie es sein verstorbener Vater getan haben würde, und ihm vorstellte, dass er aus einer solchen Tat keinen Nutzen ziehen dürfe? Können Sie mich dafür tadeln? Ich glaube nicht!«
    »Nein, in der Tat nicht«, versetzte Holmes herzlich und stand von seinem Stuhl auf. »Nun, Herr Professor, ich denke, wir haben Ihr kleines Rätsel gelöst, unser Frühstück wartet zu Hause auf uns. Kommen Sie, Watson! Und Ihnen, junger Herr, wünsche ich, dass eine glänzende Zukunft Ihrer in Rhodesien wartet. Eben sind Sie gesunken. Lassen Sie uns in Zukunft sehen, wie hoch Sie steigen können.«
    Eine glühende Röte brannte auf den Wangen des Studenten, als wir durch die Tür schritten.

D ER GOLDENE K LEMMER
    Wenn ich die drei dicken Bände Manuskript vor mir sehe, welche die Aufzeichnungen über unsere Erlebnisse im Jahre 1894 enthalten, dann muss ich gestehen, dass es mir wirklich schwerfällt, aus dieser Fülle von Stoff gerade die Fälle herauszuziehen, die an sich am interessantesten sind, und bei denen zugleich diejenigen Fähigkeiten meines Freundes Sherlock Holmes am deutlichsten hervortreten, derentwegen er weithin bekannt ist. Beim Durchblättern sehe ich meine Notizen über die abstoßende Geschichte des roten Tierarztes und den schrecklichen Tod des Bankiers Crosby. Weiter finde ich einen Bericht über die Tragödie von Addleton; auch die berüchtigte Smith-Mortimersche Erbschaftsangelegenheit fällt in diese Periode, und ebenso die Aufspürung und Verhaftung des Straßenmörders Hurot – eine Tat, die Holmes einen eigenhändigen Dankesbrief des französischen Präsidenten und den Orden der Ehrenlegion einbrachte. Jeder dieser Fälle würde das Material zu einer spannenden Erzählung liefern, aber im Großen und Ganzen bin ich doch der Überzeugung, dass keiner so viele eigenartige und interessante Punkte bietet wie die Episode von Yoxley Place, die nicht nur das beklagenswerte Ende des jungen William Smith in sich schließt, sondern auch die nachfolgenden Verwicklungen beleuchtet, die ein so merkwürdiges Licht auf die Ursachen dieses Verbrechens warfen.
    Es war an einem rauen, stürmischen Abend gegen Ende des Monats November. Holmes und ich saßen schweigend in unserem Zimmer nebeneinander. Er war damit beschäftigt, mithilfe einer starken Lupe die Schrift auf einem alten Pergament zu entziffern, und ich hatte mich in eine medizinische Abhandlung vertieft. Draußen heulte der Wind, und der Regen klatschte gegen die Fensterscheiben. Es war ein sonderbares Gefühl, wenn man mitten in der gewaltigen Stadt, im Umkreis von zehn Meilen von menschlichen Wohnungen umgeben, die elementare Gewalt der Natur verspürte, und sich bewusst wurde, dass den furchtbaren Naturkräften ganz London weiter nichts war als ein winziger Hügel, wie ihn draußen auf dem

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